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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Brussawein; Brüssel

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Brussawein - Brüssel

sechs ersten türk. Sultane zu enthalten, die hier bis 1363 ihr eigentliches Hoflager (die Pforte) hielten. Auf der Burghöhe steht die Moschee Daud-Monasteri, ursprünglich eine christl. Kirche, mit dem Grabe Orchans. Das mit Jaspis und Marmor geschmückte Grabdenkmal Osmans I. liegt außerhalb der Stadt. Die Überreste Murads I. sind 4 km im Westen derselben in einem prächtigen Mausoleum bei dem Dorfe Tschekerki beigesetzt. Etwa 2 km im Westen von B. treten auf einer Fläche von 380 m im Geviert vier heiße Schwefelquellen hervor, zwei von 85° C. Wärme. Über zwei derselben sind Badehäuser errichtet, von denen das bedeutendste Eski-Kaplidscha (Alt-Warmbrunn) heißt. B. ist eine der ersten Industriestädte des türk. Reichs. Haupterwerbszweige sind Seidenzucht, -Spinnerei und -Weberei. Die Seide wird hauptsächlich nach Lyon ausgeführt. Auch die Baumwollkultur hat in neuester Zeit Fortschritte gemacht. Berühmt sind die seidenen Burnusse und die baumwollenen Bademäntel von B. In den nahen Gebirgen wird Meerschaum gegraben, welcher in B. zu Pfeifenköpfen gebohrt wird. Der Handel ist in starkem Aufschwunge; Hafen der Stadt ist Mudania, mit dem es durch eine 38 km lange Eisenbahn verbunden ist. - B. ist das unter König Prusias II. von Bithynien gegründete Prusa, wurde um 950 durch Seif ed-daulet von Haleb (Aleppo) erobert und geschleift, 1326 von Orchan, dem Sohne des ersten Türkensultans Osman I., nach 10jähriger Belagerung den Griechen entrissen, 1402 von Timurs Enkel Mirsa eingenommen und auch späterhin wiederholt durch Kriegsleiden heimgesucht. Hier lebte 1852-55 Abd el-Kader.

Brussawein, der in der Umgegend von Brussa in Kleinasien gebaute Wein; er ist den weißen Bordeauxweinen ähnlich, nur schwerer, gerbstoffreicher und von gelblichgrüner Färbung. Der B. ist der bessere Tischwein der Christen im Orient.

Brüssel, vläm. Brussel, frz. Bruxelles, Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Belgien, zugleich Hauptstadt der Provinz Brabant und der ehemaligen österr., früher span. Niederlande, auch geogr. Mittelpunkt des Landes, liegt unter 50° 51' 10'' nördl. Br. und 4° 22' 13'' östlich von Greenwich, in 15 m Höhe, an der größtenteils überwölbten Senne, einem Nebenfluß der Schelde, und steht nach N. durch den in die Rupel führenden Willebrockkanal mit Antwerpen und nach S. durch den Charleroikanal mit der Sambre in Verbindung. B. hat eine mittlere Jahrestemperatur von +10,3° C.; das Maximum im Juli beträgt +18,4, das Minimum im Januar +2,3° C. Man zählt nur 48 Tage mit Frost, aber bei durchschnittlich 65 Proz. Wolkenbedeckung nur 12 ganz heitere, dagegen 62 Nebeltage im Jahr. Die Regenhöhe beträgt 730 mm. (Hierzu Plan: Brüssel.)

^[Abb.]

Bevölkerung. B. hatte 1825: 84 000, 1846: 123 874, 1856: 152 828, 1880: 162 498, 1890: 182 305 (82 043 männl., 100 262 weibl.) E., darunter 52 860 (22 769 männl., 30 091 weibl.) Analphabeten; 18 500 Wohnhäuser und 1050 nicht zum Wohnen bestimmte Gebäude; einschließlich der Vorstädte Etterbeek, Ixelles, St. Gilles, Anderlecht, Molenbeek-St. Jean, Laeken, Scharbaeck (55 000 E.), St. Josse-ten-Noode etwa 480 000 E. Die rasche Vermehrung ist vor allem eine Folge der starken Einwanderung; die deutsche Kolonie zählt 5000, mit den Vorstädten 10 000, die französische 5300, die holländische 4000 Seelen. Die Zahl der Geburten beträgt jährlich etwa 5000, die der Eheschließungen 1700, die der Sterbefälle 4500.

Anlage, Straßen, Plätze, Denkmäler. B., auf sehr ungleichmäßigem Boden erbaut, zerfällt in zwei Teile: die Ober- und die Niederstadt. Jene, durch ein neues Viertel, das Quartier Leopold, erweitert, wird von der bemitteltern Bevölkerung bewohnt. In der winkligen und schmutzigen, teils aber auch mit breiten, wohlgepflegten, geraden Straßen und eleganten Boulevards versehenen Niederstadt leben die Handel- und Gewerbetreibenden. Während im obern Teil fast ausschließlich französisch gesprochen wird, wiegt in der Niederstadt das Vlämische vor. B. ist eine schöne Stadt ohne besonders ausgeprägten Charakter. Mit seinen Theatern, Palästen, Museen, Kirchen, Hotels, seinen Tavernen nach Londoner und Brauereien nach Münchener Muster, seinem an den Wiener Prater erinnernden Park, seinem, dem Pariser Bois de Boulogne nachgebildeten Cambrewäldchen, den Fremdenkolonien und dem unaufhörlichen Fremdenverkehr bietet es das Bild der echten Großstadt. Nur das enge Zusammenwohnen und die Verschmelzung der beiden Nationalitäten, Wallonen und Vlamänder, giebt ihr ein besonderes belg. Gepräge. Von den frühern Festungswerken ist jetzt nur noch an der Porte de Hal ein 1381 erbauter Turm zu sehen. An Stelle der Stadtwälle umgeben die großartigen, schattenreichen Boulevards fast die ganze Stadt in Form eines unregelmäßigen Fünfecks. Ihre Gesamtlänge beträgt 6 km. Nahe bei der Porte de Hal liegt ein altes, dichtbevölkertes Stadtviertel, dessen Bewohner, die sog. Marolles, durch Sprache (eine Mischung aus Vlämisch und Wallonisch) und Gebräuche von der übrigen Einwohnerschaft verschieden, gewissermaßen als eine Kaste - die Parias Brüssels - anzusehen sind. Außer den Boulevards verdient als Promenade die großartig angelegte Avenue Louise, die nach dem 2 km entfernten Cambrewäldchen führt, Erwähnung. Eine in den vierziger und fünfziger Jahren, aber jetzt wenig besuchte Promenade ist die am Kanal entlang, halbwegs nach dem 4 km entlegenen königl. Lustschlosse Laeken führende Allée Verte. Den Hauptanziehungspunkt der obern Stadt bildet der mit zwei großen Wasserbecken und vielen Marmorstatuen geschmückte 13 ha. große Park. Der malerische Parc Léopold von gleicher Größe, in dem sich früher ein Zoologischer Garten befand, ist weniger belebt. Unter den zum Teil mit Wasserkünsten gezierten Platz en ist zu erwähnen, die Place Royale mit dem von Simonis gearbeiteten, 1848 errichteten Kolossalreiterstandbild Gottfrieds von Bouillon und der Kirche St. Jacques-sur-Caudenberg mit ihrer mit Statuen und Freskogemälde geschmückten Façade, ferner die Grande Place, der Marktplatz mit dem Rathaus, dem Königs- oder Brothaus sowie vielen, meist aus span. Zeit stammenden histor. Giebelhäusern der ehemaligen Zünfte; die Place de la Monnaie mit dem Théâtre Royal und dem der Vollendung nahen neuen Postpalast, der Märtyrerplatz, auf dem die in den Septembertagen des Jahres 1830 gefallenen Helden ruhen, über deren Gruft sich die Statue Belgiens, den belg. Löwen zu Füßen, auf einem mit Basreliefs geschmückten Sockel erhebt; die Place du Grand