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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Forstliche Ertragstafeln - Forstmathematik
Forstliche Ertragstafeln, f. Ertragstaseln.
Forstliche Geodäsie, Forstliche Statik,
Forstliche Stereometrie, s. Forstmathematik.
Forstliches Verfuchswesen. Schon seit lau
ger Zeit verschlossen sich tüchtige Männer nickt dcr
Erkenntnis, daß anch in der Forstwissenschaft an
Stelle der auf bloße Erfahrung begründeten Hy-
pothesen zur Lösung wirtschaftlicher Probleme dcr
Weg der induktiven Forschung, d. h. der der exakten
Versuche, betreten werden müsse. Wenn die Land-
wirtschaft in dieser Beziehung der Forstwirtschaft
voraneilte, fo lag dies in der großen Schwierigkeit
der forstlichen Verfuche. Ein landwirtschaftlicher
Versuch kann in vielen Fällen schon in wenigen
Monaten zu befriedigenden Resultaten führen, wäb-
rend über einen einzigen forstlichen Versuch eine
ganze Generation aussterben kann, ehe derselbe
zum Abschluß gelangt. In so langer Zeit ist er
nicht bloß sehr vielen, oft vernichtenden Störungen
durch Elementarereignisse ausgesetzt, sondern bietet
auch deshalb so große Schwierigkeiten, weil der-
jenige, der ihn begann, häusig die Zeit des Resul-
tats nicht erlebt. Derartige lange dauernde Ver-
suche dürfen nicht in der Hand eines Einzelnen
liegen, sondern müssen von einer bleibenden Re-
gierung, einer wissenschaftlichen Anstalt oder der-
gleichen begonnen und fortgefetzt werden. Schon
seit Anfang der vierziger Jahre des 15). Jahrh,
richteten Männer wie Hundeshagen, von Nede-
kind, K. heyer u. a. ihr Streben dahin. Letzterer
verfaßte im Auftrage der Versammlung süddeut-
scher Forstwirte (1845) seine "Anleitung zu forst-
statischen Untersuchungen" (Gießen 1846). Die
Sache kam aber immer wieder in Stockung, wenn
auch einzelne Regierungen sich später derselben an-
nahmen. Letzteres geschah namentlich im König-
reich Sachsen seit 1860; in Bayern seit Ende der
vierziger Jahre, besonders aber seit 1866; in
Baden schon seit Ende der dreißiger Jahre, wenn
auch nicht in großer Ausdehnnng. Einen neuen
Ausschwung nahm die Sache 1868 durch mancher-
lei litterar. Anregungen, namentlich durch Baur
(Über forstliche Versuchsstationen. Ein Weck- und
Mahnruf u. s. w., Stuttg. 1868) und durch einen
auf Antrag des sächf. Oberlandforstmeisters von
Kirchbach von der Versammlung der deutschen
Land- und Forstwirte in Wien gefaßten Beschluß,
infolgedessen noch in demselben Jahre ein beraten-
der Kongreß in Regensburg zusammentrat und
einen Organisationsplan ausarbeitete. Mancherlei
Gründe verhinderten dessen Ausführung.
Gelegentlich der Verfammlung deutfcher Forstwirte
in Vraunschweig wurde 1872 ein Vereinderforst -
lichen Versuchsanstalten Deutschlands ge-
gründet; derselbe tagte das erstemal 1873 in Mühl-
hausen und ist seitdem alljährlich zusammengetreten.
