Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

441

Eutyches - Evangelien und Evangelienkritik

dem Tode dieses Kaisers Kammerherr des jungen Arcadius und Gegner des leitenden Ministers Rusinus.Er bestimmte den Arcadius, April 395 n. Chr., nicht des Rufinus Tochter, sondern Eudoria (s. d.), des Franken Bauto Tochter, zu heiraten. Als nachher der got. General Gainas, der Freund des weström. Staatsmanns Stilicho, 27. Nov. 395 den Rufinus hatte niederhauen lassen, wurde E., der dieser Gewaltthat gewiß nicht fremd war, der führende Staatsmann des Reichs, auf den nun auch die Würden eines Patricius (398) und des Konsulats (399) gehäuft wurden. Dem Rufinus folgte er in der Politik thörichter Feindschaft gegen das Abendländische Reich, zunächst gegen dessen Lenker Stilicho, mit dem E. im Sommer 396 n. Chr. auf Grund des westgot. Krieges im Peloponnes völlig brach, um dann Alarich, dem Verwüster Griechenlands und Stilichos Gegner, einen günstigen Frieden zu bewilligen und die Mauren zum Aufstand gegen Stilicho aufzuhetzen. Stilichos Einfluß scheint nachher bei E.' Ende mitgewirkt zu haben. Als nämlich 398 in Kleinasien die Empörung des Goten Tribigild ausbrach, erzwang Gainas, der diesen Aufstand dämpfen sollte, im Einverständnis mit der Kaiserin Eudoria Ende Jan. 399 die Absetzung des E., der bald darauf wider die ihm gemachte Zusage in Chalcedon enthauptet wurde.

Euty̆ches, Archimandrit zu Konstantinopel im 5. Jahrh., Vertreter der dogmatischen Ansichten des Cyrillus (s. d.) von Alexandria und der Alexandrinischen Schule. Die Lehre der letztern, der Gottmensch habe nach der Vereinigung der beiden Naturen nur eine Natur, die Natur des fleischgewordenen Logos, gehabt, führte er bis zu der Folgerung fort, Christi Leib sei dem Leibe anderer Menschen nicht wesensgleich. Wegen dieser Ansichten auf einer Synode zu Konstantinopel 448 angeklagt und von seinem Bischof Flavianus abgesetzt, fand er in der Gunst des Ministers Chrysaphius und des alexandrinischen Patriarchen Dioskorus sowie in der ägypt. Mönchspartei eine mächtige Stütze. Auf dem unter seinem Vorsitz versammelten Konzil zu Ephesus 449 setzte Dioskorus mit Hilfe seiner bewaffneten Mönche die Freisprechung des E., die Verurteilung Flavians und die kirchliche Sanktion der alexandrinischen Lehre von der einen Natur durch. Indes wurden schon 451 zu Chalcedon die Beschlüsse von Ephesus durch die Gegenpartei annulliert, die Synode des Dioskorus als Räubersynode gebrandmarkt, der Eutychianismus für Ketzerei erklärt und gegen ihn festgesetzt, daß in der einen Person Christi beide Naturen ohne Vermischung und Verwandlung miteinander vereinigt seien. Doch erhielten sich die Monophysiten (s. d.), von den Orthodoxen Eutychianer genannt, als getrennte Kirchenpartei in Armenien, Ägypten und Äthiopien.

Eutychiāner, Eutychianismus, s. Eutyches.

Euxanthīnsäure, Purreesäure, Porrissäure, C19H15O10 ^[C<sub>19</sub>H<sub>15</sub>O<sub>10</sub>], eine organische Säure, die als Magnesiasalz den Hauptbestandteil des Purree, eines aus Ostindien und China in kugeligen Massen von 100 bis 120 g in den Handel kommenden Farbstoffs unbekannter Abstammung, bildet. Das basische Magnesiumsalz dieser Säure ist die in der Ölmalerei benutzte Farbe Jaune indien oder Indian Yellow. Durch Kochen mit verdünnter Schwefelsäure wird es gespalten in Glykuronsäure (s. d.) und Euxanthon (Dioxydiphenylenketonoxyd).

