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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Diebstahl
Wörtlich gleich lautet der Österr. Strafgesetzentwurf
von 1889, sachlich gleiche Bestimmung hat^das
dsterr. Strafgesetz vvn 1852 (§. 171). Die ^ache
muß eine bewegliche, kann aber von jeder Körper-
form sein: auch Wasser und Leuchtgas können aus
den Leitungen gestohlen werden. Die Sache muß
eine fremde sem, also in eines andern Eigentum
sich befinden. Ob das der Fall, darüber entscheidet
das am Orte der That gellende bürgerliche Recht.
Das gilt z.V. auch von dem Eigentum an Tauben.
Nach ^ßreuß. Allg. Landrecht ist nur derjeuige Tau-
ben zu halten berechtigt, welcher tragbare 'Acker in
der Feldflur eigentümlich besitzt oder benutzt und
zwar nach Verhältnis des Ackermaßes; wer Tauben
eines solchen Besitzers einfängt, begebt einen D.
Tauben anderer Taubenhalter unterliegen dem
freien Tierfang. Dasselbe gilt auch von wilden
Tieren; befinden sie sich aber in einem Wildgartcn
oder (Fische) in einem Fischteich, so sind sie im
Eigentum des audern und ihre Wegnahme ist D.
Auch ein Miteigentümer kann den andern Miteigen-
tümer bestehlen, z. B. der Wechselaussteller den
Acceptanten, in dessen Miteigentum der Wechsel
steht durch Wegnahme und rechtswidrigeZueignung
des Wechsels. Das Wegnehmen setzt voraus,
daß sich die Sache im Gewahrsam eiues andern be-
fand. Verlorene Sachen befinden sich in niemandes
Gewahrsam; der Finder kann die Sache unterschla-
gen, z.B. wenn er dem bestehenden Gebote entgegen
den Fund nicht anzeigt und die Sache wie eine
eigene gebraucht, aber stehlen kann er sie nicht. Zu
den verlorenen Sachen gehört auch ein entlaufenes
Daustier, das die Rückkehrgewohnheit verloren oder
das sich derartig verlaufen hat, daß es sich nicht nach
Hause zurückzufinden vermag. Eine verlegte oder
vergessene Sache ist nicht schon eine verlorene. Oft
kann es zweifelhaft sein, ob ein Wegnehmen aus
fremdem Gewahrsam (D.) oder eine rechtswidrige
Aneignung einer fremden, in eigenem Gewahrsam
befindlichen ^ache (Unterschlagung, s. d.) vorliegt;
so wenn ein Ladenverkäufer Waren aus den Ge-
schäftsvorräten wegnimmt; meist wird es D. sein.
Heimlichkeit ist zur Wegnahme nicht erforderlich; sie
kann auch durch fremde Werkzeuge, auch durch Tiere
erfolgen: Abfressenlassen einer fremden Weide ist D.
Vollendet ist die Wegnahme mit der Aufhebung des
fremden Gewahrsams und der Erwerbung dos eige-
nen (Appreheusi on), nicht erforderlich rst die Voll-
endung der beabsichtigten Zueignung (Ablation);
so kannvollendeter Getreidediebstahl vorliegen, wenn
das Getreide in die mitgebrachten Säcke gefüllt ist,
sollten diese auch zunächst zum Zwecke spätern Ab-
holens auf dem Kornboden versteckt sein. Die Ab-
sicht der Zueignung (diebische Absicht) muß da-
hin gehen, die Sache so zu entzieben, daß man über
dieselbe wie ein Eigentümer verfügen kann. Man
stiehlt ein Sparkassenbuch, wenn es auch nur weg-
genommen wird zur Erhebung eines Teiles der
Einlage und in der Absicht, es später dem Eigen-
tümer wieder zuzustellen. Die Absicht, gerichtet auf
einen nur vorübergehenden Gebrauch, erfüllt den
Thatbestand des D. nicht.
Man unterscheidet verschiedene Arten des D.:
)) Einfacher D. (Strafe: Gefängnis bis zu fünf
Jahren mit fakultativem Ehrverlust). 2) Schwerer
D. (§. 243, Strafe: Zuchthaus bis zu zehn Jahren,
bei mildernden Umständen Gefängnis nicht unter
drei Monaten mit fakultativem Ehrverlust und Zu-
lässigfeit von Polizeiaufsicht). Er ist a. Kirchen-
oieb stahl, wenn aus einem zum Gottesdienste be-
stimmten Gebäude Gegenstände gestohlen werden,
welche dem Gottesdienste gewidmet sind; d. Ein-
bruch sdieb stahl, wenn aus einem Gebäude oder
umschlossenen Raume mittels Einbruchs, Einstei-
gens oder Erbrechens von Behältnissen gestohlen
wird. Gebäude und umschlossene Räume sind Räum-
lichkeiten, welche das Hineingelangen eines Men-
schen zulassen; D. aus einem noch nicht 1 m hohen,
übrigens ordnungsmäßig gebauten Kaninchenstall
mittels Einbruchs ist weder D. aus einem Gebäude
noch aus einem umschlosseneu Raum. Der letztere
muh eineil Teil der Erdoberfläche bilden, also ist
ein auf einem Pfahl ruhender Taubenschlag kein
umschlossener Raum, sondern ein Behältnis. Ein-
bruch setzt Gewalt voraus; sie kann eine geringe -
Zerreißen eines Gazefensters - sein. Einsteigen ist
Eintritt in eine für den Eintritt nicht bestimmte
Öffnung mit Überwindung eines sachlichen Hinder-
nisses; Steigen ist nicht erforderlich, Kriechen,Sprin-
gen, Sichherablassen gellügt, c. D. mit falschen
Schlüsseln, wenn zur Eröffnung eines Gebäudes
oder der Zugänge eines umschlossenen Raumes oder
zur Eröffnung der im Innern befindlichen Thüren
oder Behältnisse falfche Schlüssel oder andere zur
ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmte Werk-
zeuge angewendet werden. Falscher Schlüssel ist
auch der verloren gegangene und durch einen an-
dern ersetzte frühere echte, ä. D. an Gegenstän-
den der Beförderung, wenn auf einem öffent-
lichen Wege, einer Straße, einem öffentlichen Platze,
einer Wasserstraße oder einer Eisenbahn, oder in
einem Postgebäude oder dem dazugehörigen Hof-
raume oder auf einem Eisenbahn Hofe eine zum
Reisegepäck oder zu andern Gegellständen der Be-
förderung gehörende Sache mittels Abschneidens
oder Ablösens der Befestigungs- oder Verwahrungs-
mittel, oder durch Anwendung falscher Schlüssel
oder durch Anwendung anderer zur ordnungs-
mäßigen Eröffnung nicht bestimmten Werkzeuge
(z.B.Anbohren von Fässern) gestohlen wird. 6. Be-
waffneter D., wenn der Dieb oder einer der Teil-
nehmer bei der That Waffen bei sich führt. Gleich-
gültig ist, ob der Dieb die Absicht hatte, die Waffe
nötigenfalls zu gebrauchen, andererseits ob die
Waffe äußerlich so sichtbar getragen wurde, daß der
Bestohlene sich bedroht fühlen konnte, f. Banden-
diebstahl, wenn zu dem D. mehrere mitwirkten,
welche sich zur fortgesetzten Begehung von Raub
oder D. verbunden haben. F. Nächtlicher D.,
wenn der D. zur Nachtzeit, d. i. vom Eintritt der
Dunkelheit nach Untergang, der Sonne bis zum
Beginn der Morgendämmerung, in einem bewohn-
ten Gebäude, in welches sich der Thäter in diebischer
Absicht eingeschlichen oder in welchem er sicy in
gleicher Absicht verborgen hatte, begangen wird,
auch wenn zur Zeit des D. Bewohner in dem Ge-
bäude nicht anwesend sind. Einem bewohnten Ge-
bäude werden der zu einem solchen gehörige um-
schlossene Raum und die in einem solchen befind-
lichen Gebäude jeder Art, sowie Schiffe, welche be-
wohnt werden, gleich geachtet. Zum Einschleichen
werden besondere Veranstaltungen des Thäters
nicht verlangt, jedes geräuschlose, heimliche Ein-
treten genügt; auch liegt der Thatbestand vor, wenn
sofort nach dem Einschleichen gestohlen wird. k. D.
im zweiten Rück fall (§§.244,245). Rückfälliger
Dieb ist, wer im Inlande als Dieb, Räuber oder
gleich einem Räuber oder als Hehler bestraft wor-