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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Finland (Gewässer. Klima. Mineralreich. Flora und Fauna. Bevölkerung)

Maanselkä, der die Wasserscheide bildet zwischen dem Eismeer und Weißem Meer und den Busen der Ostsee, zeigt nur in seinem nördl. Teile Gebirgscharakter. Unter 64° nördl. Br. biegt er nach SO. um und nimmt den Namen Suomenselkä an, ein teils breiter, teils engerer Gürtel, stellenweise mit festem Gestein zu Tage tretend, aber öfter aus sandigen Heiden, Sümpfen und hochliegenden Mooren bestehend. Das an Binnenseen reiche Land südlich von Suomenselkä ist gegen SO. und S. von einem schmalen Landrücken Salpausselkä (Riegelrücken) umschlossen. Die Mittelhöhe des innern Landes beträgt nur etwa 100 m. Die höchsten Hügel erheben sich 100 bis 150 m über den Boden.

Gewässer. Mehr als 11 Proz. der Gesamtfläche kommen auf Binnenseen, deren Menge F. die Benennung das Land der tausend Seen verliehen hat. Dazu kommen noch die Meerbusen der Küste und die Wasserstraßen zwischen den unzählbaren Inseln und Scheren, welche die Seefahrt hier für jeden Fremden sehr gefährlich machen. Dies gilt vor allem von den Scheren der Südwestküste bis zu den Ålandsinseln, welche ein 200 km langes und über 100 km breites labyrinthartiges Binnenmeer bilden. Bedeutend sind auch die Scheren an der schmalsten Stelle des Bottnischen Meerbusens bei den Quarken. Zu den wichtigsten Binnenseen und Flüssen gehören: der Enaresee in Lappland mit dem Abfluß Paatsjoki zum Nördlichen Eismeer; die in den Bottnischen Meerbusen sich ergießenden: Torneå-Elv mit dem linken Nebenfluß Muonio an der schwed. Grenze, der Kemi, der Uleå (Oulu) aus dem Uleåsee und der Kumo-Strom oder Kokemäenjoki, der Ausfluß des West-Tawastländischen Systems, dessen Centralsee der Näsi ist. In den Finnischen Meerbusen ergießt sich der Kymmene-Strom, von der langen, 78 m über der Meeresfläche liegenden und beinahe 90 m tiefen Päijänne, in welchen mehr als 600 größere und kleinere Seen abfließen. Das größte von F.s zusammenhängenden Wassersystemen ist jedoch das Sawolax-Karelische, dessen Seen ein inselreiches Meer bilden; die Höhendifferenz zwischen der Wasserfläche bei Willmanstrand und der bei dem 300 km nördlicher befindlichen Iisalmi ist nur einige Meter, so daß mit Hilfe von zwei Schleusen ein Fahrwasser zwischen beiden hergestellt werden konnte. Mittelpunkt dieses Wassersystems ist der Saimasee (76 m); die größten sind Kalla- (1000 qkm), Hauki-, Ori- und Pielissee. Im SO. hat das Saimawasser den Landrücken Salpausselkä durchbrochen und stürzt hier durch die Imatra-Stromschnellen und den Wuoxen-Strom in den Ladogasee. Von der nordöstl. Ecke des Finnischen Meerbusens bei Wiborg kommt man durch den 56 km langen Saimakanal mit 28 Schleusen hinauf in die Saimasee, welche hierdurch Kommunikation mit Dampfern zum Meere bekommen hat. Mit Ausnahme der größern sind die Seensysteme und Ströme im allgemeinen durch Wasserfälle und Untiefen wenig für Schiffahrt geeignet; groß ist ihre Bedeutung für die Holzflößerei. Eine Fläche, die ungefähr doppelt so groß ist wie die Gesamtfläche der Seen, wird von Sümpfen und Moorgebieten eingenommen. Ihre Austrocknung und Urbarmachung betreibt man besonders in Österbotten mit gutem Erfolge. Ungeheure Gebiete sind noch völlig unberührt.

