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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Codex

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Codex

meinen Vorschriften über die Bekanntmachung, die Wirkung und Anwendung der Gesetze und behandelt sodann das gesamte Privatrecht unter selbständiger Verwendung des röm. Rechts sowie der bisher gültig gewesenen Gewohnheiten und königl. Erlasse, welche noch als raison écrite zur Erklärung benutzt werden können. Es zerfällt in drei Bücher. Das erste Buch handelt personnes (Personen- und Familienrecht), das zweite des biens et des différentes modifications de la propriété (Einteilung der Sachen, Eigentum, Personal- und Prädialservituten), das dritte des différentes manières dout on acquiert la propriété (Erbfolge, Schenkungen unter Lebenden und Testamente, Obligationen, Sicherungsmittel, Verjährung). Zu rühmen ist besonders das Geschick in der Wahl von kurzen, scharfgefaßten Sätzen, aus denen sich die für den Gebrauch erforderliche Menge von Bestimmungen sicher entwickeln läßt. Die franz. Eroberungen verpflanzten den Code in viele andere Länder, in denen er nach dem Sturz der Napoleonischen Herrschaft oder der Lostrennung von Frankreich teils wieder beseitigt wurde, teils in Geltung blieb. Wieder beseitigt wurde er in den hanseatischen Departements, im Fürstentum Arenberg, Großherzogtum Frankfurt, Herzogtum Cöthen, Herzogtum Nassau, Königreich Westfalen, desgleichen in Holland und Italien, wo er jedoch später (1838 und 1806) als unmittelbares Vorbild für neue Gesetzbücher diente. In Geltung geblieben ist dagegen der Code civil in dem ehemals franz. oder zum Großherzogtum Berg gehörigen Teile der preuß. Rheinprovinz, in dem oldenburg. Fürstentum Birkenfeld, in Rheinhessen, Rheinbayern, Elsaß-Lothringen und in deutscher Bearbeitung als "Landrecht" (seit 1810) in Baden, ferner in Belgien (viele Änderungen im Hypothekenrecht) und Luxemburg, im Herzogtum Warschau, im Kanton Genf und dem Berner Jura. Ferner liegt er den Civilgesetzbüchern der Kantone Neuenburg, Waadt, Freiburg, Wallis, Tessin und Rumäniens (seit 1865) zu Grunde, ebenso denen der Argentinischen Republik (seit 1. Jan. 1871), Mexikos (seit 1. März 1871), Ägyptens (seit 1875) und einiger nordamerik. Staaten. Er ist ins Englische übersetzt von Bryan Barrett (Lond. 1812), ins Lateinische von Gibault, "Codex Napoleonianus, e patrio in latinum sermonem translatus" (Par. 1808), sogar in Verse gebracht von D. Exlégislateur (ebd. 1811).

An den Code civil schließen sich an: der Code de procédure civil von 1806, die Civilprozeßordnung (hauptsächlich beruhend auf der Ordonnance von 1667), welche in den deutschen Rheinprovinzen bis 1879 galt; der Code de commerce von 1807, das Handelsgesetzbuch; der Code d'instruction criminelle von 1808, die Strafprozeßordnung, und der Code pénual von 1810, das Strafgesetzbuch. Sie bilden mit dem Code civil die sog. "Cinq codes" (deutsch von Cramer, 12. Aufl., Kobl. 1855; neue Stereotypausg., ebd. 1875). Eine gute Ausgabe ist die von Roger und Sorel, "Codes et lois usuelles" (15. Ausg., enthaltend die Gesetzgebung bis 1883, Par. 1883). Gute Kommentare: Demolombe, "Cours de C. N." (seit 1845, 4. Aufl. 1869 fg.); Marcadé und P. Pont, "Explication théorique et pratique di C. N." (7. Ausg., Par. 1873 fg.); Mourlon, "Répétitions écrites sur le C. N." (11. Ausg. von Demangeat, 3 Bde., ebd. 1880). Über Napoleon als Gesetzgeber vgl. Pérouse, Napoléon Ier et les lois civiles du consulat et de l'empire (Par. 1866); Laurent, Principes

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de droit civile (33 Bde., Brüss. und Par. 1869-78). Wichtig sind ferner: Antoine de Saint-Joseph, "Concordance entre les Codes civils étrangers et le C. N." (2. Ausg., 4 Bde., Par. 1856); Huc, "Le Code civil italien et le C. N." (2 Bde., ebd. 1868).

Von den den C. N. abändernden Gesetzen sind hervorzuheben: das Gesetz vom 8. Mai 1846 über Abschaffung des divorce, vom 14. Juli 1819 über Abschaffung des droit d'aubaine, vom 17. Mai 1826 über Substitutionen, vom 31. Mai 1854 über Abschaffung des bürgerlichen Todes, vom 23. März 1855 über die Transskription, vom 22. Juli 1867 über Aufhebung der Schuldhaft, vom 27. Febr. 1880 über die Mobiliarwerte der Bevormundeten, vom 20. Aug. 1881 betreffend den Code rural (nachbarrechtliche Servituten), vom 27. Juli 1884 über Wiedereinführung der Ehescheidung und vom 14. April 1886 über das Verfahren in Ehescheidungssachen; für den Civilprozeß das Gesetz vom 25. Mai 1838 über die Friedensrichter, vom 2. Juni 1841 über Versteigerung von Immobilien, vom 21. Mai 1858 und 22. Mai 1871 über Immobilienpfändung, vom 3. Mai und 2. Juni 1862 über Fristen; für das Handelsrecht die Gesetze vom 19. Juli 1793, 3. Aug. 1844, 8. April 1854, 16. Mai und 14. Juli 1866 über Urheberrecht, vom 5. Juli 1844, 31. Mai 1856, 23. Mai 1868 und 29. März 1872 über Erfindungspatente, vom 23. Juni 1857, 26. Juli 1858 und 26. Nov. 1873 über Fabrikzeichen, vom 20. Febr. 1810 und 1. Juni 1853 über Gewerbegerichte (conseils de prud'hommes), vom 3. März 1840, 17. Okt. 1870, 21. Dez. 1871 über Handelsgerichte, vom 14. Juni 1865 über chèques, vom 24. Juli 1867 über Gesellschaften, vom 15. Juni 1872 über verlorene Inhaberpapiere, vom 28. März 1885 über Differenzgeschäfte, vom 12. Jan. 1886 über Zinsen in Handelssachen und vom 4. März 1889 über Konkurse. Für das Strafrecht sind wichtig die Gesetze vom 28. April 1832 (Revision), 8. bis 16. Juni 1850 und 25. März 1873 über Deportation, vom 3. Juli 1852 und 7. Sept. 1870 über Rehabilitation, vom 4. April 1855 und 14. Juli 1865 über Untersuchungshaft, vom 13. Mai 1863 über Rückfall, vom 20. Mai 1863 über handhafte That, vom 27. Juni 1866 über im Auslande begangene Verbrechen, vom 29. Juni 1867 über Revision, vom 23. Jan. 1873 über öffentliche Trunkenheit, vom 21. Nov. 1872 und 31. Juli 1875 über die Jury, vom 5. Juni 1875 über Gefängniswesen, vom 29. Juli 1881 über die Freiheit der Presse, vom 27. Mai und vom 14. Aug. 1885 über die Rückfälligen und Verhütung des Rückfalls (Relegation, bedingte Entlassung) und vom 18. April 1886 über Spionage.

Über den Geist des C. N. vgl. Lassaulx, Des caractères distinctifs du C. N. (Kobl. 1811; deutsch von Wolter, Hamb. 1811); Seidensticker, Einleitung in den Codex Napoleon (Tüb. 1808). über Vorschläge zur Revision vgl. Acollas, Cécessité de refondre l'ensemble de nos Codes (2. Aufl., Par. 1866); Duverger, Observations (ebd. 1867); Rousset, Science nouvelle des lois (2 Bde., ebd. 1871).

Codex (lat., Mehrzahl Codicies; ursprünglich caudex, d. i. Stamm), bei den alten Römern das Buch, welches entstand, wenn mehrere mit Holzrahmen versehene Wachstafeln, worauf die Römer zu schreiben pflegten, durch Draht oder Riemen verbunden wurden; ferner das beschriebene Pergament, wenn es vierfach zusammengelegt, statt gerollt wurde

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