Euxanthōn, s. Euxanthinsäure. ^[Spaltenwechsel]

Euxenīt, rhombisches, selten krystallisiertes, gewöhnlich derbes, bräunlichschwarzes Mineral, im wesentlichen titansaure und niobsaure Yttererde (Erbinerde) und Uranbioxyd. E. findet sich besonders bei Jölster im Bergenstift (Norwegen) und im Pegmatit bei Arendal.

Eva (hebr. Chavvâ), nach dem Schöpfungsmythus des 1. Buchs Mose die Frau des ersten Mannes und Stammmutter des menschlichen Geschlechts. Die Bedeutung des Namens ist wie die Herkunft dieser mythischen Figur noch nicht genügend erklärt. (S. Adam.) - E. heißt auch der 164. Planetoid.

Evacuantĭa (lat.), ausleerende Mittel, s. Ausleerung.

Evadne, lat. für Euadne (s. d.).

Evagŏras, lat. für Euagoras (s. d.).

Evagrĭus, lat. für Euagrios (s. d.).

Evakuation (lat.), Räumung, s. Krankenzerstreuung; evakuieren, ausleeren, räumen; in der Physik: einen luftleeren Raum erzeugen.

Evalvieren oder valvieren, das franz. évaluer (aus dem lat. valere, gelten), die Geltung, den Wert eines Objekts abschätzen oder feststellen, namentlich von Münzen gebräuchlich (s. Valvation).

Evan, s. Evoe.

Evánder, s. Euandros.

Evangeliarĭum, s. Lektionarium.

Evangelical Alliance (engl., spr. iwänndschéllikäll älleiĕnß), s. Evangelische Allianz.

Evangelical Association of North-America (engl., spr. iwänndschéllikäll ässoßĭehsch'n), s. Albrechtsleute.

Evangelical Friends (engl., spr. iwänndschéllikäll frennds), s. Quäker.

Evangelĭen und Evangelienkritik. Die Botschaft von Jesus als dem erschienenen Heiland, ursprünglich mit dem Namen Evangelium (s. d.) bezeichnet, wurde anfangs nur mündlich überliefert. Später entstanden schriftliche Aufzeichnungen der Reden oder Aussprüche Christi, bald auch größerer oder kleinerer Erzählungsgruppen, bis etwa ein Menschenalter nach Jesu Tod die ersten zusammenhängenden Niederschriften über Leben, Leiden und Sterben Christi in Umlauf kamen. Um die geschichtliche Erinnerung rankte sich im Laufe der Zeit die Sage; bewußt oder unbewußt symbolische Darstellungen wurden als eigentliche Geschichtserzählungen verstanden. Nachbildungen alttestamentlicher Vorbilder, gesteigerte Vorstellungen über Christi Ursprung und messianische Macht, endlich die verschiedenen Auffassungen seines messianischen Werkes und des Verhältnisses desselben zur jüd. und zur heidn. Welt ließen auch Lehre und Lebensbild Jesu immer wieder in neuer Beleuchtung erscheinen. So erwuchs bis zum Anfange des 2. Jahrh. eine ganze Litteratur von Darstellungen des Evangeliums, oder wie diese Schriften später hießen, von Evangelien. Gegen Ende des 2. Jahrh. wurden die vier Evangelien nach Matthäus, nach Markus, nach Lukas und nach Johannes herausgehoben, von der Kirche ausschließlich mit kanonischem Ansehen bekleidet und auf die Männer, nach denen sie benannt waren, zurückgeführt, die übrigen dagegen als Apokryphen (s. d.) verworfen. (S. auch Petrusevangelium.) Eingehende Forschungen über Ursprung und Verwandtschaft dieser Evangelien gehören erst der neuern Zeit an. Die auffälligen wörtlichen und sachlichen Berührungen, besonders der drei ersten (sog. synoptischen) Evangelien untereinander nötigten zu einer wissenschaftlichen Untersuchung. Den ersten