Klima. Ungefähr ein Viertel von F. liegt nördlich vom Polarkreis. Der Rest streckt sich nicht über 60° der Breite. F. ist folglich das nördlichste aller Kulturländer der Erde. Das Klima ist doch viel milder, als man nach der Lage schließen sollte und sehr gesund. Die südlichsten Gegenden berührt die Isotherme +5°, um den Enaresee herum liegt die kälteste, von -2° C. Die folgende Tabelle zeigt die mittlern Temperaturen des Jahres, des wärmsten und des kältesten Monats:

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Ort Jahr Juli Januar

Helsingfors 4,11 16,8 -6,7

Kuopio 2,24 17,6 -10,7

Wörå 3,46 17,5 -9,3

Kajana 1,90 17,7 -12,5

Torneå 0,99 17,0 -12,0

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Zuweilen werden im Sommer 30° beobachtet. Eine Kälte von -30° C. ist in den südl. Küstengegenden selten, in den mittlern und nördl. Teilen nicht ungewöhnlich. In Uleåborg, Kuopio und Torneå sinkt das Thermometer ansnahmsweise bis -40° C. und in Lappland bis -48° C. Die Niederschläge sind reichlich, obwohl in verschiedenen Jahren sehr schwankend. Im Mittel zählt man in Helsingfors 162 Regentage und 522 mm Niederschlagshöhe. Das Maximum (700 mm) hat Orimattila im S. der Salpausselka. Die herrschenden Winde sind Süd- und Südwestwinde, die von der Ostsee herkommen.

Mineralreich. Der harte, finn. Granit ist ein zu Gebäuden und Denkmälern anwendbares Material und bildet, auch zu Pflastersteinen behauen, einen Gegenstand der Ausfuhr. Eine besonders schöne Steinart ist der schwarze oder schwarzgraue Syenitgranit am nördl. Rande des Ladogasees. In derselben Gegend (Ruskiala) wird auch blaugrauer Marmor gebrochen. Von Metallen kommt Eisen oft vor, aber die Gruben sind jetzt allmählich als nicht lohnend aufgegeben. Dagegen wird jährlich eine bedeutende Menge (bis 70000 t) Eisenerz aus Seen und Mooren gewonnen. Die beste Kupfer- und Zinngrube ist Pitkäranta am Ladoga. Im Ivalofluß, der sich in den Enaresee ergießt, betreibt man Goldwäscherei. Als besuchte Badeorte sind besonders zu nennen: Hangö an der Südspitze, Mariehamn auf Åland, Nådendal mit berühmten Schlammbädern und Willmanstrand.

Flora und Fauna. Pflanzen- und Tierleben ist im allgemeinen dasselbe wie im nördl. Teile der Skandinavischen Halbinsel. Man zählt hier 712 Arten Dikotyledonen, 315 Monokotyledonen und 49 Filices oder Farnkräuter. Die wichtigsten Holzarten sind Fichte, Tanne, Birke und Erle. Oft kommen auch Espe, Wacholder, Vogelbeerbaum, Palmweide vor, und im südlichern Teile Eiche, Lindenbaum, Ahorn, Ulme, Esche und Elsebeerbaum. Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen und mehrere Sträucher sind eingeführt, gedeihen aber im Norden nicht. Die Wälder sind reich an Wild (ohne Hirsche und Rehe), besonders auch an Waldvögeln, die in großen Mengen jährlich nach Rußland und Schweden exportiert werden.

Bevölkerung. Nach der Volkszählung vom 31. Dez. 1890 hatte F. 2380140 (1171541 männl., 1208599 weibl.) E., d. i. 6,4 auf 1 qkm; 1892 wurden 2431253 E. berechnet. Während des letzten Jahrhunderts hat die Bevölkerung um über 64 Proz. zugenommen. Sie betrug 1880: 2060782, 1870: 1768769, 1860: 1746725, 1850: 1636915, 1840: 1445626. F. ist in 8 Län oder Gouvernements eingeteilt: