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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Bad (Badeanstalt)

auf chem. Weise erklären lasse; sie behaupten, daß der Reiz des Salzwassers auf die Haut ein mächtigerer Faktor dieser Wirkung sei als die chemische, durch die aufgenommenen Salzbestandteile bedingte Umwandlung des Blutes. Dies betrifft die Würdigung der B. hinsichtlich ihres Gehalts an Eisen, Kalk, Glauber-, Bittersalz, Natron, Jod, Brom, Arsenik und Kochsalz. Dagegen steht die Aufsaugung der im B. befindlichen Gase unzweifelhaft fest, indem beispielsweise Schwefelwasserstoffgas, Kohlensäure, überhaupt flüchtige Stoffe durch die Haut in das Blut übergehen, somit auch in demselben eine chem. Wirkung entfalten können. Von den arzneilichen B. werden am häufigsten benutzt: alkalische B. oder Laugenbäder (150-500 g rohe Pottasche oder 250-1000 g Soda zum Vollbade), Ameisenbäder (1-2 kg zerquetschte Ameisen in einem leinenen Beutel gebrüht und dem B. zugesetzt), aromatische B. (150-500 g aromatische Kräuter auf das Vollbad), Baldrianbäder (Aufguß von 250-500 g Baldrianwurzel auf das Vollbad), Chlorkalkbäder (250-500 g Chlorkalk zu einem Vollbad), Eisenbäder (30-60 g reines Eisenvitriol und 120 g gereinigte Pottasche, oder 30 g reines Eisenvitriol, 60 g Kochsalz und 90 g doppeltkohlensaures Natron auf das Vollbad), Fichtennadelbäder (Aufguß von 2-5 kg Fichten- oder Kiefernadeln oder Zusatz von 150 bis 500 g Fichtennadelextrakt zu einem Vollbad), Jodbäder (in Holzwannen, 10-15 g Jod mit 20-30 g Jodkalium in 1 kg Wasser gelöst und dem Vollbad zugesetzt; die Wanne ist während des Badens zu bedecken, um das Einatmen der Joddämpfe zu verhüten), Kleienbäder (1-3 kg Weizenkleie werden in einem leinenen Beutel eine halbe Stunde lang mit 4-8 l Wasser gekocht und dann dem Vollbad zugesetzt), Leimbäder (½-1 kg Tierleim oder Gelatine in Wasser gelöst als Zusatz zu einem Vollbad), Malzbäder (Abkochung von 1-3 kg Gerstenmalz in 4-6 l Wasser auf das Vollbad), Mineralsäurebäder (in Holzwannen, 50-120 g Scheidewasser oder je 30-60 g Salz- und Salpetersäure auf das Vollbad), moussierende B. oder Kohlensäurebäder (200 g doppeltkohlensaures Natron und nach dessen vollständiger Lösung beim Besteigen der Wanne 200 g rohe Salzsäure unter Umrühren dem Vollbad zugesetzt), Schwefelbäder (in Holzwannen, 50-150 g Schwefelkalium auf das Vollbad), Seifenbäder (100-250 g geschabte weiße Kaliseife oder 60-100 g Seifenspiritus auf das Vollbad), Senfbäder (2 g Senföl in 25 g Spiritus gelöst auf das Vollbad), Solbäder (6-8 kg Koch- oder Seesalz, oder 2-5 kg Koch- oder Seesalz mit 2 kg Mutterlaugensalz auf das Vollbad), Sublimat- oder Quecksilberchloridbäder (in Holzwannen, 3-10 g Quecksilberchlorid in 50-200 g Wasser gelöst auf das Vollbad), Tanninbäder (10-50 g Tannin in 200 g Wasser gelöst auf das Vollbad), Walnußblätterbäder (Abkochung von ½-1 kg frischer Walnußblätter auf das Vollbad). Kochsalzhaltige B. wirken außerordentlich belebend und kräftigend auf die Haut und namentlich auf das Drüsensystem und bilden deshalb ein souveränes Heilmittel gegen alle skrofulösen Haut- und Drüsenkrankheiten. (S. Solbäder.) Auch dem Wasser, welches man als Dampf auf den Körper einwirken läßt, hat man mit gutem Erfolg Arzneistoffe zugesetzt, die natürlich flüchtiger Natur sein