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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Boehmeria; Böhmer; Böhmert

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Böhmer (Joh. Friedr.) - Böhmert

1874‒83) und «Sleidanus’ Reden an Kaiser und Reich» (Stuttg. 1879) herausgegeben. Auf romanistischem Gebiete schrieb er mehrere Aufsätze in den mit K. Witte herausgegebenen ersten Bänden des «Jahrbuchs der Deutschen Dante-Gesellschaft» (Lpz. 1867‒70), auch über Dantes Schrift «De vulgari eloquentia» (Halle 1868). 1871‒85 gab er die «Roman. Studien» heraus; ferner die altfranz. Rolandsdichtung («Rencesval», Halle 1872) in einem eigenen phonetischen System, und ein Schriftchen «Über die provençal. Poesie der Gegenwart» (ebd. 1870). 1891 veröffentlichte er «Pindars sicil. Oden nebst den epizephyrischen mit Prosaübersetzung und Erläuterungen» (Bonn). B.s große Sammlung rhätoromanischer Schriftwerke (Verzeichnis vgl. «Roman. Studien», 1884) ist jetzt auf der königl. Bibliothek zu Berlin.

Böhmer, Joh. Friedr., Geschichtsforscher, geb. 22. April 1795 zu Frankfurt a. M., studierte in Heidelberg und Göttingen, ging 1818 nach Italien und ward 1822 Bibliothekargehilfe und Mitadministrator des Städelschen Kunstinstituts, 1825 Archivarvikar, 1830 erster Bibliothekar in seiner Vaterstadt. Er unternahm jährlich Reisen zur Durchforschung der Bibliotheken und Archive Deutschlands, Frankreichs, Italiens und der Niederlande. B. starb 22. Okt. 1863. Als Früchte seiner Bemühungen, die zu epochemachenden Werken führten, erschienen zuerst: «Die Urkunden der röm. Könige und Kaiser von Konrad Ⅰ. bis Heinrich Ⅶ., 911‒1313» (Frankf. 1831), sodann «Reichsgesetze von 900 bis 1400» (ebd. 1832), «Die Urkunden sämtlicher Karolinger» (ebd. 1833), «Urkundenbuch der Reichsstadt Frankfurt» (Bd. 1, ebd. 1836), «Die Urkunden Kaiser Ludwigs des Bayern, König Friedrichs des Schönen und König Johanns von Böhmen» (ebd. 1839; mit 3 Ergänzungsheften, ebd. 1841; Lpz. 1846; Innsbr. 1865), «Regesten des Kaiserreichs unter Heinrich Raspe, Wilhelm, Richard, Rudolf, Adolf, Albrecht und Heinrich Ⅶ. 1246‒1313» (Stuttg. 1844; mit 2 Ergänzungsheften, ebd. 1849 u. 1857), «Die Regesten des Kaiserreichs unter Philipp, Otto Ⅳ., Friedrich Ⅱ., Heinrich Ⅶ. und Konrad Ⅳ., 1198‒1254» (2 Tle., ebd. 1847‒49; neu hg. [und ergänzt bis 1272] von J. Ficker und E. Winkelmann, 3 Tle., Innsbr. 1879‒92), «Wittelsbachische Regesten» (Stuttg. 1854), «Fontes rerum Germanicarum» (Bd. 1‒4, ebd. 1843‒68), eine Sammlung von Geschichtsquellen des 13. und 12. Jahrh. Aus seinem Nachlasse erschienen «Acta imperii selecta» (hg. von Ficker, Innsbr. 1866‒68), «Die Regesten des Kaiserreichs unter Karl Ⅳ.» (hg. von Huber, ebd. 1876), «Regesten zur Geschichte der Erzbischöfe von Mainz» (hg. von Will, ebd. 1877 fg.), «Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern» (neu bearb. von Mühlbacher, ebd. 1880 fg.) und «Die Regesten des Kaiserreichs unter den Herrschern aus dem sächs. Hause 919‒1024» (neu bearb. von E. von Ottenthal, ebd. 1894 fg.). – Vgl. Janssen, Joh. Friedr. B.s Leben, Briefe und kleinere Schriften (3 Bde., Freib. i. Br. 1868; Auszug in 1 Bd., ebd. 1870), und Ranke, J. Fr. B. (in Sybels «Historischer Zeitschrift»).

Böhmer, Justus Henning, Jurist, geb. 29. Jan. 1674 zu Hannover, bildete sich namentlich in Halle, erhielt daselbst 1715 die Professur der Institutionen und des Lehnrechts und starb Aug. 1749 als Ordinarius der Fakultät und Kanzler des Herzogtums Magdeburg. Sein Hauptverdienst liegt in der Darstellung des evang. Kirchenrechts: «Jus ecclesiasticum protestantium» (5 Tle., Halle 1714‒37; 5. Aufl. 1756‒89), wozu «Jus parochiale» (6. Aufl. 1760) gehört. Das kath. Recht behandelte er in «Institutiones juris canonici» (5. Aufl. 1770). Weniger bedeutend ist seine Ausgabe des «Corpus juris canonici» (2 Bde., Halle 1747).

Boehmerĭa Jacq., Pflanzengattung aus der Familie der Urticaceen (s. d.) mit gegen 40 Arten, sämtlich in den wärmern Gegenden. Es sind kleine Bäume oder Sträucher mit gegenständigen oder abwechselnden Blättern und getrenntgeschlechtigen Blüten; die letztern stehen in Knäueln zusammen; die männlichen haben ein vierspaltiges Perigon und vier Staubgefäße, die weiblichen ein röhriges Perigon und eine Narbe. Die meisten Arten zeichnen sich durch die Dauerhaftigkeit und Festigkeit ihrer Bastfasern aus, weshalb einige auch im Großen kultiviert werden. Die wichtigste Art, B. nivea Gaud. (s. Tafel: Urticinen Ⅱ, Fig. 3), wird in Indien und in China vielfach angebaut. Ihre Bastfasern, die eine ganz ungewöhnliche Länge bis zu 22 cm erlangen, liefern das Chinagras (s. d.). B. tenacissima Gaud. wird ebenfalls in Südasien, China und Japan kultiviert, ihre Bastfasern besitzen außerordentliche Festigkeit und werden bis 8 cm lang; sie liefern die Ramiéfaser (s. Ramié). Außerdem werden die Bastfasern von B. sanguinea Hassk. und B. frutescens Blum. in Indien und dem übrigen Südasien benutzt. In neuerer Zeit werden hauptsächlich das Chinagras und die Ramiéfaser vielfach auch in Europa in der Textilindustrie verwendet.

Böhmert, Karl Victor, volkswirtschaftlicher Schriftsteller, geb. 23. Aug. 1829 zu Quesitz bei Leipzig, studierte zu Leipzig 1848‒52 Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft und wandte sich dann ganz nationalökonomischen Arbeiten zu, wobei er sich auch praktisch im Sinne von Schulze-Delitzsch an der Gründung eines Vorschuß- und Kreditvereins in Meißen beteiligte. Nach einer Reise durch Sachsen, Rheinland und Westfalen, Belgien und Frankreich ging er 1856 nach Heidelberg, um dort eine von Rau und Röscher mitbegründete nationalökonomische Wochenschrift herauszugeben und sich an der Universität als Docent zu habilitieren. Ein Jahr darauf folgte B. einem Rufe nach Bremen, wo er 1857‒60 das «Bremer Handelsblatt» redigierte, von 1861 bis 1866 als Syndikus der Bremer Handelskammer fungierte und sich in hervorragender Weise an der Bewegung für Einführung der Gewerbefreiheit und Freizügigkeit und an der Gründung des Kongresses deutscher Volkswirte beteiligte. Im Herbst 1866 wurde B. zum Professor der Nationalökonomie und Statistik am eidgenössischen Polytechnikum und an der Universität Zürich ernannt und im April 1875 in gleicher Eigenschaft an das Polytechnikum in Dresden und als Direktor des königlich sächs. Statistischen Bureaus berufen. Von seinen nationalökonomischen Arbeiten sind zu erwähnen: «Freiheit der Arbeit» (Brem. 1858), «Beiträge zur Geschichte des Zunftwesens» (Lpz. 1861; von der Fürstlich Jablonowskischen Gesellschaft zu Leipzig mit dem Preise gekrönt), «Beiträge zur Fabrikgesetzgebung. Untersuchung und Bericht über die Lage der Fabrikarbeiter, erstattet an die Gemeinnützige Gesellschaft des Kantons Zürich» (Zür. 1868), «Der Socialismus und die Arbeiterfrage» (ebd. 1872), «Arbeiterverhältnisse und Fabrikeinrichtungen der Schweiz» (2 Bde., ebd. 1873). Seit 1873 redigiert er in Gemeinschaft mit Gneist den in Berlin erscheinenden