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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Essen (Stadt)
als Bürgerschule, 1824 als Gymnasium gegründet;
simultanes städtisches Realgymnasium mit Vor-
schule; städtische Realschule (ftüher höhere Bürger-
schule) und städtische Fortbildungsschule (Realgym-
nasium: Direktor Dr. Heilermann, 13 Lehrer,
8 Klassen mit 194 Schülern, 8 Vorklassen ^Vorschule j
mit 3 Lebrern und 81 Schülern. Realschule: Direk-
tor Professor Dr. Welter, 20 Lebrer, 15 Klassen mit
454 Schülern. Städtische Fortbildungsschule: Di-
rektor Di-. Heilermann, 55 Lehrer, 24 Klassen mit
943 Schülern); je eine städtische und private höhere
Mädchenschule (erstere mit 412 Schülerinnen), Pro-
vinzialtaubstummenanstalt (55 Zöglinge), 7 evang.,
8 kath., 1 altkath., 1 israel. Voltsschule mit zu-
sammen 203 Klassen (7205 Schüler, 7238 Schülerin-
uen), eine Bergschule, gewerbliche Fortbildungs-,
Handelsschule und eine Präparandenanstalt; außer-
dem eine Industrie- und Haushaltungsschule auf den
Kruppschen Werken. Es bestehen ein Historischer
Vereiu für Stadt und Stift E., Gcwerbeverein mir
umfangreicher Bibliothek, Lokalabteilung des Land-
wirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen, eine Orts-
gruppe des Deutschen Sprachvereins und ein Kauf-
männischer Hilfsverein (eingeschriebene Hilfskasse).
Gemeinnützige und Wohlthätigkeits-
anstalten. Der Ertrag der "Krnppstiftung der
Stadt E." (500000 M.) ist zu gemeinnützigen und
wohlthätigen Zwecken bestimmt. Ferner bestehen
Anstalten für verlassene Kinder und arme Wöch-
nerinnen, ein städtisches Hospital, evang. Kranken-
haus "Huyssens Stift", kath. Krankenhaus, evaug.
Waisenhaus, Armenhaus sowie zahlreiche Stiftun-
gen der Familien Krupp und Waldthaufen.
Industrie, Gewerbe und Handel. Ihre
Blüte verdankt die Stadt in erster Linie dem großen
Reichtum an Steinkohlen (s. Rheinisch-Westfälisches
Kohlenbecken) und der durch diefen hervorgerufenen
Eisenindustrie. Im Weichbilde der Stadt befinden
sich die Tiefbauanlagen: Zechen Hercules, Graf Veust
und Ernestine, Victoria Mathias, Vereinigte Sälzer
uud Neuack und Vereinigte Hoffnung und Sekreta-
rius Aak, die (1893) 3525 Arbeiter beschäftigten
und 994679 t Kohlen förderten. Die in Stadt- und
Landkreis E. bestehenden 35 Steinkohlenzechen be-
schäftigten 1892: 27189 Arbeiter und förderten
7877 724 t, 1893: 27606 Arbeiter und 8269 774 t.
Die Industrie ist vertreten durch eine Gußstahlfabrik
(Krupp, s. d.), ein Blechwalzwerk (Aktiengesell-
schaft Schulz, Knaudt & Co.), Dampfkesselfabriken
(Bernincchaus & Sohn, Carl Lange), Maschinen-
bauanstalten (Aktiengesellschaft Union, Emil Wolfs),
6 Eisen-, 4 Gelbgießereieu, 1 chem. Fabrik, 3 Stock-,
14 Liqueur- und 4 Senffabriken, 5 Färbereien,
9 Ziegeleien, 2 Kaltbrennereien, 2 Dampfmahl-
mühlen, 10 Brauereien, Wollwäscherei, 6 Dampf-
Waschanstalten und 4 Steinbrüche mit Steinmetzwcrk-
stätten. Von den Gewerben ist namentlich das Bau-
gewerbe stark vertreten. E. ist Sitz der 1. Sektion der
Rheinisch-Westfälischen Hütten- und Walzwerks-Be-
rufsgenossenschaft. Ende 1893 hatte E. 1 Ortskran-
kenkasse (4873 Mitglieder, 112227 M. Einnahmen,
107 790 M. Ausgaben, 70331 M. Vermögen), 8 Be-
triebs-(Fabrik-)'trankenkasseu (18326, 574275 M.,
560803 M., 588476 M.) und 3 Innungskranken-
tassen (1770, 43970 M., 40782 M., 20266 M.).
