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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Erbeinigung - Erben
derjenige, welchem der Erblasser einen bestimmten
Bruchteil desjenigen Vermögens, über welches er
verfügen darf, z. V. eine Hälfte oder ein Drittel
oder alle Grundstücke oder die ganze Fabrhabe oder
einen Bruchteil aller Grundstücke oder der ganzen
Fahrhabe zuweist. Ein solcher muß stets die Heraus-
gabe von den Vorbehaltserben oder von den Erb-
vermächtnisnchmern oder in Ermangelung auch
solcher von den gesetzlichen E. fordern (Art. 1003 fg.).
Der Erbvcrmächtuisnehmer haftet neben dem Vor-
behaltserben persönlich für Schulden und Lasten
des Nachlasses nach Verhältnis seines Anteiles und
Bruchteiles und Ii^potliocairomsut (das Badiscke
Landreckt sagt: "für Pfandschulden mit dem Pfand-
werte") für das Ganze (Art. 1009): der Erbteilver-
mächtnisnehmer haftet persönlich für Schulden und
Lasten des Nachlasses entsprechend wie jener (hier
übersetzt das Vadische Landrecht "unterpfändlich"),
Art. 1012. Jener muß, von der gesetzlichen Kürzung
abgesehen, die Vermächtnisse ganz entrichten, dieser,
sofern nur über einen Bruchteil verfügt ist, zusam-
men mit den natürlichen E. (das Badische Landrecht
übersetzt "gesetzlichen E.") verhältnismäßig (par ccm-
ti-idntwu), Art. 1009, 1013.
Grbeinigung, s. Erbverbrüderung.
Erbeinfetzung oder Erbeseinsetzung, die-
jenige letztwillige Anordnung, durch welche der Ver-
fügende (Erblasser) einen Erben (s. d.) beruft oder
ernennt, vgl. Preuß. Allg. Landr. 1,12, §.4: Sachs.
Bürgert. Gesctzb. §§. 2166 fg.; Östcrr. Bürgert.
Gesetzb. §. 553. Gültig eingesetzt werden können
nur Erbfähige (s. Erbfähigkeit); wegen der Einfetzung
einer unbestimmten Person s. inckita pei^ou^.
Eine bestimmte Form der Erklärung, welcke die
Anordnung enthält, ist nach Gemeinem Rechte wie
nach allen neuern Rechten nicht erforderlich; es
genügt, daß der Wille, einen Erben einzusetzen, er-
hellt; insbesondere wird nicht verlangt, daß das
Wort Erbe gebraucht sei. Die E. kann sowohl
in einem Testamente als in einem Erbvertrage,
nicht aber in einem Kodieill (s. d.) erfolgen. Nack
dem Coäe civil ist eine E. nur wirksam, soweit der
Erblasser verfügen kann. (S. Erbe.) Das Gemeine
Recht läßt es aber auch zu, daß die Person des
Erben in einer besonders verschlossenen Urkunde
bezeichnet werde; man spricht in diesem Falle von
einem t68wmeutuin invsticnm. Das Preuß. Allg.
Landr. I, 12, §ß. 47, 48 gestattet zwar die Bezeich-
nung des Erben in einer besondern Urkunde, be-
stimmt jedoch ausdrücklich, der Aufsatz müsse dem
Testamente, allenfalls besonders versiegelt, beige-
legt werden. Das Sächs. Bürgerl. Gesetzb. ßß. 2084,
2085 folgt dem Gemeinen Rechte, verlangt in diesem
Falle eine eigenhändig geschriebene und mit dem
Familiennamen unterschriebene Schrift sowie die
Beobachtung aller in dem Testamente getroffenen
Anordnungen, selbst in Ansehung des Äufdewab-
rungsortes. Nach den neuern Rechten kann die E.
auf einen Bruchteil beschränkt sein. Es tritt dann die
gesetzliche Erbfolge in Ansehung desjenigen Vruck-
teils ein, über welchen der Erblasser nicht verfügt
bat; vgl. Preusi. Allg. Landr. I, 12, z. 256; Sacks.
Vürgerl. Gesetzb. §. 2174, u. a. Wegen der E. von
Erben auf bestimmte Gegenstände s. (.'ert". ros. Ist
die E. befristet oder auflösend bedingt, so sind nach
den neuern Gesetzen, welche eine solckc Bedingung
zulassen, ebenfalls die gesetzlichen Erben, sei es als
Vorerben oder Nacherben berufen; vgl. Preuß. Allg.
Landr. I, 12, ß. 259 mit §. 53; Sächs. Vürgerl.
