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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Erfurter Kongreß; Erfurter Parlament; Erg; Ergamenes; Ergane; Ergänzendes Recht; Ergänzungsbillets; Ergänzungsfarben; Ergänzungsgeschworene

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Erfurter Kongreß - Ergänzungsgeschworene, Ergänzungsrichter, Ergänzungsschöffen

tauschplatz zwischen fränk. und slaw. Waren. Das 741 von Bonifatius gegründete Bistum ging jedoch bald wieder ein. Es scheint mit dem zu Mainz vereinigt worden zu sein, denn die Mainzer Erzbischöfe treten bald nachher als Herren in E. auf. Karl d. Gr. erhob E. 805 zu einem der Stapelplätze für die Slawen. Genauere Nachrichten beginnen erst mit dem 13. Jahrh., als ein fast selbständiger Rat entstand, der die frühern mainzischen Beamten ganz aus der Verwaltung verdrängte. Seitdem nahm die Stadt einen großen Aufschwung und wurde Mittelpunkt des Handels von ganz Thüringen. Mit den benachbarten Fürsten, namentlich mit den Landgrafen und spätern Herzögen von Sachsen kam es zu heftigen und lange dauernden Fehden, während deren E. dreimal belagert wurde. Allein der Rat ging siegreich aus allen Kämpfen hervor. Die höchste Blüte fällt in das Ende des 14. und den Anfang des 15. Jahrh. Die Erstarkung der landesherrlichen Macht der Herzöge von Sachsen führte zunächst einen Stillstand in der Ausdehnung des Gebietes herbei, und die Übergriffe der sächs. Beamten veranlaßten zahllose Klagen und Gegenklagen, in deren Folge der Stadt oft genug die Straßen seitens Sachsens gesperrt wurden. Als 1480 der Wettiner Albrecht erzbischöfl. Statthalter in E. werden sollte, ließ der Rat ihn nicht ein, worauf der Kurfürst von Sachsen die Stadt so bedrängte, daß sie sich 1483 zu einem Schutzvertrage entschließen mußte und zur jährlichen Bezahlung von 1500 Gülden. 1509 und 1510 fanden infolge der Verschwendung des Rats durch kostspielige Bauten Aufstände des Volks statt. Erst nach der Mitte des 17. Jahrh. gelang es Kurmainz, seine Ansprüche auf E. vollkommen geltend zu machen; mit Hilfe von franz. und Reichsexekutionstruppen wurde die Stadt durch Kurfürst Johann Philipp von Mainz 1664 genommen, Sachsen aber verzichtete auf seine Schutzgerechtigkeit. Seitdem blieb E. ein unbestrittenes Besitztum der Kurfürsten von Mainz, die es zugleich mit dem Eichsfeld (s. d.) durch Statthalter regieren ließen, bis es 1802 nebst jenem an Preußen kam. Nach der Schlacht bei Jena ging E. durch Kapitulation 16. Okt. 1806 an die Franzosen über und blieb unmittelbar unter franz. Herrschaft, während das Eichsfeld nachher zu Westfalen geschlagen wurde. Vom 27. Sept. bis 14. Okt. 1808 fand in E. eine Zusammenkunft Napoleons mit dem Kaiser Alexander I. von Rußland statt, der sog. Erfurter Kongreß, bei welchem auch die Könige von Sachsen, Bayern, Württemberg und Westfalen, Vertreter Österreichs und Preußens, der Fürst-Primas und viele andere Große erschienen und zahlreiche Festlichkeiten veranstaltet wurden. In dem Vertrage vom 12. Okt. wurde das Tilsiter Bündnis zwischen Frankreich und Rußland erneuert. Im Jan. 1814 ergab sich die Stadt an die Preußen; die Citadelle erst im Mai dieses Jahres. Infolge des Wiener Kongresses kam E. nebst seinem Gebiete (770 qkm mit etwa 45000 E.), von dem jedoch etwa die Hälfte an Weimar abgetreten ward, und dem Eichsfelde wieder unter preuß. Hoheit. Im Frühjahr 1850 tagte in der Kirche des Augustinerklosters das Erfurter Parlament (s. d.). Seit der Aufhebung der Festung (1873) geht die Stadt einer bedeutenden Zukunft entgegen. 1894 fand eine thüring. Gewerdeausstellung in E. statt.

