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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Danǐel; Daniellsches Element

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Daniel - Daniellsches Element

Hochschule in Belgrad. 1867-68 war er Sekretär der Akademie der Wissenschaften in Agram und lebte seit 1877 bis zu seinem Tode (17. Nov. 1882) wieder daselbst, mit der Bearbeitung des serb.-kroat. Wörterbuchs der Akademie beschäftigt, von dem er aber nur drei Hefte fertig brachte. In seiner ersten Schrift "Kampf um die serb. Sprache und Orthographie" (1847), worin D. die Reform Vuks wissenschaftlich begründete, nahm er statt seines Familiennamens Popović den Namen D. an und behielt ihn fortan bei. Sein Hauptverdienst besteht in einer musterhaften Bearbeitung der histor. Grammatik der serb. Sprache und ihres gegenwärtigen Standes: "Oblici srpskoga jezika" (in vielen Auflagen), "Istorija oblika srpskoga ili hrvatskoga jezika" (Belgr. 1874), "Osnove srpskoga i hvratskoga jezika" (ebd. 1876), "Korijeni u hrvatskom i srpskom jeziku" (Agr. 1877), "Rječnik iz književnih starina srpskih" (Altserb. Wörterbuch, 3 Bde., Belgr. 1864) u. a. Dazu kommen wichtige Abhandlungen über den serb. Accent, sowie eine sprachlich ausgezeichnete serb. Übersetzung des Alten Testaments.

Danǐel, nach Ezechiel 14, 14, 20; 28, 3 eine Figur der israel. Sage, ein Mann der grauen Vorzeit, ein wegen seiner Gerechtigkeit wie Noah und Hiob berühmter Mann. Diesem D. hat ein zur Zeit der Religionsnot (etwa 165 v. Chr.) schreibender Schriftsteller das kanonische Buch D. in den Mund gelegt, indem er ihn infolge eines Mißverständnisses für einen Zeitgenossen des Ezechiel hielt. Hierdurch wird D. zu einem in Babylonien lebenden Juden. Das Buch ist sonach ein Pseudepigraph, d. h. eine derjenigen spätjüd. Schriften, welche vom Verfasser aus der Feder eines berühmten Mannes der Vergangenheit hergeleitet werden, um ihrem Inhalte eine größere Autorität zu sichern. Diese den neuern litterar. Sitten widersprechende Gepflogenheit erklärt sich daraus, daß in jener Zeit die Zugehörigkeit zum Gesetz oder zu alter Überlieferung die religiösen Gedanken und Sitten legitimiert. Das Buch D. ist ein prophetisches Pseudepigraph oder eine Apokalypse (s. Apokalyptik) und zwar die älteste, alle spätern beeinflussende. Mit der Herleitung einer Weissagung von einem Manne der Vorzeit ist der Zwang gegeben, diejenige, in ihrem Geschichtsverlaufe doch bekannte Zeit in den Bereich der Weissagung zu ziehen, die zwischen dem wirklichen und dem fingierten Autor verflossen ist. Es geschieht so, daß die einzelnen Ereignisse verhüllt angedeutet werden. Eben dadurch verrät sich aber die wirkliche Zeit der Abfassung. Denn bis zu dieser pflegt eben alles in einer künstlich dunkel gehaltenen Geschichtsdarstellung zu verlaufen, um dann in wirkliche Weissagung überzugehen. Daran verrät sich auch die Abfassungszeit des kanonischen Buches D. aufs deutlichste. Das Buch setzt nicht nur den Ausbruch des makkabäischen Aufstandes (167 v. Chr.), sondern auch die ersten Siege des Judas (166-165) voraus, weiß aber noch nichts von der Wiedereinweihung des Tempels (25. Kislev 165), steht vielmehr aufs stärkste unter dem Eindrucke, daß derselbe entweiht ist, ohne jede Ahnung, daß eine solche Wendung bevorstehe, erwartet vielmehr in absehbarer Zeit den Anbruch der messianischen Zeit.

Die Absicht des also 165 schreibenden Verfassers ist, seinem Volke Mut einzuflößen, damit es trotz aller Unglücksfälle im Kampfe gegen Antiochus aushalte. Er erreicht dies, indem er im Spiegel der Vergangenheit, an den Schicksalen D.s und seiner Genossen, deutlich macht, daß ihm der Sieg bleiben muß, wenn es am Gesetze festhält und das Martyrium nicht scheut. Zum Troste weissagt er, daß diese Verfolgungen die letzten sein werden, welche das Volk Gottes zu erdulden hat. Der Tyrann Antiochus wird bald gestürzt werden, dann wird das Messianische Reich anbrechen. Die im Martyrium Umgekommenen werden es mit genießen, trotzdem sie vorher gestorben sind, denn sie werden von den Toten auferweckt werden. Die Darstellung zerfällt in einen erzählenden Teil (Kap. 1-6) und einen visionären. Der erste Teil erzählt unter zahlreichen groben Verstößen gegen den Geschichtsverlauf die Schicksale, welche der fromme D. mit seinen Genossen unter Nebukadnezar, Belsazar und Darius dem Meder gehabt hat. D. und seine Genossen sind Abbilder eines gesetzestreuen Juden, die Könige Nebukadnezar, Belsazar, Darius mit ihren unsinnigen Befehlen Abbilder des die Religion verfolgenden Antiochus. Die Visionen erzählen den wunderbaren Aufschluß, welchen D. über die Zukunft erhält. Das Reich des Antiochus ist die von den Propheten geweissagte letzte, schlimmste Phase des Weltreichs, binnen 3 1/2 Jahren bricht das Messianische Reich an. Damit führen sie den vom ersten Teil gegebenen Trost, daß der Sieg den Gesetzestreuen bleibt und die Tyrannen von Gott gestraft werden, noch weiter aus. Eigentümlich ist im Buche D. noch, daß Kap. 2-7 in westaramäischer, oder wie Kap. 2, 4 irrtümlich sagt: chaldäischer, Sprache geschrieben sind. Die frühe Stelle, welche das Buch im hebr. Kanon einnimmt (vor Esra), erklärt sich aus der hohen Wertschätzung, welche es genoß, und der Herleitung von einem Manne des Exils. In der griech. Bibel ist es gar hinter Ezechiel gesetzt worden, und an dieser Stelle steht es auch in der kath. Vulgata und in Luthers Bibel. Die neuern Versuche prot. Theologen (Hengstenberg, Hävernick, Keil u. s. w.), der jüd. Tradition zu Liebe die Herkunft des Buches aus der Zeit des Exils nachzuweisen, verdienen keine ernstliche Widerlegung. - Vgl. Kamphausen, Das Buch D. und die neuere Geschichtsforschung (Lpz. 1893).

Danǐel, Herm. Adalbert, Geograph und Theolog, geb. 18. Nov. 1812 zu Cöthen, widmete sich seit 1830 zu Halle theol. Studien, erhielt 1834 eine Lehrerstelle am Pädagogium zu Halle, wo er, seit 1854 als Professor, bis 1870 ununterbrochen thätig war. D. starb 13. Sept. 1871 zu Leipzig. Seine theol. Hauptwerke sind außer "Tatianus der Apologet" (Halle 1837) besonders die beiden Sammlungen: "Thesaurus hymnologicus" (4 Tle., ebd. 1841-53) und "Codex liturgicus ecclesiae universae in epitomen redactus" (5 Bde., Lpz. 1847-56). Unter D.s weitverbreiteten geogr. Schriften sind hervorzuheben das "Lehrbuch der Geographie für Unterrichtsanstalten" (Halls 1845; 73. Aufl., hg. von Volz, 1891), "Leitfaden für den Unterricht in der Geographie" (ebd. 1850; 195. Aufl., hg. von Volz, ebd. 1893), "Deutschland nach seinen physischen und polit. Verhältnissen geschildert" (2 Bde., 6. Aufl. von Volz, Lpz. 1893 fg.) und das "Handbuch der Geographie" (3 Bde., Frankf. 1859-62; 5. Aufl., 4 Bde., Lpz. 1881-82). Einen Auszug aus letzterm Werke bildet das illustrierte "Kleinere Handbuch der Geographie" (Lpz. 1881-82; 5. Aufl. 1892, hg. von Wolkenhauer). - Vgl. Hermann Adalbert D. Ein Lebensbild (Halle 1872).

Daniellsches Element, s. Galvanisches Element.