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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ätna

maliger Hauptkrater des Ä. zu betrachten ist. Dieses tief eingerissene Thal, von der Serra del Solfizio und der Serra delle Concazze eingeschlossen, ist für das Studium der Struktur des Ä. von großer Bedeutung. Unmittelbar über dem Rande des Val del Bove steht der Philosophenturm, in dem der Sage nach Empedokles wohnte. Bestiegen wird der Ä. meist von Nicolosi, dem 700 m hoch gelegenen höchsten Ort des Südhanges, aus.

Die Kulturregion des Ä. (regione piemontese o coltivata) ist mit Städten, Dörfern und Villen angefüllt, wird von kleinen Lavabergen gebildet und erzeugt alle Produkte des sicil. Ackerbaues, namentlich Wein, bis zur Höhe von 1100 m. Die Ansicht auf der Südostseite, z. B. von Tre Castagni, zeigt den üppigsten Vorgrund mit Oliven, Dattelpalmen, indian. Feigen (Opuntia, deren Früchte vom August, bis Januar ein wichtiges Nahrungsmittel bilden), Lorbeerbäumen, Orangen und Granaten, und die reichste Ferne. Hier befindet man sich in der untern, bis 500 m hinaufreichenden Kulturregion, während die obere (500-1300 m) noch durch Wein und Kastanien ausgezeichnet ist, deren lichte Haine mit Getreidefeldern sich schon oberhalb der Ortschaften ausdehnen. Die letzte Ansiedelung (Casa del Bosco) liegt an ihrer Grenze. Dann folgt als dritte Region die der Wälder (regione boscosa) von Eichen (Quercus pubescens), Buchen, Birken und der Lariciokiefer, welche bei 2200 m den Wald schließt. Ihr reiht sich auch der Charakterstrauch (Gonocytisus aetnensis), ein Ginster mit goldigem Blütenschmuck, an. Doch sind die Wälder durch Menschenhand und Lavaströme stark verwüstet worden. Die vierte Region (regione deserta), über 2200 m Höhe, hat dürftig zerstreute Strauchvegetation und keine eigentliche Alpenflora, weil Wasser mangelt. Berberis aetnensis und ein mit scharfen Stacheln besetzter Tragantstrauch reichen bis gegen 2500 m, die letzten Blütenpflanzen bis 3000 m Höhe, unter ihnen Senecio und Anthemis aetnensis als Charakterarten des Berges. Gerade diese vierte Region ist aber, da sie auch im Sommer in allen Schluchten Eis und Schnee enthält, sehr wertvoll. Sie versorgt nicht nur einen großen Teil Siciliens, sondern auch Malta mit dem den Einwohnern zu kühlenden Getränken unentbehrlichen Schnee, und es soll der Schneehandel, für alleinige Rechnung des Bischofs von Catania betrieben, einen jährlichen Gewinn von 15-18000M. abwerfen.

Der im N. und O. steil aufsteigende, überall wild zerklüftete Berg scheint durch seine verschiedenen Lavaumlagerungen auf eine zweifache Epoche seiner Aufschüttung hinzudeuten, denn einige Lavaschichten wechseln mit jüngern Kalkgebilden. Vor Christi Geburt kennt man elf Ausbrüche, unter denen die von 477 und 121 am merkwürdigsten; nach Christi Geburt sind es die von 1160, 1169, 1329, 1536, 1537, 1669, 1693, 1763, 1787, 1792, 1802, 1805, 1809, 1811-12, 1819, 1832, 1838, 1842, 1852, 1865 (1. Febr.), 1874 (29. und 30. Aug.), 1879 (26. Mai bis 6. Juni), 1886 (18. Mai bis 8. Juni), l892 (Juli und August). Die Lavaergüsse verhalten sich in Menge und Mächtigkeit zu denen des Vesuvs wie gewaltige Ströme zu unbedeutenden Flüssen und haben schon öfter mächtige Verheerungen angerichtet, deren Opfer wiederholt das nahe Catania und, wie 1631, die Gegend um Bronte war. Sie kommen nur in seltenern Fällen aus dem Hauptkrater, der dann jedesmal bedeutende Umformungen erleidet; meistens sind bei den Ausbrüchen besondere Krater gebildet worden, von denen Lavaströme ausgingen, wie die Monti-Rossi, die bei dem furchtbaren Ausbruche von 1669 entstanden sind. Bei dem Ausbruche von 1874, der an der Nordseite des Gipfelplateaus stattfand, spaltete sich der Ä. bis in die Nähe des Monte-Nero.

^[Abb.: Der Ätna und seine Umgebung]

Die Lage des Ä. und seine Umgebung ist auf vorstehender Karte dargestellt. Um die Topographie und Naturgeschichte des Ä. machten sich besonders verdient: Gemellaro durch seine Beobachtungen, Ferrara durch die «Descrizione del Etna» (Palermo 1818) sowie die zu Catania 1824 von ihm gegründete Gioenische Akademie, welche zu Ehren des Ritters Gioeni, des Verfassers einer «Litologia vesuviana»,