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Chicago
einander verbunden sind. Aus der Nordseite der Stadt, am Michigansee, der Lincolnpark, westlich von diesem der Humboldtpark, von diesem südlich der Garfieldpark und Douglaspark; im S. der Washingtonpark, und östlich davon, am See, der Jacksonpark, der Platz der Chicagoer Weltausstellung (s. d.) von 1893. Diesem schließen sich Union-, Jefferson-, Vernon- und Wicker-Park an. Vom Lincolnpark aus ist ein breiter Damm mit Wall, Esplanade, Fahrstraße und Promenade in den Michigansee hineingebaut und auf diese Weise ein kleiner See abgetrennt, der dem Wassersport dienen soll. Außer diesen liegen in den verschiedenen Stadtteilen zerstreut 22 kleinere Parks (zusammen 7,7 qkm).
Kirchen. C. besitzt 513 Gotteshäuser, darunter 315 eigentliche Kirchen. Nur einige von ihnen sind der Erwähnung wert, besonders wegen der geschmackvollen und bequemen innern Einrichtung, die vielfach einem eleganten europ. Konzert- oder Hörsaal gleicht. Einige der schönsten Kirchen sind: Second Presbyterian Church an der Michigan-Avenue, im got. Stil erbaut und mit schönem Turm, die First Presbyterian Church an der Indiana-Avenue, ebenfalls in got. Stil, mit einem der höchsten Türme der Stadt, der israel. Sinaitempel, an der Indiana-Avenue im maur. Stil, und die Church of the Messiah (Unitarier) an der Michigan-Avenue. Die röm.-kath. St. Jameskirche an der Wabash-Avenue zeichnet sich durch ihre herrlichen got. Fenster und Glasmalereien sowie durch die sitzende Statue St. Peters aus. Die Third Presbyterian Church, ein nach dem Brande 1884 großartig ausgestattetes Gebäude, gehört einer der reichsten Gemeinden. Die St. Jameskirche (Episkopal), im got. Stil, hat ein Denkmal für die im Kriege von 1861 bis 1865 Gefallenen und einen Turm mit Glockenspiel. Die röm.-kath. Cathedrale of the Holy Name, in Verbindung mit einer Kirchenschule und Akademie, besitzt eine der schönsten Orgeln der Stadt.
Weltliche Bauten und Denkmäler. Die öffentlichen Gebäude zeichnen sich sämtlich mehr durch Größe bez. Höhe als durch Schönheit aus. Dies gilt sowohl vom Rathause (Court House) wie vom Stadthause (City Hall), welche beide, im franz. Renaissancestil, miteinander verbunden, ein volles Straßengeviert einnehmen, mehr aber noch von dem sog. Bundesgebäude. Erwähnung verdienen das sog. Rookery-Gebäude, 12 Stockwerke hoch, eins der berühmten Chicagoer Bureau- oder Officegebäude, das mit allem Luxus und Komfort ausgestattet ist; der gewaltige Temperence Temple, erbaut vom Frauen-Temperenzverein, Ecke Lassalle- und Monroe-Street, in franz.-got. Stil, 1892 vollendet (Kosten 1 Mill. Doll.) und das Insurance-Exchange-Gebäude mit seinem würdevollen Portal. Bedeutende Privatgebäude sind das "Auditorium", Board of Trade-Gebäude, Central-Musikhalle, Chamber of Commerce (Handelskammer), Cook-County-Hospital, Pullman-Gebäude und viele Klubhäuser. Im Lincolnpark steht nahe am Michigansee eine Reiterstatue von General Grant, am Eingange ein Denkmal Abraham Lincolns (s. Tafel: Amerikanische Kunst I, Fig. 2), eine von den Deutschen errichtete Bronzestatue Schillers; ferner eine solche des "Pioniers" Robert Cavalier de Lassalle und im nördl. Teile eine Statue von Linné, von den schwed. Bewohnern C.s gestiftet. Der Lincolnpark besitzt