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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Flüggen - Flugtechnik
und ist seit 1850 praktischer Landwirt. Er bewirt-
schaftet seine Güter Groß-Helle und Lüdershof in
Mecklenburg und Speck in Pommern und ist Kreis-
deputierter im Kreise Naugard, wo Speck, sein ge-
wöhnlicher Wohnsitz, gelegen ist. Dem Reichstage
gehörte F. als Vertreter des Wahlbezirks Naugard-
Negenwalde 1874-93 ununterbrochen an, und zwar
als Mitglied der deutsch-konservativen Fraktion, in
der er sich jedoch von übertriebenen, einseitigen
Strömungen sowohl agrarischer als socialpolit.
und kirchlicher Natur fernhielt. So sprach er 1879
abweichend von seinen Fraktionsgenossen gegen die
Schutzzollpolitik und die Getreidezölle und erklärte
sich 1884 auch nur auf Grund des nun einmal be-
stehenden Systems für Erhöhung der letztern. Das
Arbeiter-, Alters- und Invaliditätsversicherungs-
gesetz bekämpfte er 1889 wegen des komplizierten
Mechanismus in der Ausführung.
Flüggen, Gisbert, Genrcmaler, geb. 9. Febr.
1811 zu Köln, war als Knabe gezwungen, in einer
Fabrik für-seinen Unterhalt zu sorgen, und konnte
sich erst später der Kunst widmen. Seit 1833 auf der
Akademie zuDüsseldorf gebildet, siedelte er 1835 nach
München über, wo er 3. Sept. 1859 starb. Er suchte
besonders durch technisch sorgfältige Darstellungen
von Äußerlichkeiten, wie Hausrat, Stoffe, feinen
Gemälden einen besondern Reiz zu verleiben. Unter
seinen Werken sind hervorzuheben: Die Verlobung
(1840), Der unterbrochene Ehekontrakt, Der unglück-
liche Spieler (1841; Museum in Mainz), Die Pro-
zeßentscheidung (1847), Der Spieler (1848; Museum
in Vreslau), Die Erbschleicher (Museum in Han-
nover), Tod des Königs Friedrich August II.
von Sachsen, Vorzimmer eines Fürsten (München,
Neue Pinakothek).
Sein Sohn, Joseph F., geb. 3. April 1842 zu
München, bildete sich unter Pilotys Leitung zum
Maler aus und unternahm dann Studienreisen
nach Paris, London, Brüssel und Antwerpen. Seit
1883 ist er Vorstand des Kostümwesens an den
königl. Hoftheatern. Zu feinen bekanntern Gemäl-
den gehören: Landgräsin Margarete von ihren Kin-
dern Abschied nehmend, Der Wirtin Töchterlein
(nach Uhland, 1869), Milton das "Verlorene Para-
dies" diktierend, Regina Imhof (fpätere Gemahlin
Georg Fuggers) die Brautgefchenke empfangend,
Taufe Kaifer Maximilians (1879; ehedem in der
Galerie Hoch zu Müncken), Das letzte Kleinod
(1882), Tod der heil. Elifabeth (1888).
Fluggestübbe, f. Hüttenrauch.
Flughafer, Wildhafer, Windbafer, eine
gefürchtete Unkrautpflanze in nassen Jahren und
auf feuchten Ackerländereien, da ihre Abfonderung
vom Hafer, unter dem sie sich vorzugsweise einfin-
det, sehr schwierig ist (s. Hafer). Zwangen.
Flughähne, s. Fliegende Fische und Panzer-
Flughaut, eine bei mehrern Wirbeltieren aus
sehr verschiedenen Ordnungen an den Körperseiten
zwischen Hals und vorderer Extremität, zwischen
den Extremitäten selbst und zwischen hinterer Ex-
tremität und Schwanz auftretende Hautduplikatur,
die als Fallschirm dient. Bei Säugetieren findet
sie sich bei stiegenden Eichhörnchen, Flugbeutlern
(s. d.) und beim Pelzflügler (s. d.). (S. auch Fliegen.)
Flughörnchen, s. Eichhörnchen.