Gesetzb. §H. 2122, 2123,2149. Für das Osterr.
Vürgerl. Gesetzbuch wird das Gleiche angenommen:
jedoch bestehen darüber Meinungsverschiedenheiten.
Das Sächs. Gesetzbuch enthält im §. 2170 eine be-
sondere Vorschrift darüber, wie die E. zu verstehen
ist, wenn dem einen das bewegliche, dem andern
das unbewegliche Vermögen zugewendet ist; es soll
Berufung nach Verhältnis des Wertes angenom-
men werden.
Grbeinsetzungsvertrag, s. Erbvertrag.
Erben, Joseph, czech. Geograph, Statistiker und
Kartograph, geb. 29. April 1830 zu Adlerkosteletz in
Vöbmen, studierte Philosophie und Rechtswissen-
schaft in Prag und wurde 1853 ord. Professor an
der czech. Oberrealschule in Prag. 1862 habilitierte
sich E. als Docent für Industriestatistik am Prager
Polytechnikum und ging nach der 1868 erfolgten
Trennung der Anstalt an das czech. Polytechnikum
über, wo er bis 1873 verblieb. Als die Prager Stadt-
gemeinde im Juli 1870 ein eigenes statist. Bureau
begründete, wurde E. zu dessen Leitung berufen.
E. sckrieb in czech. Sprache eine Geographie und
Statistik von Kärnten und Krain (Prag 1865) und
eine Geographie und Statistik des Russischen Reichs
(ebd. 1868), in deutscher und czech. Sprache seit
1872 Statist.Jahrbücher von Prag. Prag und Vor-
orte betreffen auch E.s Beiträge zum Österreichischen
Städtebuch (Wien 1887, 1888, 1891) und zum
"Bulletin annnel äe8 iiuHlicog ä^8 ^i'Änä^g vill68"
(Budapest 1877-91). Auf kartogr. Gebiete sind zu
erwähnen: eine Sprachenkarte von Europa mit be-
sonderer Berücksichtigung der slaw. Welt, eine Ge-
neralkarte von Böhmen im Maßstabe von 1: 415 000,
beide in czech. Spracke, eine Geschäfts- uno Reise-
karte von Böhmen, Mähren und Schlesien in deut-
scher Sprache (8. Aufl., Tabor 1888) und ein Atlas der
89 Bezirk^hauptmannsckaften Böhmens im Maß-
stabe von 1:100000 (ebd. 1882 fg.).
Erben, Karl Iaromir, czech. Gelehrter und Dich-
ter, geb. 7. Nov. 1811 zu Miletin, studierte in Prag
die Reckte, war bierauf einige Jahre im Staatsdienst
tbätig, durckforschte dann die Archive Böhmens und
beteiligte sich eifrig an den nationalen Bestrebungen
seiner Landslcute. 1851 wurde er Archivar der Stadt
Prag und machte sich um die Organisierung des
Stadtarchivs sedr verdient. Er starb 21. Nov. 1870
zu Prag. E. veröffentlichte "1^68t3. äiploinlttica
nee uoii 6i)i8to1lN'i^ Uoliomi^ 6t Noi-Hviao" (Tl. 1,
für die 1.600-1253, Prag 1855), "Die Primatoren
der königl. Altstadt Prag" (ebd. 1858), "Geschichte
der königl.privilegierten prager bürgerlichen Scharf-
schützen" (Bd. 1,1868). Außer diesen histor. Arbeiten
machteer sich besonders verdient durch eine vorzüg-
liche Sammlung czech. Volkslieder (3 Bde., Prag
1842-45 u. ö.), denen die Melodien (4Hefte, 1844-
47 u. 1860) folgten. Im Geiste dieser Lieder dichtete er
selbst einen "Strauß" ("1<)^ie6", 1853 u. ö.) von
Balladen. Ferner veröffentlichte er eine histor.
Chrestomathie ("V^dm-") aus der czech. Litteratur
(15. bis 18. Jahrh., 2 Bde., 1859-64), gab altczeck.
Werke heraus: von Thomas <Ktitnh (1852), Huß
(3 Bde., 1864-68) n. a. Als Vorarbeiten zur
Aufstellung eines Systems der slaw. Mythologie
sollte dienen: eine czech. Übersetzung und kritische
Ausgabe von Nestors russ. Annalen (1868) und vom
Liede vom Heereszug Igors und der Zaoonscina
(1869), ferner "Hundert Volksmärchen u. s. w. in
den ursprünglichen Dialekten", auch u. d. T. "Sla-
wisches Lesebuch" (Prag 1863-65).
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