Durch Feststellung gemeinsamer Arbeitspläne für
größere Versuchsarbeiten, als Aufstellung von Er-
tragstafeln, Kultur- und Durchsorstungsversuche,
verschiedene Untersuchungen aus dcm Gebiete der
Holzmeßkunde und Zuwachslchre, durch Anlegnng
forstlich Meteorolog. Stationen u. s. w., sowie durch
gemeinsame Ausführung der Arbeiten hat dieser
Verein das F. V. bedeutend gefördert. An den-
selben beteiligten sich die von den betreffenden Re-
gierungen unterstützten forstlichen Versuchsanstal-
ten Preußens, Bayerns, Sachsens, Württem-
bergs, Badens und Thüringens. Später (1882)
trat das Großherzogtum Hessen dazu. Abgesehen
von der nur durch einen so großen Verband mög-
licken Förderung ausgedehnter Arbeiten, war es
ein Verdienst desselben, als in der Versammlung
des Vereins zu Rügen 1875 die Einführung glei-
cher Holzsortimente und einer gemeinschaftlichen
Rcchnungseinheit für Holz im Deutschen Reiche
beschlossen wurde. Der Beschluß wurde zunächst in
dcn genannten Staaten durchgeführt. Durch die
größern gemeinsamen Arbeiten wurde natürlich
nicht ausgeschlossen, daß die einzelnen Anstalten
auch andere Aufgaben, namentlich aus dem Gebiet
der forstlichen Naturwissenschaften, in Angriff nah-
men, nder die Thätigkeit des Vereins, "feine Ar-
beitspläne vgl. Ganghoser, Das F. V. (2 Bde.,
Augsb. 1881 u. 1884). Zahlreiche Veröffentlichungen
in der forstlichen Litteratur zeigen, daß die Ver-
fuchsarbeiten in Deutschland energifch gefördert
worden sind. Auch in Osterreich wurde 1872 durch
das Ackerbauministerium ein staatliches F. V. ins
Leben gerufen, dazu ein befondercs Bureau errichtet,
das von Seckcndorff bis zu feinem 1886 eingetrete-
nen Tode leitete. Seit 1877 erscheinen "Mitteilungen
aus dem F. V. Österreichs". Mehrere der Groß-
grundbesitzer Österreichs haben ebenfalls Mittel zur
Förderung des F. V. gewährt.
Forstmathematik^ die auf Forstwesen ange-
wendete Mathematik, eine der wichtigsten forstlichen
Fachwissenschaften. Sie umfaßt Holzmeßkunde,
Forftsinanzrechnung, forstliche Geodäsie und Kar-
tierung. Die Holzmeßkunde (forstliche Ste-
reometrie ) ist derjenige Teil der F., der den Kubik-
inhalt von einzelnen stehenden oder gefällten Bäu-
men und deren Teilen, sowie von ganzen Bestän-
den finden lehrt, sowie Anleitung giebt zur Be-
rechnung dos Zuwachses (Massenzuwachses), d. h.
derjenigen Holzmasse, um welche die Bäume und
Bestände durch den jährlich sich anlegenden Holz-
ring innerhalb einer gewissen Zeit zunehmen. Zur
Lösung ihrer Aufgaben bedient sich die Holzmeß-
kunde teils gcomctr., teils Physik. Methoden. Die
Forstfinanzrecbnung lehrt die Berechnung aller
in dcr Waldwirtschaft vorkommenden Kosten und
Erträge, der Erntereife dcr Bestände und des Wald-
wertes (Waldwertrcchnung, s. d.); sie enthält den
größten und wichtigsten Teil dessen, was von an-
dern lHundeshagen, Hcycr u. s. w.) forstliche
Statik genannt wird, d. h. die Mcßkunst der forst-
lichen Kräfte und Erfolge. Da indessen Statik
eigentlich Gleichgewichtslehre bedeutet, fo ist der
Ausdruck forstliche Finanzrcchnung entsprechender.
Die forstliche Geodäsie endlich lehrt die Grund-
fätze und das Verfahren forstlicher Flächenaufnah-
men und Kartierungen kennen.
Die gesamte F. ist von hervorragendster Wichtig-
keit für die Lösung der Aufgaben der Forsteinrich-
tung (s. d.), in erster Reihe für die der geomctr.
und taxatorifchen Vorarbeiten, dann für die Hau-
barkeitslebre; ebenso wichtig für dcn Verkauf dcr
Hölzer, seit dieselben nach dem Kubikinhalt ver-
äußert werden. Hervorragende Verdienste um die
F. hat sich Prcßlcr (s. d.) erworben. Sein "Ratio-
neller Waldwirt" (Heft 1-3, Dresd. 1858-59)
eröffnete ganz neue Bahnen für diefe Wissenschaft.
Die ältere sehr reiche, bis in das 18. Jahrh, zurück-
reichende Litteratur über F., die Arbeiten von Veck-
mann, Büchting, Ottelt, Vierentlee, Späth, Hoß-
feld u. a. bieten heute mehr histor. als praktisches
Interesse. Selbst das für seine Zeit sehr bedeutende
Buch von G. König: "Die F. in dcn Gvcnzen wirt-