Flughühner oder Wüstenhühner (I^erocii-
äae), eine aus 2 Gattungen und 16 Arten be-
stehende, die Steppen- und Wüstengegenden der
Alten Welt von Centralasien und Vorderindien an
bis zum Gestade des Atlantischen Oceans bewoh-
nende Familie der Hühnervögel (s. d.). Die F.
haben einen kurzen, gedrungenen Leib, einen nicht
sehr großen Kopf, einen kurzen Schnabel, lange
Flügel und in dem aus 14-18 Steuerfedern be-
stehenden Schwanz die beiden mittelsten Federn
verlängert und zugespitzt. Die in der Regel be-
fiederten Läufe sind wie die Zehen kurz. Die Tiere
sind durch Bau der Gliedmaßen und schützende
Färbung ihrem Aufenthalt vorzüglich angepaßt.
Sie legen wenig Eier in eine einfache, gescharrte
Sandmulde. Hierher gehören die Sandflughühner
(s. d.) und die Steppenhühner (s. d.).
Flughunde, s. Flederhunde.
Flugmaschinen, s. Flugtechnik.
Flugorgane der Samen, s. Aussaat.
Flugrädchen, elektrisches, s. Elektrisches
Flugrädchen.
Flugsand, feinkörniger, durch Wind leicht be-
weglicher Sand (s. d.), welchem oft Dünen (s. d.)
ihre Entstehung verdanken.
Flugschriften oder Broschüren (vom frz.
drooner, heften, weil diese Schriften meist nicht ge-
bunden, sondern nur geheftet werden), Vorzugsweife
folche Schriften, die irgend eine lebhaft befprochene
Tagesfrage über polit., kirchliche, fociale, wissen-
schaftliche Gegenstände u. s. w. kurz behandeln. Die
meisten F. sind Streit- und Parteifchriften. In
Frankreich erlangten sie schon seit 1789 eine ausge-
dehnte Bedeutung. Den größten UMang aber hat
dieser Littcraturzweig in Deutschland erreicht, was
sich teils aus dem theoretisterendcn Volkscharakter,
teils aus dem lange auf der Zeitungspresse liegen-
den Censurdruck erklärt. Schon um die Mitte des
16. Jahrh., als die Flut der F. oder Flugblätter
ls. d.) in Deutschland am höchsten gestiegen war,
suchten, allerdings ohne Erfolg, die Reichspolizei-
ordnungen von 1548 und 1577 ihnen durch strengere
Fassungen entgegenzutreten. Wichtige Geschichts-
quellen sind die F., die während der Reformation, im
Dreißigjährigen Kriege, zur Zeit der Franzöfifchen
Revolution, in den Befreiungskriegen, in der be-
wegten Zeit der vierziger Jahre in Preußen, 1848
u. s. w. massenweise erschienen. In Frankreich waren
nach der Berufung der Generalstände (1788) alle
Druckfchriften unter 20 Bogen der Cenfur unter-
worfen; ebenso in Deutschland bis 1848 durch den
Beschluß des Deutschen Bundes vom 20. Sept. 1819.
Eine scharfe Kontrolle brachte das preuß. Preßgefetz
vom 12. Mai 1851, nach dem alle Druckfchriften
unter 20 Bogen 24 Stunden vor ihrer Verbreitung
in einem Exemplar an die Polizeibehörde eingereicht
werden muhten. DiefeVefchränkung hat das Reichs-
preßgefetz vom 7. Mai 1874, das die Preßfreiheit
auf alle Druckfachen ausdehnte, aufgehoben.
Flugsommcr, s. Altweibersommer.
Flugstaub, s. Hüttenrauch.
Flugtauben, s. Tümmlertauben.
Flugtechnik, Kunstflug, Aviation (von
!ivi8, der Vogel), die Gesamtheit der Versuche, dem
Menschen das Fliegen mit Vorrichtungen (Flug-
apparate, Flugmaschinen), die schwerer als
die Luft sind, zu ermöglichen. Daß das Ziel
nicht widersinnig an sich ist, beweist jeder flie-
gende Vogel, der doch im Grunde genommen
eine beseelte Flugmaschine ist. Man darf aber
nicht glauben, daß Menfchenkraft auch bei der
sinnreichsten Flugvorrichtung ausreiche (Helmholtz
1873), aber man ist auch nicht mehr geneigt.