Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

226

Chinesische Sprache, Schrift und Litteratur

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Chinesische Sprache, Schrift und Litteratur'

  • Par. 1770); Pauthier, Lives sacrés de l'Orient (ebd. 1840); Medhurst, The Shoo-king (chinesisch u. englisch, Shang-hai 1846); Legge, Chinese Classics (Teil 3).

  • 3) Schī-kīng, das kanonische Buch der Lieder, das eine von Confucius veranstaltete Sammlung von 311 alten Liedern enthält. Vgl. Confucii Chi-king sive Liber Carminum. Ex latina P. Lacharme interpretatione ed. J. Mohl (Stuttg. 1830); Legge, Chinese Classics (Teil 4); nach Lacharme deutsch bearbeitet von Rückert (Altona 1833); treu nach dem Original und klassisch in der Form von V. v. Strauß, Schī-kīng, das kanonische Liederbuch der Chinesen (Heidelb. 1880).
  • 4) Lì-kí, Aufzeichnungen über die Riten, eine umfangreiche Kompilation, auf Grund älterer Ritualbücher im 1. Jahrh. v.Chr. von Tai-sching veranstaltet, eine unerschöpfliche Fundgrube für die Erforschung des altchines. Kulturlebens. Vgl. Li-ki ou Mémorial des rites, trad. par M. Callery (Turin 1853); Legge, The sacred books of China, part. III: The Lî kî in «The sacred books of the East» (Bd. 27 u. 28, Oxford 1885). Ältere Werke dieser Art, von denen besonders das zweite dem Lì-kí als Quelle gedient hat, sind das Tschēu-lì, die Riten der Tscheu-Dynastie, und das I-lì. Das letztere wird von einigen dem Tscheu-kung zugeschrieben. Vgl. Le Tcheou-li ou rites des Tcheou, trad. par E. Biot (2 Bde., Par. 1851).
  • 5) Tschün-tshiēu, Frühling und Herbst, eine äußerst dürre und dürftige, von Confucius verfaßte Chronik des Lehensstaates Lu, die erst durch den von Tso-khieu-ming verfaßten Kommentar Tso-tschwen Wert erhält. Sie umfaßt den Zeitraum von 722 bis 484 v.Chr. und ist mit dem zugehörigen Kommentare die Hauptquelle für die chines. Geschichte jener Zeit. Vgl. Legge, Chinese Classics, Bd. 5. –

Nächst den fünf Kīng stehen die vier klassischen Bücher im höchsten Ansehen und werden von jedem gebildeten Chinesen zum größten Teile auswendig gekannt. Es sind die folgenden:

  • 1) Tá-hioh, die große Lehre, ein philos.-polit. Traktat des Tzeng-tze;
  • 2) Tschūng-júng, die Anwendung der Mitte, ein philos. Traktat über das Princip der «Mitte», d.h. des geistigen Gleichgewichts, dem Tze-sse, einem Enkel des Confucius zugeschrieben;
  • 3) Lün-jü, Unterredungen, eine von Schülern des Confucius veranstaltete Zusammenstellung von Äußerungen des Confucius und seiner Schüler, sowie von Unterredungen des Meisters mit seinen Schülern, wichtig als Hauptquelle für die Kenntnis der confucianischen Lehren;
  • 4) Meng-tze, die Schriften des Meng-tze, des hervorragendsten unter den Nachfolgern des Confucius, Unterredungen staatsphilos. und ethischen Inhalts. Vgl. Legge, Chinese Classics, Bd. 1 u. 2; Werke des chines. Weisen Kung-Fu-Dsü und seiner Schüler, übersetzt von W. Schott (2 Tle., Halle u. Berl. 1826–32); Meng-tseu vel Mencium inter Sinenses philosophos Confucio proximum eduxit, latina interpretatione instruxit Stan. Julien (2 Bde., Par. 1822–29); Faber, Eine Staatslehre auf ethischer Grundlage oder Lehrbegriff des chines. Philosophen Mencius (Elberf. 1877).

Zu den klassischen Büchern wird bisweilen auch das Hiáo-kīng, das kanonische Buch von der kindlichen Pietät von Tzeng-tze gerechnet. Es ist von Legge ins Englische übersetzt worden (in M. Müllers «The sacred books of the East»).

