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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Friedrich II. (römisch-deutscher Kaiser)
Jahre zuBrindisi cm, lehrte aber, von Krankheit er- !
griffen, wieder um. Der neue Papst Gregor IX. ,
sah darin nur bösen Willen und Heucbelei, sprach
den Bann ans und hob diesen auch nicht anf, als
F. 1228 wirklich den Kreuzzug antrat. In Jerusa-
lem trat F., der sich 1225 in Brindisi mit Isabella,
der Tochter Johanns von Vrienne, der Erbin des
Heiligen Landes, vermählt hatte, als Herr des Landes
auf. Der Papst aber gebot dem Patriarchen von
Jerusalem und den drei Ritterorden, dem Kaiser
nicht zu gehorchen. Trotzdem gelang es F., mit sei-
nem Heere, dem sich die Ritter des Deutschen Ordens
treu anschlössen, bis Joppe vorzndringen und dnrch
kluge Verhandlungen mit den entzweiten mohammed.
Fürsten die friedliche Abtretung von Jaffa, ^aida,
Jerusalem, Bethlehem und Nazareth zu erreichen.
In der Grabeskirche zu Jerusalem setzte er sich
18. März 1229 selbst die Krone auf, da kein Priester
in semcr Gegenwart Messe lesen wollte. Dafür wnrde
die ^tadt vom Patriarchen mit dem Interdikt belegt.
Nur die deuMen Pilger hielten treu zum Kaiser.
F. hatte so sein Gelübde erfüllt, kehrte nach Un-
teritalien zurück, das indes der Papst dnrch den
treulosen Schwiegervater F.s, Johann von Vrienne,
hatte erobern und verwüsten lassen, eroberte es
wieder und drang bis an die Grenze des Kirchen-
staates vor. Gregor muhte unter Vermittelung der
deutschen Fürsten 1230 den Frieden von ^an Ger-
mano mit F. schließen und den Bann aufheben. In
den folgenden Friedensjahren reorganisierte F. sein
Königreich. Die allerdings nnr zum Teil neuen l^on-
3tiwti0U68 8icula6 zeigen einen dem Mittelaltcr
fremden Geist des aufgeklärten Despotismns und
beschränkten die Macht der Kirche und der Feudal-
herren. In Deutschland dagegen gab F. den An-
sprüchen der Fürsten nach. Dafür halfen sie ihm
1235 die Empörung feines Sohnes Heinrich nieder-
werfen und wählten 1237 feinen zweiten Sohn Kon-
rad znm König. F., dessen zweite Gemahlin bereits
1228 gestorben war, vermählte sich 1235 in Worms
mit Isabella von England, gab in Mainz 1235 das
grosie Landfriedensgcfctz und besiegte bei Corte-
nuova 1237 die gegen ihn von neuem verbündeten
Lombarden, die auch GregorIX. begünstigt hatte. F.
stand auf der Höhe seines Ruhms, die meisten Städte
unterwarfen sich; nur Mailand, durch F.s Forde-
rung einer unbedingten Unterwerfung mit einigen
Städten der Liga zum Verzweiflnngskampf getrie-
ben, behauptete sich. Allmählich regten sich aber wie-
der die vom Papst begünstigten^Gegner; es kam zu
einem Bunde, nach welchem (^icilien dem Kaiser
genommen werden sollte. Als nun F. den Papst
noch durch die Ernennung seines Sohnes Enzio zum
König von Sardinien verletzte, auf das Rom felbst
Ansprüche machte, sprach Gregor 1239 den Bann von
neuem gegen F. ans. Der Kaiser setzte entschlossen
den Kampf gegen die Lombarden fort, gewann 1241
durch König Enzio einen Seesieg über die genucs.
Flotte, aus der sich die vom Papst zu einem Konzil
berufenen franz. Prälaten befanden, und bemäch-
tigte sich felbst des Kirchenstaates. Vor Rom machte
er Halt, weil Gregor IX. im schmerz über sein
Mißgeschick starb: der nach diesem gewählte Cö-
lestin IV. folgte ihm bald, und erst nach 18 Monaten
konnten die Kardinäle sich zur Wahl Innocenz' IV.