Vgl. Falkenstein, Thüring. und erfurtische Chronika (5 Tle., Gotha 1749); Dominikus, E. und das Erfurter Gebiet (2 Tle., ebd. 1793); Beyer, Neue Chronik von E. (Erf. 1822-23); ders., Geschichte der Stadt E. bis 1664 (Halle 1893); Schorn, Über altdeutsche Skulptur, mit besonderer Rücksicht auf E. (Erf. 1839); Puttrich, Denkmale der Baukunst des Mittelalters in Sachsen, Abteil. 2, Heft 14-16 (Lpz. 1846); Konrad Stolles thüringisch-erfurtische Chronik, hg. von Hesse (in der "Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart", Bd. 32, Stuttg. 1854); C. Herrmann, Bibliotheca Erfurtina (Erf. 1863); von Tettau, E. in seiner Vergangenheit und Gegenwart (ebd. 1868; 2. Aufl. 1880); ders., Die Stadt E. und der Erfurter Landkreis (in der "Beschreibenden Darstellung der ältern Bau-und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen", Heft 13, Halle 1890); Lambert, Die ältere Geschichte und Verfassung der Stadt E. (ebd. 1868); Kirchhoff, Die Weistümer der Stadt E. (ebd. 1870); ders., E. im 13. Jahrh. (Berl. 1870); Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete (Bd. 1: "Erfurter Denkmäler", Halle 1870; Bd. 8: "Akten der Erfurter Umversität", 2 Tle., ebd. 1881-84; Bd. 23: Beyer, "Urkundenbuch der Stadt E.", Tl. 1 u. 2, ebd. 1890-94); Kruspe, Die Sagen der Stadt E. (2 Bdchn., Erf. 1878); Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von E. (Heft 1 - 15, ebd. 1865-92); Röll, Erfurt (in den "Europäischen Wanderbildern", Zür. 1888).

Erfurter Kongreß, s. Erfurt.

Erfurter Parlament, die Versammlung, die vom 20. März bis 29. April 1850 in Erfurt tagte und von den auf Grund des Dreikönigsbündnisses (s. d.) zur sog. Union zusammengetretenen Staaten zur Beratung des Verfassungsentwurfs für den geplanten Bundesstaat einberufen worden war. (S. Deutschland und Deutsches Reich, Bd. 5, S. 192 b.)

Erg, die Arbeitseinheit nach absolutem Maß (f. Maß und Gewicht im absoluten Sinne), d. i. die Arbeit, welche die Kraft ein Dyne (s. d.) auf 1 cm Wegstrecke leistet.

Ergamenes, äthiop. König von griech. Bildung, welcher das ganze obere Nilland beherrschte. Er war ein Zeitgenosse des ägypt. Königs Ptolemäus Philadelphus (3. Jahrh. v. Chr.). Seine Hauptstadt war Napata, bei dem heutigen Berge Barkal. Er brach die hierarchische Gewalt, welche bis zu seiner Zeit die Priester selbst über den König hatten, und verlegte dann seine Residenz nach dem südl. Meroe, wo in der Nähe von Begerauieh noch jetzt seine halbzerstörte Grabpyramide steht.

Ergane, Beiname der Athena (s. d., Bd.2, S. 27 a).

Ergänzendes Recht, s. Dispositivgesetze.

Ergänzungsbillets oder Zuschlagsbillets, s. Eisenbahntarife (Bd. 5, S. 890 a).

Ergänzungsfarben, soviel wie Komplementärfarben (s. d.).

Ergänzungsgeschworene, Ergänzungsrichter, Ergänzungsschöffen können bei Verhandlungen von längerer Dauer auf Anordnung des Vorsitzenden zugezogen werden. Dieselben müssen der ganzen Verhandlung beiwohnen, dürfen bei der Entscheidung aber nur mitwirken, wenn durch Verhinderung eines Geschworenen, Richters oder Schöffen ein Ausfall an der gesetzlich vorgeschriebenen Anzahl eintritt. (Vgl. Deutsches Gerichtsverfassungsges. §. 194; Strafprozeßordn. §. 285.) Die Österr. Strafprozeßordnung sagt statt Ergänzungsgeschworene, Ergänzungsrichter: Ersatzgeschworene, Ersatzrichter (§§ 221, 310), und gebraucht jene Ausdrücke für Hilfsgeschworene