Die fünf king und die vier schu sind dem chines. Geistesleben, mithin also auch der chines. Litteratur ein Sporn und eine Fessel zugleich geworden. Der ↔ Gedankenkreis des Confucius und seiner nächsten Schüler enthielt anregenden Stoffes genug, es fehlte keineswegs an fruchtbaren Gedanken, die weiterer Entwicklung fähig waren und eine solche auch gefunden haben; aber je mehr sie, durch Alter und Überlieferung geheiligt, den Charakter fester Satzungen, ethischer und staatsphilos. Dogmen annahmen, um so mehr fingen sie an, auf das chines. Denken und Empfinden beengend statt befreiend zu wirken. Es lag in der Natur der Sache, daß, seit freies Denken keinen Raum mehr fand, philol.-kritische Arbeit an die Stelle selbständigen Schaffens treten mußte, und so entstand jene unabsehbare Kommentarlitteratur, deren innere Armut in erschreckendem Gegensatz zu ihrem äußern Umfange steht. Nur wenigen auserlesenen Geistern blieb es vorbehalten, den Weg, welchen Confucius gewiesen, nicht bloß zu pflastern, sondern auch weiter zu verfolgen. Zu diesen gehören u.a. Siün-tze, ein Philosoph, der im 3. Jahrh. v.Chr. lebte, ein eifriger Gegner des Meng-tze, der sich aber durch seinen Grundsatz, daß die menschliche Natur ursprünglich böse sei, auch in principiellem Gegensatz zu Confucius befand. Auch Jang-tze (1. Jahrh. v.Chr.) gehört hierher, dem seine Gelehrsamkeit und die Lauterkeit seines Charakters die ehrende Bezeichnung: «der Kung-tze des Westens» eintrug. Glänzend als Staatsmann, Philosoph und Dichter, nimmt Han-ju (768–824), bekannt unter dem Ehrennamen Han-wen-kung, «der Litteraturfürst Han», einen hervorragenden Platz unter den spätern Nachfolgern des Confucius ein. Eine neue Blüte erlebte der Confucianismus dann noch einmal im 11. Jahrh. durch Tscheng-tze, den Begründer der neuen Naturphilosophie (chines. sīng-lì = Natur und Vernunft), welche da ansetzte, wo die Lehre des Confucius aufhörte. Jene letzten und höchsten Fragen nach dem Grunde alles Seins, denen Confucius geflissentlich aus dem Wege ging, ließen sich für eine Weile in den Hintergrund zurückdrängen; für immer verstummen konnten sie nicht, und jetzt treten sie mit neuer Kraft hervor. So tritt denn in dieser neuen Ära das metaphysische Interesse wieder in den Vordergrund, und auf Grund neuer Auslegungen des alten rätselhaften Jih-king wird nicht nur ein neues metaphysisches System auf pantheistischer Grundlage geschaffen, sondern auch die confucianische Ethik, die in dürren, unfruchtbaren Formalismus auszuarten drohte, erweitert und vertieft. Die tiefsinnige Philosophie des Lao-tze (s. d.) und die Lehren des Buddhismus, die inzwischen immer breitern Boden gefunden hatten, machten gemeinsam ihren Einfluß geltend, um einem neuen Eklekticismus Leben zu geben, der in dem berühmten Polyhistor Tschu-hi (1130–1200), einem der fruchtbarsten und vielseitigsten Schriftsteller der chines. Litteratur, seinen Hauptvertreter fand. Vgl. G. v. d. Gabelentz, T'ai-kih-t'u, die Tafel des Urprincips (Dresd. 1876); Grube, Ein Beitrag zur Kenntnis der chines. Philosophie, T'ung-šu des Čeu-tsï (Lpz. 1882). Lao-tze, ein älterer Zeitgenosse des Confucius, hatte in seinem Tao-teh-king, dem kanonischen Buche vom Logos und der Tugend, eine der tiefsinnigsten pantheistischen Lehren des gesamten Altertums niedergelegt, die eben wegen ihrer Tiefe nur eine geringe Verbreitung fand. Immerhin haben sich Lieh-tze, Han-fei-tze, Hoh-kwan-tze als Nachfolger des Lao-tze (sämtlich dem 4. Jahrh. v.Chr. angehörend) einen bleibenden Platz unter den Denkern Chinas errungen, und Tschwang-tze (ebenfalls im 4. Jahrh.

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 227.

Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.