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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Alençonspitzen – Alesia

von Valois, der Schwester des Königs Franz Ⅰ., vermählt. In der Schlacht bei Pavia führte er den linken Flügel. Im entscheidenden Augenblicke floh er mit seinen Truppen und verschuldete so das Unglück des Tages und die Gefangennahme Königs Franz Ⅰ. Er starb 11. April 1525 zu Lyon, und mit ihm erlosch das alte Haus A. Seine Gemahlin Margarete blieb im Besitze des Herzogtums bis zu ihrem Tode 1549. Von 1559 bis 1566 war Katharina von Medici Herzogin von A. Dann gab Karl Ⅸ. A. 1570 seinem jüngern Bruder Franz, spätern Herzog von Anjou, nach dessen Tode 1584 es wiederum mit der Krone vereinigt wurde. Heinrich Ⅳ. überließ das Herzogtum 1605 als Pfand an den Herzog von Württemberg, der es 1608 seinem Sohne vererbte, von dem es 1612 Maria von Medici für die Krone wieder zurückkaufte. Seitdem wurde der Titel mehrfach an Prinzen des königl. Hauses verliehen. Jetzt führt ihn der zweite Sohn des Herzogs von Nemours, Ferdinand,Philipp (geb. 12. Juli 1844). – Vgl. Letellier, Études géologiques et paléontologiques sur les deux cantons d’A. (Caen 1889).

Alençonspitzen (points d’Alençon), Spitzen, die zuerst in Schloß Lonray bei Alençon durch venet. Klöpplerinnen gefertigt wurden. Sie zeigen als Muster in der Regel Streublumen mit glatter Umrandung auf tüllartigem Grunde.

Alentejo, s. Alemtejo.

Aleph, der Anfangsbuchstabe des hebr. Alphabets(א), mit einem leisen Kehlhauch, dem griech. Spiritus lenis ähnlich; in den europ. Alphabeten ist das Zeichen des A. für den Vokal A verwandt worden. A. ist auch das jüd. Zahlzeichen für 1.

Alepīne (nach der Stadt Aleppo genannt), ein geköperter Stoff von ⅔ m Breite und 60‒110 m Länge, dessen Kette aus Seide und dessen Einschlag aus feinem, weichem Kammgarn besteht. Ursprünglich kam A. nur in schwarzer, später aber in jeder beliebigen Farbe vor. Der Name A. ist jetzt nur wenig gebräuchlich, er hat andern Phantasienamen Platz gemacht. Hauptfabrikationsorte sind Aleppo in Syrien, Paris, Beauvais und Amiens in Frankreich, Gera und Rochlitz in Deutschland.

Aleppo, Stadt im nördl. Syrien, s. Haleb.

Aleppobeule (Bouton d’Alep), eine in Syrien, Persien und Ägypten, namentlich aber in Aleppo heimische Hautkrankheit, welche sich bei Eingeborenen schon in der frühesten Kindheit zwischen dem ersten und siebenten Jahre entwickelt, doch auch bisweilen erwachsene Eingewanderte befällt. Vorzugsweise im Gesicht, seltener an den Extremitäten kommen zuerst ein oder mehrere Knoten zum Vorschein, welche in 4‒5 Monaten zu umfangreichen, lebhaft schmerzenden Geschwülsten anwachsen, weiterhin vereitern und sich mit einer dicken Kruste bedecken. Da der Vereiterungsprozeß 5‒6 Monate dauert, so bedarf die Krankheit bis zu ihrer völligen Ausbildung im ganzen ein Jahr, weshalb sie von den Arabern Habbet es-Seneh (Geschwulst von einem Jahre) genannt wird. Die Ursachen der Krankheit sind völlig unbekannt; einige Ärzte (Hebra, Rigler) halten sie nur für eine besondere Art von Karbunkel, andere lassen sie durch eigenartige Mikroben entstehen. Ansteckend ist das Leiden nicht; ebensowenig ist es tödlich; allein es kann das Gesicht in einer fürchterlichen Weise entstellen. Zur Heilung zerstört man die Anschwellungen und Geschwüre durch Ätzungen mit konzentrierter Salpetersäure, auch mittels des Glüheisens. Es giebt einige der A. verwandte Krankheitsformen, z. B. die Biskarabeule (Zibanbeule, Saharageschwür, Frina oder Chabb der Araber), die Amboinabeule (Pocken von Amboina), der sibir. Karbunkel (Jaswa) und endlich bei den Pusztenbewohnern in Ungarn der Pokolvar.