Der Großhandel erstreckt sich auf die Erzeug-
nisse des Bergbaues, der Eisen- und Stahlindustrie
und der Landwirtschaft sowie auf Wolle, Kolonial-
und Farbewaren, Manufaktur-, Kurz-, Weiß- und
Wollwaren. Der Handel wird unterstützt durch eine
Reichsbankstelle (Umsatz 1893: 1288,?69 Mill. M,),
Handelskammer, Frucht- und Industriebörse sowie
zahlreiche Kram-, Pferde- und Schlachtviehmärkte.
In der städtischen Sparkasse (1841 gegründet) waren
(Ende 1893) auf 23 784 Bücher 17 525 003 M. ein-
gelegt. In dem städtischen Leihbaus (1881 gegrüu-
det) befanden sich (Ende 1893/94) 7149 Pfänder im
Werte von 86 242 M. Neben verschiedenen Bant-
häuseru habeu in E. ihren Sitz die Essener Kredit-
anstalt (Reingewinn 1893: 936604 M.), die West-
deutsche Versicherungs - Aktienbank (Gewinn' 1893:
2894993 M.) und folgende Bergwerks-Aktiengesell-
fchaften und Gewerkfchaften: Ärenbergsche Aktien-
gesellschaft für Bergbau und Hüttenbetrieb, Verg-
werksgesellschaft Vereinigter Vonifacius, Kölner
Vergwerksverein, Bergwerksverein König Wilhelm,
Vergwerksgesellschaft Dahlbusch, Vergbaugesell-
schaft Neu-Essen, Aktiengesellschaft Nordstern, Zeche
Vereinigter Sälzer und Neuack, Zeche Vereinigter
Hoffnung und Secretarius Aak.
Verkehrswesen. E. liegt an den Linien E.-
Winterswyt (73,9 km), Hamm-E.-Duisburg-M.-
Gladbach (140,8 km), Bochum-E. (15 km), E.-Kett-
wig-Düsseldorf (34,6 km), Kalk-Deutz-Speldorf-
Dortmund und E. - Altenessen (6,3 km) und hat
2 Bahnhöfe, den Bergifch-Märkifchen im S. und
den Rheinifchen Bahnhof im N. der Stadt, letztern
nur für die beiden zuletzt genannten Eisenbahn-
linien. Der Gesamtgüterverkehr auf den Eifenbah-
ncn betrug (1893) 2988442 t, daruuter 1140511 t
angekommene Güter. - Der Verkehr auf der neuen
Straßenbahn nach Vredeney, Borbeck, Altenessen
und Altendorf ist außerordentlich stark.
E. hat ein Postamt erster Klasse mit zwei Zweig-
stellen, ein Telegraphenamt erster Klasse und Fern-
sprecheinrichtung (302 Teilnehmer). 1893 kamen an
(gingenab) 4464616 (7264114) Briefe, Postkarten,
Druckfachen und Wareuproben, 329394(223334)
Pakete ohne, 27788 (36642) Briefe und 6515 (3976)
Pakete mit Wertangabe, 34827 Postnachnahme-
senduugenund 21208 Postauftragsbriefe; 4594037
Zeitungsnummern wnrden abgesetzt. Der Wert der
ausgezahlten Postanweisungen betrug 11,4?8, der
eingezahlten 16,790 Mill. M.
Geschichte. Das ehemalige reichsunmittelbare
Venediktinernonncnstift E. (in lat. Urkunden des
Mittelalters ^8wiä, ^Ltuiäs) wurde 874 durch den
Bischof Alfred von Hildesheim gestiftet. Die Äb-
tissin Hagona, eine Schwester König Heinrichs I.,
gestaltete den Ort durch Ummauerung im 10. Jahrh,
zu einer Stadt, als welche sie zuerst 1003 geuannt
wird. Das Stift stieg durch Privilegien und Schen-
kungen zu solcher Bedeutung, daß es 1275 zu einem
kaiscrl. freiweltlichen Stist und die Äbtissin zur Für-
stin erhoben wurde. Die Schirmvogtei übten die
Grafen von Verg-Altena und von der Mark, spä-
ter deren Nachfolger, die Herzöge von Iülich-Cleve-
Berg und Kurfürsten von Brandenburg. 1598
und 1627 wurde E. von den Spaniern, 1629 von
den Niederländern und 1641 durch die Branden-
burger unter Sparre eingenommen. Das 1803
säkularisierte Stist, dessen Gebiet etwa 165 hkm,
zwei Städte (E. und Steele) und 14000 E. umfaßte,
wurde 1802 von Prenßen als Entschädigung in Be-
sitz genommen und letzterm im Neichsdeputations-
hauptschluh von 1803 förmlich abgetreten. Seit 1807
dem Großherzogtum Berg einverleibt, kam es 1813
(formell 1815 durch den Hiener Kongreß) wiederum