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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eiskraut - Eisleben
Die Zugangsössnung befindet sich in der Höhe des
Gewölbes an der Nordscite des Gebäudes und ist
durch doppelte und dreifacbe Thüren verschlossen,
derart, daß der eigentliche Eisraum nur durch meh-
rere Vorräume, von denen ieder durch eine beson-
dere Thür absperrbar ist, zu erreichen ist. Zum
Einbringen des Eises ist eine von der Erde bis zur
obern Öffnung reichende schiefe Ebene vorhanden.
Eine sehr wirksame Verbindung der oberirdischen
Eislagerung mit der Vierkcllcrtühlung ist neuer-
dings von Vrainard eingeführt worden (s. die nach-
stehende Abbildung). Dabei liegen die drei Räume:
Eishaus, Gärkeller und Lagerteller, ctagenförmig
übereinander. Der Boden des Eishauses besteht aus
einem Rost von Balken oder Eisenbahnschienen. Der
darunter befindliche Gärkeller hat ein Dach von ge-
welltem Zinkblech. Die im Gärkeller aufsteigende
warme Luft wird an den: Mctalldach, über dem
das Eis lagert, sofort abgekühlt und sinkt durch ihr
höheres Gewicht auf den Boden des Gärkellers
nieder, diefen so auf einer sehr niedern Temperatur
erhaltend. Zur Abkühlung des Lagerkellers sind
Ventilationskanäle angebracht, die aus dem Eis-
hause kalte Luft in den tiefen Keller fallen lassen und
durch andere Kanäle die wärmere Luft in das Eis-
haus führen. - Vgl. Menzel, Bau der E. (5. Aufl.
von Nowak, Lpz. 1883); Vrainards System der Ober-
eislagcrung (in Vcrsch, "Gärungschcmie", Bd. 3:
"Bierbrauerei", Vcrl. 1881); Echlcsingcr, Dcr Eis-
kellcrbau in Massiv- und Holzkonstruktion (2. Aufl.',
cdd. 1886); Schattcburg, Die E., Eishäuser, Kühl-
räumc und Lagerkcllcr (Halle 1803).
Eiskraut, s. Nosomw^aiMoiunm.
Gisleben, Kreisstadt im Manöfcldcr Seckrcis
des preuft. Rcg.-Vez. Mcrscburg, früher .Hauptstadt
dcr Grafschaft Mansfeld, bekannt als Gcburts- und
Stcrbcort Luthers, 38 wn im WNW. von Halle, in
der von zwei Ausläufern des Harzes eingeschlossenen
Mansfclder Mulde, in 124 in Höhe, an dcr Linie
Hallc-Nordhausen-Cassel der Preuß. Staatsbahnen,
ist Sitz des Landratsamtes sür den Mansfclder See-
treis, eines Amtsgerichts (Landgericht Halle) mit
Strafkammer, einer Kreis- mit Forstkasse und Do-
mänenreceptur, Kreis- und Landesbauinspcktion,
Steuer-, Katasteramtes, des königl. Bcrgreviers
Stolbcrg-Eislebcn, sowie der Oberbcrg- und Hüt-
tendirettion der "Mansfelder Kupferschiefer bauen-
den Gewerkschaft" (s. d.), bat (1890) 23897 (11980
männl., 11917 wcibl.) E., darunter 1946 Ka-
tholiken und 177 Israeliten,
H Post erster Klasse, Telegrapb,
Fernsprecheinrichtung, Was-
serleitung, private Gasan-
stalt; eine kath. und fünf
evang. Kirchen, unter diesen
die 1877 restaurierte An-
dreaskirche mit vielen Denk-
malen der alten Grafen von
Mansfcld, der Luthcrkanzel
uud den von Friedrich Wilhelm III. zum Reforma-
tionsjubiläum 1817 geschenkten Büsten Luthers und
Melanchthons, und die 1834-37 restaurierte Petcr-
Paulskirchc mit dem alten Taufste'm, an dem Luther
getauft sein soll, einem Stück seines Mantels und
seinem ledernen Käppchen; ferner ein königl. Gym-
nasium, 16. Febr. 1546 von Luther gestiftet (Direk-
tor I)r. Weicker, 15 Lehrer, 9 Klassen, 212 Schüler),
dessen Gebäude 1883 erbaut ist, ein Nealprogym-
nasium, evang. Schullchrerseminar, Präparanden-
anstalt, 2 Bürgerschulen, kath. und isracl. Schule,
Bergschule, sowie zahlreiche Vereine und Stiftungen.
Das Geburtshaus Luthers brannte 1689 bis auf
das untere Stockwerk ab, wurde aber durch milde
Beiträge wieder aufgebaut und 1693 als Freischule
für arme Waisen eingerichtet. Unter der westfäl.
Herrschaft kam auch die Stiftung ihrem Untergange
nahe, bis 1817 der König Friedrich Wilhelm III.
die Schule znr Luthers-Freischule umgestaltete und
1819 hinter dem alten Luthcrhause, wo mehrere Re-
liquien Luthers aufbewahrt werden, ein neues Ge-
bäude ausführen und mit der Schule ein Schullehrer-
seminar verbinden ließ. Neuerdings wurde auch das
der Andreaskirche gegenüber gelegene Sterbebaus
Luthers restauriert. Seine Räume werden teils vom
Mansfelder Altcrtumsverein, teils als Schultlassen
benutzt. Das bronzene Lutherdenkmal (von Sicme-
ring, gegossen von Gladenbeck) auf dem Markt wurde
10. Nov. 1883 enthüllt. E. hat Fabrikation von
gegossenen Schlackensteinen, Malz, Essig und Schuh-
waren, zwei Dampfbraucrcien, Mahl-und Säge-
mühle, drei Ziegeleien, Samenbau und -.Handel
(Blumen-, Rüben-, Gurken-, Gemüse-, Mohrrübcn-
und Salatsamen), vor allem aber bedeutenden
Bergbau auf Kupfer (1889:15329 t) und Silber
(86 714 IiF). Von den fünf Brauereien liefert eine
noch heute ein Bier, das den seltsamen Namen
"Krabbcl" führt. Der Mansfeldcr Knappschafts-
vercin hat in E. scincn Sitz und in dcr Stadt ein
Lazarett, womit ein irisch-röm. Bad verbunden ist,
errichtet. E. ist auch der Geburtsort des Theologen
Joh. Agricola (Schnitter) und Friedrich Königs, des
Erfinders der Schnellpresse, dessen Vronzebüste (von
Schaper) 1891 aufgestellt wurde. - E. wird zum
erstenmal 994 als Islevo erwähnt; es gehörte
den Grafen von Mansfcld und erlangte seit dem
12. Jahrh, besonders durch den Bergbau Bedeutung.
Durch die Ballernunruhen 1525 wurde auch E. in
Mitleidenschaft gezogen. Nach dem Ausstcrben der
Grafen von Mansfeld (1780) kam E. an Sachsen
und 1815 an Preußen. - Vgl. Krumhaar, Die
Gründung der Neustadt-Eisleben und ihre Geschichte
bis Ende des 16. Jahrh. (Festschrift, Eisl. 1874):