auch eine von Charles T. Yerkes gestiftete elektrische Fontäne, deren Wasserstrahl bis zu 25 m in die Luft steigt; der Humboldtpark Statuen A. von Humboldts und Fritz Reuters (1893); die Lake-Front ein Columbusdenkmal. Die in den letzten Jahren im Centrum entstandenen 16- bis 20stöckigen Geschäfts- und Bureaugebäude zeichnen sich nur durch die großartige Technik in der Ausführung und ihre praktischen und hocheleganten innern Einrichtungen aus. Die Konstruktion ist Stahl und die Ständer und Träger sind mit hohlen Ziegeln verkleidet und verputzt. Mit Rücksicht aus den weichen Boden ruht jeder Pfeiler des Fundaments auf einer besondern Unterlage. Diese Bauart, die Chicagoer Methode, hat sich bisher glänzend bewährt. Von außen betrachtet sind diese Hochbauten in Ermangelung jeder architektonischen Gliederung häßlich. Der innere Verkehr wird ausschließlich durch Aufzugsmaschinen vermittelt, deren Zahl sich in C. auf 5371 beläuft. Das Princip des Wohnhausbaues ist das des soliden Komforts. Bei dem Zuwachs von 50000 Menschen jährlich reichten jedoch die bisher üblichen Einzelwohnungen nicht mehr aus. In den letzten Jahren sind eine Reihe sog. Flats- und Apartments-Gebäude errichtet worden, und die Entwicklung zielt auf Wohnhotels, deren bereits einzelne bestehen. Diese besitzen eine Höhe von 8 bis 12 Stockwerken und sind mit großem Komfort ausgestattet. Großartig ist auch das Hotelwesen entwickelt.
Bevölkerung. Die Bevölkerung von C. zeigt ein ungeheuer schnelles Wachstum, das auch in den Vereinigten Staaten fast einzig dasteht. Sie betrug 1848 erst 20023 E., 1870 bereits über 300000 und nach dem Schulcensus von 1890 1208669 (645890 männl., 562779 weibl.) E., darunter 859247 über 14 Jahre; 14490 Neger und 1217 (1207 männl., 10 weibl.) Mongolen. Über drei Viertel der ganzen Bevölkerung sind Eingewanderte und deren Nachkommen. Die verschiedenen Nationalitäten, die sich in den verschiedenen Distrikten gruppieren und so der Stadt einen immer mehr hervortretenden kosmopolitischen Charakter geben, verteilen sich wie folgt:
Deutsche 384958
Amerikaner 292463
Irländer 215534
Böhmen 54209
Polen 52756
Schweden 45877
Norweger 44615
Engländer 33785
Franzosen 12963
Schotten 11927
Russen 9977
Italiener 9921
Dänen 9891
Canadier 6989
Holländer 4912
Ungarn 4827
Rumänen 4350
Walliser 2966
Schweizer 2735
Mongolen 1217
Griechen 698
Belgier 682
Spanier 297
Westindier 37
Portugiesen 34
Hawaianer 31
Ostindier 28
Von den 18000 Ehen des Jahres 1891 waren ein Drittel deutsch. Todesfälle wurden verzeichnet 27754, Geburten 25000. Die Bevölkerung nimmt also lediglich durch Einwanderung zu.
Verwaltung. Die Verwaltung der Stadt besteht aus einem Bürgermeister (Mayor) mit 7000 Doll. Gehalt und einem Stadtrat (68 Räte ohne Gehalt), je zwei aus den 34 Distrikten, mit Departements für Gesundheit, Gesetz, Polizei, Feuer, Erziehung, öffentliche Arbeiten, Gebäude und Finanzen, Registratur, Schatzamt und Steuern. Der Bürgermeister, Registrator, Schatzmeister, Rechtsanwalt und die Stadträte werden von den Bürgern auf je zwei Jahre erwählt; alle andern Angestellten vom Bürgermeister ernannt. Eine von ihm mit einem Veto belegte Verordnung bedarf der Zweidrittel-Majorität, um trotzdem zum Gesetz erhoben zu werden.
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]