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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Essen (Stadt)

das 1., 3. und 4. Bataillon des 78. ungar. (slawon.)Infanterieregiments "Freiherr von Sokčević" und die 26. Batteriedivision; Artillerie-Zeugdepot, Festungsstrafhaus; 6 Kirchen, 2 Kloster, eine schöne Synagoge, ein kroat. Staatsobergymnasium, eine Staatsoberreal-, höhere Mädchen mit Mädchengewerbeschule. In der Festung, von Kaiser Leopold I. angelegt, sind bemerkenswert die Kommandantenwohnung und das Rathaus in der obern Stadt, das schöne Komitatshaus und das Kasino mit Theater in der untern Stadt. Die Industrie erstreckt sich auf Seidenspinnerei und Müllerei (8 große Dampf-, 33 Flußmühlen), der Transitohandel auf Getreide, Mehl, Holz (Dampfsägewerke), eichene Faßdauben, die hauptsächlich nach Frankreich ausgeführt werden, Obst, Honig, Slivowitz und Spiritus, Borstenvieh, Bretter, Baranyaer und Syrmier Wein und Bácser Flachs. Bei E. befindet sich das Schloß des Grafen Pejačević mit schönem Park. E., zu Römerzeiten unter dem Namen Mursia bekannt und Sitz des Präfekten von Unter-Pannonien, kam 1526 unter türk. Herrschaft. 1690 befreite Graf Guido Starhemberg E. von den Türken; 1712 wurde die heutige Festung angelegt. In der Revolution von 1848 wurde E. anfangs vom Grafen Kas. Batthyányi für die ungar. Regierung behauptet, nach einer mehrwöchigen Belagerung aber 23. Febr. 1849 von dem kaiserl. General Baron Trebersberg genommen.

Essen. 1) Landkreis, ohne die Stadt E., im preuß. Reg.-Bez. Düsseldorf, hat 189,58 qkm, (1890) 163003 (85764 männl., 77239 weibl.) E., 3 Städte und 21 Landgemeinden. 2) Stadt und Stadt kreis (881 ha) im preuß. Reg.-Bez. Düsseldorf, liegt ^[Abb.] in fruchtbarer und an Mineralschätzen überaus reicher Gegend, auf Ausläufern der die Wasserscheide zwischen Emscher (8 km von der Stadt) und Ruhr (5 km) bildenden Ardeyberge, in 79 m Höhe, am Limbeckbache und an der Berne, zwei linksseitigen Zuflüssen des ^[richtig: der) Emscher. Die Stadt, die äußerlich durch die weithin sichtbaren zahlreichen Schornsteine als Fabrikstadt gekennzeichnet wird, hat im Innern schöne saubere Straßen und zahlreiche neue Häuser.

Bevölkerung. E. hatte 1880: 56944, 1885: 65064,1890: 78706 (40574 männl., 38132 weibl.) E., darunter 45316 Katholiken, 31859 Evangelische, 341 andere Christen und 1190 Israeliten, 4996 Wohnhäuser (143 unbewohnte), 15828 Haushaltungen und 19 Anstalten. 1894 hatte E. 91157 E. Die Zahl der Geburten betrug (1893) 4015, darunter 127 Totgeborene, der Eheschließungen 893, der Todesfälle 2021. Gebäude und Denkmäler. E. hat 2 evang. (Paulus und Marktkirche), 3 kath. Kirchen (Münster-, Marien und Gertrudiskirche), eine Kapelle und eine Synagoge. Eine kath. (St. Josephs-) und eine evang. (Kreuzes-)Kirche sind (1894) noch im Bau. Die got. Pauluskirche, 1872 von Flügge erbaut, hat drei gemalte Oberfenster, die got. Gertrudiskirche, 1877 von Ringlake in Düsseldorf erbaut, einen Turm (1889). Die Münsterkirche, eins der ältesten erhaltenen christl. Baudenkmäler Deutschlands, ist 1881 86 von Zindel wiederhergestellt; der Westchor, aus drei Seiten eines Oktogons geschlossen, aus dem 10. Jahrh., die Krypta unter dem Ostchor laut Inschrift 1051 geweiht, das got. Schiff und der Chor nach einem Brande 1265-1316 erbaut, mit neuem Dachreiter, die Sakristei von 1554. Merkwürdig sind ein siebenarmiger Leuchter aus Erzguß (von der Äbtissin Mechtildis, Nichte Kaiser Ottos II., 998 geschenkt) sowie eine überaus reiche Schatzkammer; der schöne Kreuzgang stammt aus dem 11. und 12.Jahrh. Von weltlichen Bauwerken sind hervorzuheben: das neue Landgerichtsgebäude, das got. Rathaus in der Burgstraße, 1875 von Zindel erbaut, mit Turm, gemalten Fenstern und den Bildern der Kaiser Wilhelm I. und Friedrich III., Bismarcks, A. Krupps und des Oberbürgermeisters Hache, das Postamt an dem schönen Burgplatz, das Gymnasium, die Realschule, die Reichsbank, das Knappschaftsgebäude, zwei Krankenhäuser, ein Hospital und das neue, aus einem Geschenk (500000 M.) des Friedr. Grillo erbaute und Sept. 1892 eröffnete Stadttheater. Gegenüber dem Rathaus steht das Bronzestandbild Krupps (s. d.) von Professor Schaper in Berlin; ein zweites Kruppdenkmal (3 m hohe Bronzestatue) von Aloys Mayer und W. Menges in München wurde 28. Aug. 1892 enthüllt; auf dem Kochstadtplatze ^[richtig: Kopstadtplatze] ein Kriegerdenkmal von Ernst Seger.