Aleppokiefer, s. Kiefer.

Aler, Paul, Jesuit und Schulmann, geb. 9. Nov. 1656 zu St. Veit im Luxemburgischen, trat in den Jesuitenorden, lehrte einige Zeit in Köln Philosophie, Theologie und Humaniora, ward 1701 Professor der Theologie an der Universität zu Trier, 1703 Regens am Kölner Gymnasium und 1713 Regens der Gymnasien zu Aachen, Münster, Trier und Jülich. Er starb 2. Mai 1727 zu Düren. Großes Interesse wandte A. den dramat. Aufführungen des Gymnasiums zu, für die er ein Theater einrichtete und einige lat. und deutsche Tragödien schrieb. Am bekanntesten unter seinen Schriften theol., philos., sprachlichen und poet. Inhalts ist der «Gradus ad Parnassum» (zuerst Köln 1702; neu bearbeitet u. a. von Koch, 8. Aufl., 2 Tle., ebd. 1879).

Alerceholz oder Alerzeholz (spr. alérße-), das Holz eines zu den Nadelhölzern gehörigen, in Chile heimischen Baumes, Fitzroya patagonica Hook., dessen Stamm oft eine bedeutende Dicke erreicht. Das Kernholz, das ohne den dünnen weißen Splint in den Handel kommt, ist rot, sehr dauerhaft, läßt sich leicht spalten, verzieht und wirft sich nicht. Vom Ausfuhrhafen Puerto-Montt werden die Alercebretter nach den übrigen chilen. Häfen sowie auch nach Peru und weiter versendet.

Alérion (frz., spr. alerióng), s. Adler (Symbol).

Alért (frz.; vom ital. all’erta, d. h. auf der Hut, auf dem Posten), aufmerksam, munter. – Als franz. Kommandowort entspricht «Alerte!» dem deutschen «Achtung!»

Alerzeholz, s. Alerceholz.

Aleschki, ehemals Dnjeprowsk, Hauptstadt des Kreises Dnjeprowsk (s. d.) im südruss. Gouvernement Taurien, an der Mündung des Flüßchens Konka in den Dnjepr, 5 km südöstlich von Cherson, im 10. Jahrh. von den Genuesen unter dem Namen Elice gegründet, hat (1886) 9149 E., Post, Gemüsebau, Fischerei und drei Jahrmärkte. Besonders berühmt sind die dortigen Wassermelonen (jährlicher Verkauf für 100000 Rubel). In der Nähe von A. befinden sich die weitläufigen ehemaligen Besitzungen des Herzogs von Anhalt, darunter das Dorf Anhalt-Cöthen.

Alesĭa, zur Römerzeit Hauptstadt der Mandubier, einer Völkerschaft des kelt. Galliens, im heutigen Burgund, war ein sehr fester Platz auf einem hohen Berge, dessen Fuß zwei Flüsse bespülten. Unter ihren Mauern fanden 52 v. Chr. die letzten Kämpfe der Gallier unter Führung des Vercingetorix um ihre Unabhängigkeit mit den Römern statt. Nach langer Belagerung fiel die Stadt, in der sich Vercingetorix eingeschlossen hatte, in die Gewalt der Römer und ging in Flammen auf. Während der röm. Kaiserzeit blühte A. wieder auf, ward jedoch 864 von den Normannen zerstört. Spuren von Brunnen, Wasserleitungen u. dgl. bezeichnen die Stelle der Stadt bei dem heutigen Flecken und Wallfahrtsort Alise am Flüßchen Ozerain und am Fuß des Mont-Auxois im Depart. Côte-d’Or. Napoleon Ⅲ. ließ auf dem Gipfel des Mont-Auxois 1865 eine Kolossalstatue des Vercingetorix errichten mit der aus Cäsars Kommentaren entlehnten Inschrift: «La Gaule unie, formant une seule nation, animée d’un même esprit, peut défier l’univers.» – Vgl. Desjardins,