einigen. Mit diesem, der früher dem Kaifer nicht
feindlich zu fein schien, wurde uutcrhandelt, aber
plötzlich entfloh er über Genua nach Lyon und
zeigte sich lilm als unversöhnlichster Feind des Kai-
sers. Er erncnte den Bannfluch und berief ein öku-
menisches Konzil nach Lyon (1245), wo die Ab-
setznng des Kaisers ausgesprochen wurde, trotz der
beredten Verteidigung durch dessen Hofrichter Thad-
däus von Suessa und obwohl nur wenige deutsche
Prälaten anwesend waren. Mit Mühe gelang es,
dnrch einige Fürsten Heinrich Raspe von Thüringen
als Gegentönig anfzustellen, der mit Kirchengeldern
reichlich unterstützt wurde. Er war bei Frankfurt
5. Aug. 1246 siegreich gegen König Konrad, starb
aber schon 1247, woranf Wilhelm von Holland ge-
wählt wurde. Der Kaifer bedrohte inzwifchen In-
noccnz IV. in Lyon, wurde aber zurückgehalten durch
den Verlust von Parma, dessen Belagerung 1248
dnrch den Überfall des kaiferl. Lagers und die Zer-
störung der von ihm erbauten Stadt Vittoria miß-
lang. zu diesem Mißgeschick kam die Gefangen-
nahme feines Sohnes Enzio durch die Volognesen
nnd der wahrscheinliche Abfall des Hofrichters
Petrus de Vinea. Aber dann gewannen wieder die
Ghibellinen in Oberitalien die Oberhand, und F.
würde vielleicht Innocenz besiegt haben, wenn ihn
selbst nicht 13. Dez. 1250 zu Fiorentino der Tod
überrascbt bätte. Ihm folgte sein Sohn Konrad IV.
F., dessen Haupt sechs Kronen (die röm. Kaiser-
und die dentsche Königskrone, die eiserne der Lom-
barden, die von Burgnnd, Sicilien und Jerusalem)
geziert hatten, war kühn, hochgesinnt, tapfer, reli-
giös indifferent, aber keineswegs tolerant, wie seine
Ketzerverfolgungen zeigen, doch ein aufrichtiger
Freund des Bürgerstandes, den er gegen übergriffe
von Klerisei, Feudaladcl und Beamtentum schützte,
deren Vorrechte er beschnitt. Er verstand neben den
alten sämtliche Sprachen seiner Unterthanen, war
in allen Arten ritterlicher Übungen wohlerfahren,
! ein Kenner der Natnrgeschichte und ein Dichter zar-
ter Liebeslicder in der znerft durch ihn zur Schrift-
fprache erhobenen ital. Volkssprache. Er hob die
Industrie, namentlich Seidenweberei und Zuckcr-
fabrikation, vereinfachte das Gerichtsverfahren
! und räumte einer Volksvertretung Antragsrecht
und Stenerbcwilligung ein. Bald leidenschaftlich,
rafch und streng, bald mild und freigebig, dabei
üppig und lebensfreudig, war er seinem ganzen
Wesen nach mehr Italiener als Deutscher. Sein
Erbland bildete allein den festen Boden seiner Herr-
schaft, die bier auch bis an fein Ende fast uuerschüt-
tert blieb; hier bot er durch seine umfassende Gesetz-
gebnng und Verwaltung das Muster eines wohl-
geordneten Staates. In Deutschland fand er die
Fürsteumacht schon zu fest begründet, und gab dazu
1220 den geistlichen und 1232 den weltlichen Fürsten
nene große Privilegien. Außerdem hinderte ihn
der Kampf mit der röm. Kurie, in Deutschland
eine ähnliche Machtstellung anzustreben. Auf ihn
bezieht sich ursprünglich die Sage vom Kyffhäuser.
- Vgl. Huillard-Bre'holles, Hiswiia. dipiomatica
I^id^iici II (12 Bde., Par. 1852 - 01); Schirr-
macher, Kaiser F. II. (4 Bde., Gott. 1859-05);
Winkelmann, Geschichte Kaiser F.s II. und seiner
Reiche (Bd. 1, Verl. 1863; Bd. 2, Abteil. 1, Reval
1865; mit der Fortsetzung in den "Forschungen znr
deutschen Geschichte", Bd. 12, Gott. 1872); Böh-
mer-Ficker, U6F63ta impei'ii, Bd. 5, 1198-1272
(Innsbr. 1881 fg.); Winkelmann, Kaifer F. II. (Bd. 1,
Lpz. 1889); Köhler, Das Verhältnis Kaifer F. II.
zu den Päpsten seiner Zeit (Vresl. 1888, Heft 24
der "Untersuchungen zur Deutschen Staats- und
Rechtsgeschichtc", hg. von Pros. Mnic).