Verwaltung. Die Stadt wird verwaltet von einem Oberbürgermeister (Zweigert, seit 1886, 12000 M.), 4 Beigeordneten (2 besoldet) und 36 Stadtverordneten. Die Polizeimannschaft besteht aus 1 Polizeiinspektor, 5 Kommissaren, 5 Wachtmeistern, 40 Sergeanten und 40 Schutzleuten; die Feuerwehr aus mehrern Freiwilligen und einem städtischen Hydrantenkorps. Das Wasserwerk in der Gemeinde Bergerhausen an der Ruhr versorgt die Stadt E. mit gutem Trinkwasser (1893/94: 6,774 Mill. cbm); die Gasanstalt gab (1893/94) 4,194 Mill. cbm Gas ab, darunter für öffentliche Beleuchtung (2091 Flammen) 847 787 cbm, für Heiz und technische Zwecke 306995, für Privatbeleuchtung (22500 Flammen) 2,160 Mill. cbm. Auf dem städtischen Schlacht und Viehhof (Einnahme 258598 M.) wurden (1893/94) aufgetrieben: 38479 Großvieh, 82 Pferde, 45748 z Schweine, 32501 Kälber, 10017 Schafe, 23223 Ferkel; geschlachtet: 573 Pferde, 1400 Ochsen, 3368 Rinder und Kühe, 33306 Schweine, 12807 Kälber und Spanferkel, 6564 Schafe und Ziegen.

Finanzen. Am 1.April 1894 betrugen die Schulden der Stadt 9.7 Mill. M. Nach dem Etat für 1893/94 stellten sich die Einnahmen auf 3,334 Mill. M., darunter 60000 M. indirekte Abgaben;.für Unterrichtszwecke wurden aufgewendet 647000 M., für Beleuchtung 104900 M., für Straßenreinigung 6000 M., für Armenwesen 267 000 M.

Behörden. E. ist Sitz des Landratsamtes des Landkreises E., eines Landgerichts (Oberlandesgericht Hamm) mit 8 Amtsgerichten (Bochum, Borbeck, E., Gelsenkirchen, Hattingen, Steele, Wattenscheid, Werden) und Kammern für Handelssachen in E. und Bochum, eines Schwurgerichts, Amtsgerichts, Steueramtes mit Steuerkasse, zweier Katasterämter, eines königl. Eisenbahnbetriebsamtes (499,94 km Bahnlinien) der Eisenbahndirektion Köln (rechtsrheinisch), des Eisenbahnabnahmeamtes (s. d.), einer Kreisbau und -Schulinspektion, Reichsbankstelle und Handelskammer.

Schul und Bildungswesen. E. hat ein simultanes königl. Gymnasium mit städtischem Kompatronat (Direktor Dr. Contzen, 21 Lehrer, 15 Klassen, 464 Schüler), aus der Vereinigung des kath. Iosephinums und der evang. Bürgerschule, 1819