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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dortmunder Receß - Doryphoros
Märkischen Eisenbahn im N., Bahnhof der Rhein.-
WeMl. Eisenbahn im S. und D.-Gronau-Ensche-
der Bahnhof im O. und liegt an den Linien Han-
nover-Köln, Hagen-Lüttringhausen-D. (22,3 kni),
D.-Welver (35,8 km), D.-Öberhausen (55,5 km),
Hagen-Witten-D. (31,i km), Hamm-D.-Essen (77,8
km) der Preuß. Staatsbahnen und an derD.-Gro-
nau-Enscheder Eisenbahn (96,i km). Ein Kanal
von D. nach den Emshäfen, für den durch Gesetz
vom 9. Juli 1886 vom Staat 64 Mill. M. bewilligt
wurden, ist im Bau begriffen.
Die Allgemeine Lokal- und Straßenbahn (feit
1881) hatte (1891) 12,72 km Betriebslänge, 35
Wagen, 46 Pferde, 8 Lokomotiven und beförderte
1838000 Perfonen auf den 3 Linien: Steinplatz-
Fredenbaum, Bahnhof-Horde, Dorstfeld-Funken-
burg.
D. hat ein Postamt erster Klasse mit 3 Zweig-
stellen, Telegraphenamt erster Klasse, Fernfprech-
einrichtung (seit 1888) innerhalb der Stadt mit
484 km Leitungsnetz und 289 Fernfprcchstellen
sowie Fernsprechverbindung mit den rhein.-westfä'l.
Industnebezirken. Der gesamte Post- und Tele-
qraphenverkehr betrug (1889) im Eingang: 5406500
Briefe, Postkarten, Druckfachen u. s. w., 276887
Pakete ohne, 40174 Briefe und 4943 Pakete mit
Wertangabe, 60250 Postnachnahmcsendungen und
Auftragsbriefe, 89 263 Telegramme, ferner 1700853
Zeitungsnummern: im Ausgang: 7314900 Briefe
u. s. w!, 213024 Pakete ohne, 33 481 Briefe und
4163 Pakete mit Wertangabe, 83991 Telegramme.
Der Wert der ausgezahlten Postanweisungen betrug
16,863, der eingezahlten 15,104 Mill. M.
4 km nördlich der Stadt und durch Pferdebahn
mit ihr verbunden der vielbesuchte Vcrgnügungsort
Fredenbaum mit großen Parkanlagen. D. ist
Geburtsort von Friedrich Arnold Brockhaus und
Wilhelm Lübke.
Geschichte. Die ältere Geschichte der Stadt
ist sagenhaft ausgeschmückt. Zuerst erwähnt wird
sie 899. Heinrich II. hielt in D. 1005 eine Synode
uud 1016 einen Reichstag ab, auch Kaiser Friedrich I.
saß bei Gelegenheit des Reichstags 1180 hier als
Stuhlherr zu Gericht. Da die Dortmunder Bürger
Zollsrciheit im ganzen Deutschen Reiche erhielten,
entwickelte sich die Reichsfrciheit der Stadt, und der
Handel blühte im 12. und 13. Jahrh, so empor, daß
die Dortmunder Kaufherren sich an den Nieder-
lassungen an den deutschen Ost- und Nordseetüsten
bis Preußen, Polen und Ruhland (Nowgorod), auch
Dänemark und Schweden und namentlich auch in
England (zu London den Stahlhof) beteiligen konn-
ten. Die Stadt wurde wahrscheinlich im 10. Jahrh,
so stark befestigt, daß die Redensart entstand: "So
vast as Dürpcn". Die Dortmunder hielten 1387-
89 nicht nur eine 21 monatige Belagerung seitens
des Erzbischofs von Köln und des Grafen Engelbert
von der Mark mit 47 andern Herren und Rittern
aus, sondern zerstörten auch deren Bollwerke und
Schlösser (die Ravenburg) und erkämpften sich einen
ehrenvollen Frieden. Die infolge der Belagerung
entstandene Finanznot war jedoch fo groß, daß die
(^tadt trotz der drückendsten Steuern sich 1399 vor
dem vollständigen Bankerott sah. Die Folge davon
war, daß die adligen und Patriciergeschlechter,
welche die Stadt rein aristokratisch regiert hatten,
durch eine Revolution der übrigen Bürgerschaft um
1400 gezwungen wurden, aus den sechs Gilden je
ein Mitglied in den Rat aufzunehmen. Später sank
D. mehr und mehr und hatte nach dem Dreißig-
jährigen Kriege nur noch 3000 E. Es wurde 1803
dem Prinzen von Nassau-Oranien zugeteilt, im Okt.
1806 von franz. Truppen befetzt, 1. März 1808 von
Napoleon 1. an den Großherzog von Berg abge-
treten, darauf Hauptort des Ruhrdepartementsund
fiel 1815 an Preußen. Das städtische Archiv zu D.
enthält wichtige Urkunden, namentlich aus der Zeit,
wo hier noch der höchste Freistuhl des Femgenchts
auf "Roter Erde" stand. Als Wahrzeichen dieses
Gerichts steht noch auf einer kleinen Anhöhe westlich
vom Bahnhof der Bergisch-Märtischen Bahn eine
der beiden alten Femlinden, durch Eisendrähte auf-
recht erhalten, darunter der Steintifch "mit des
Reiches Aar", auf welchem "das nackte Schwert
einst und die Weidenfchlinge" lag. - Nach D. ist
auch der Dortmunder Receß oder Vertrag be-
nannt, welcher 10. Juni (neuen Stils) 1609 auf
dem Rathaus zwischen dem Kurfürsten Johann
Iigismund von Brandenburg und dem Pfalzgrafen
Philipp Ludwig von Neuburg in betreff des Iülich-
Clcveschen Erbfolgestreites geschlossen wurde, und
wonach beide Teile bis zur völligen Ausgleichung
die Erbschaft des Herzogs Johann Wilhelm von
Iülich (Iülich, Berg, Cleve, Mark, Navensberg
und Navenstein) gemeinschaftlich verwalten lassen
wollten.
Vgl. die Publikationen des Historischen Vereins zu
D.: Beiträge zur Geschichte D.s (5 Bde., Dortm.
1875-87, mit Arbeiten von Rubel, Döring, Prü-
mer, Sauerland, Mette), Nederhoffs (Hrouica ^i-6-
mouienLium, hg. von Rose (ebd. 1880) und Nübel,
Dortmunder Finanz- und Steuerwefen (Bd. 1, ebd.
1892); ferner Dortmunder Urkundenbuch, bearbeitet
von Rubel und Röfe (Bd. 1 u. 2, 1881-90; die
Dortmunder Chroniken sind als 20. Band der "Chro-
niken der deutfchen Städte", Lpz. 1887, erschienen);
Frensdorff, Dortmunder Statuten ("Hansische Ge-
schichtsquellen", Bd. 3, Halle 1882).
Dortmunder Receß, Dortmunder Ver-
trag, s. Dortmund (Geschichte).
Dortrecht, f. Dordrccht.
Dorum, Flecken im Kreis Lehe des preuß. Reg.-
Bez. Stade, hat (1890) 1692 E., Post, Telegraph,
Amtsgericht (Landgericht Verden), schöne Kirche
(13. Jahrh.) und Nektoratsschule. An der Mün-
dung eines von D. kommenden Siels in das Wat-
tenmeer liegt der kleine Hafen Dorum er Siel.
voruro (frz., spr. -rühr), Vergoldung; vo-
rm-68, reiche Zeuge und Stickereien, Spitzen mit
Goldtressen u. s. w.
Doryläum, alte Stadt in der kleinasiat. Land-
schaft Phrygia Epiktetos am Flusse Tymbres (jetzt
Pursat), hauptsächlich als Knotenpunkt der nach
Pessinus, Prusa, Ancyra und Apamea führenden
Straßen von Wichtigkeit, auch durch warme Bäder
bekannt, lag an der Stelle des jetzigen Eski-Schehr.
Am 1. Juli 1097 erkämpften sich die Kreuzfahrer
unter Bohemund durch einen großen Sieg bei D. den
Durchzug durch das Seldschukenreich Itonium.
Doryphoros (grch., "Speerträger", von 601-7,
"Speer"), eine Statue des Polyklet, welche ehedem
von den Künstlern als eine kanonische Mustersigur
gcfchätzt und daher vielfach, namentlich in der röm.
Kaiferzeit, als Vorbild benutzt wurde. Unter den
antiken Nachbildungen gilt als die beste tüe m 1)er
Palästra von Pompeji gefundene, jetzt im Nu860
naiüiona^ zu Neapel befindliche (s. Tafel: Grie-
chische Kunst II, Fig. 16); eine andere ift im