müssen. Hieran schließen sich die sog. Rauchbäder oder medikamentösen Räucherungen, in denen der ganze Körper oder einzelne Teile desselben, mit Ausschluß des Kopfes, mit Dämpfen in Berührung gebracht werden, die man durch vollständige oder teilweise Verflüchtigung trockner Arzneistoffe erzeugt. Angewendet werden hierzu harzige aromatische Substanzen, Weihrauch, Myrrhe, Benzoe, Bernstein, auch Schwefel, Zinnober und Quecksilber. Die größte Vorsicht ist bei den Rauchbädern von Schwefel und Quecksilber nötig, weil sie leicht gefährliche Zufälle herbeiführen. Die Anwendung muß in einem sog. Räucherungskasten geschehen, in welchem nur der bestimmte Körperteil mit den Dämpfen eingeschlossen wird, damit die Respirationsorgane nicht belästigt werden. Am beliebtesten sind jetzt die Fichten- oder Kiefernadeldampfbäder (bei Rheumatismen u. s. w.). Seit früher Zeit benutzt man übrigens zu ähnlichem Zwecke die in manchen Gegenden aus vulkanischem Boden aufsteigenden heißen Dämpfe, z. B. in der Nähe von Pozzuoli bei Neapel.

Ein eigentümliches Dunstbad sind die sog. Animalischen Bäder (s. d.), welche schon den Alten bekannt waren und besonders bei Lähmungen großen Ruf hatten. Von Gasbädern sind besonders die von Schwefelwasserstoffgas (Schwefelbäder) und die von kohlensaurem Gas gebräuchlich, namentlich an gewissen Heilquellen. Das Schwefelwasserstoffgas, in geringer Quantität der atmosphärischen Luft beigemischt, stimmt die Reizbarkeit der Luftwege herab und mäßigt die Beschwerden bei manchen Atmungskrankheiten. In stärkerer Quantität mit der Haut in Berührung gebracht, leistet es bei Hautkrankheiten, Rheumatismus, Syphilis, Lähmungen und chronischen Metallvergiftungen treffliche Dienste. Das kohlensaure Gas wirkt lebhaft erregend auf die Haut und das Nervensystem, fördert den Monatsfluß und wird besonders in Form von Halbbädern an manchen Kurorten, z. B. in Ems und Vichy, häufig gebraucht. B. in festweichen Substanzen sind die Moorbäder (s. d.), auch Schlammbäder genannt. Unter die B. in festen Stoffen rechnet man das Schneebad, das Erdbad, das Sandbad, das Aschenbad (s. d.) und das Laubbad. Das Schneebad wendet man an, um Erfrorene wieder ins Leben zurückzurufen; man umgiebt den ganzen Körper mit Schnee und bringt diesen durch äußere Wärme zum Schmelzen. Das Erdbad, das Eingraben oder Bedecken des ganzen Körpers, ausschließlich des Kopfes, mit frischer Erde, wird bei Scheintod nach dem Blitzschlage angewendet. Bei den nassen warmen Sandbädern (Arenationen) wird der Badende in Gruben eingegraben; man gebrauchte sie ehemals als Volksmittel bei Wiederbelebung Ertrunkener. Trockne Sandbäder, mäßig erwärmt, gebraucht man zur Schwitzkur bei Gicht, Rheumatismen, Brightscher Nierenkrankheit, Metallvergiftung u. s. w. in den Anstalten zu Dresden (Dr. Flemming), Köstritz (Dr. Sturm), Berka; hier giebt man Sandbäder von 47 bis 50° C. oder 38 bis 40° N. und von der Dauer von 25 bis 45 Minuten. Der trockne Sand wird auf heißen Eisenplatten erwärmt, und eine Sandschicht von 10 bis 12 cm auf die Extremitäten und die Beckengegend und 1 cm stark auf den Unterleib gedeckt. Allgemeine oder örtliche Laubbäder werden bereitet aus trocknen Birken-, Ellern-, Kiefern- und andern Blättern, mit denen man den kranken Teil überschüttet. Sie sind Volksmittel gegen Wasser-^[folgende Seite]