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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gautier de Costes - Gavazzi
melt als "Hißtoirk d6 1'art ära,nig.ti^li6 sn I^Hiicti",
6 Bde., Par. 1858 - 59); er widersetzte sich nicht
allein der klassischen Tragödie, sondern verfolgte auch
die untenn Bürgerkönigtum aufkommende Schule des
gesunden Menschenverstandes, "1'ai-t doui-Akois", die
auf der Bühne durch Scribe und Ponsard erfolgreich
war. Sein Haß gegen alles, was die Kunst Zwecken,
die ihr selbst fremd sind, dienstbar macht, führte ihn
zu dem Satze "1'a.rt pour 1'ai-t" und zu der Ansicht,
daß die Dichtung vor allem unmittelbar durch die
sinnlichen Mittel sprachlichen Ausdrucks in Vers und
Prosa künstlerisch zu wirken habe. So wurde er ein
Künstler der Form, aber reiches Detail, reizvolle
Phantastik, gemalte Glut erotischer Schilderungen
verdecken nicht dauernd die innere Geistesarmut
seines Schaffens. In den frühesten Dichtungen blieb
G. mehr auf der gemeinen Heerstraße der Romantik.
Erst in "^maux 6t cain668" (1852; eäition ä6ftni-
tiv6 1872) treibt er seinen Kult der Kunstform aufs
äußerste und wird er das Haupt der Dichterschule der
Parnassiens. Als Novellist machte sich G. in "1^8
^6uii68-I>aiie6" (1832 u. ö.) über die Ausschreitun-
gen der Nomantiker lustig, es folgte "NaäsmoisLlIo
äe Naupin" (2 Bde., 1835 u. ö.), ein Roman, der
recht anstößig proklamiert, daß die Künstlernatur
über dem Sittengesetz stehe, und viel Aufsehen erregte,
aber ein verfehltes Erzeugnis verderbter Phantasie
und unklarer Reflexion ist. Später erschienen die Er-
zählungen: "^orwnio" (1838; 2. Aufl. 1841), "1.65
I0U68 iimocentZ" (1847), "?Hiti6 cHri-66" (3 Bde.
1851), der "Nomaii äs laiuomiE" (1858; neue Ausg.
1870), der am deutlichsten den Einfluß E. T. A. Hoff-
manns bekundet, "1^6 capitains I>Hca.886" (2 Bde.,
1863 u. ö.), eine originelle und unterhaltende Nach-
ahmung von Scarrons "Noman oomihnk". G.
machte weite Reisen und hat seine Ausflüge in Spa-
nien, im Orient und in Italien geschildert in "'Ii-ii
1c>8 inontft8" (2 Bde., 1843 u. d. u. d. T. "Vov^c
6N ^8MFN6"), "ÄA2aF8" (1845), "Italia" (1852;
2. Aufl. 1855), "00N8tantill0zii6" (1854 u. ö.), wozu
später noch die "'Ii^oi-Z ä'art äs 1a li.u88i6" (1861 fg.)
hinzukamen. Seit 1856 leitete G. das litterar. Feuille-
ton des "Noniteur" und schrieb für dasselbe dieKunst-
und Theaterkritiken. Bei viel maßvollerm Urteil be-
hielt sein Stil doch die pikante Eigentümlichkeit der
frühern Heit. Er starb 23. Okt. 1872 zu Neuilly bei
Paris. Lesenswert ist seine "Hiswirk äu Uoinan-
ti3M6" (Par. 1872). Aus seinem Nachlaß erschien
"I'oi'ti'Hit^ et 8ouv6nir8 1itt6i'aii'68" (Par. 1875). -
Vgl. Feydeau, "Ideopliile 6. 80iiv6nii8 intimes"
(Par. 1874); Bergerat, ^. 6. Nnti-6ti6N8, 8onv6-
nii-8 6t o0i'i-68p0näanc6 (ebd. 1878); Spoelberch de
Lovenjoul, 1Ii8t0ir6 ä68 wuvi-68 äs ^n. l^. (ebd.
1887); Maxime Du Camp, "ln. 6. (ebd. 1890).
Gautier de Costes (spr. gotieh de kost), franz.
Romanschriftsteller, s. Calprenede.
Gauting, Eremit von, s. Hallberg-Broich.
Gautfchen, eine Manipulation der Papier-
fabrikation (f. Papier, Fabrikation).
Gautsch von Frankenthurn, Paul, Freiherr
von, österr.Staatsmann,geb.26.Febr. 1851 zu Wien,
studierte die Rechte daseist, trat dann als Beamter
in den Staatsdienst bei der Finanzprokuratur und
wurde 1874 in das Unterrichtsministerium berufen.
Hier wurde er 1878 Titular-, 1879 wirklicher Mini-
fterial-Vicesekretär und war Vorstand des Präsi-
dialbureaus, bis er 1881 als Direktor der Theresia-
nischen Akademie die Leitung dieses Instituts über-
nahm. !883 wurde die Orientalische Akademie mit
letzterm vereinigt und G. zum Hofrat befördert. 1885
wurde er zum llnterrichtsminister ernannt und 1890
in den Freiherrenstand erhoben. Als Minister suchte
sich G. über den Parteien zu halten, batte aber tron
seiner Vorsicht und Gewandtheit mit der Abneigung
der Parteien zu kämpfen. Er trat mit Taaffe Nov.
1893 zurück und wurde darauf zum Kurator der
Theresianischen Akademie, Jan. 1895 zum lebens-
länglichen Mitglied des Herrenhauses ernannt.
Gavarni, Pseudonym des franz. Zeichners
Sulpice Paul Chevalier, geb. 13. Jan. 1801 zu
Paris, wurde Mechaniker und sand erst in seinem
34. Ledensjahre Gelegenheit sich durch Zeichnen von
Modeblättern Ruf zu erwerben. Später übernahm
er die Leitung des Modejournals "1^68 F6N8 6n
M0UÜ6". G. degann nun eine Reihenfolge lithogr.
Kompositionen, die er nachher im "^narivI.ri" fort-
fetzte. Seine ersten Gegenstände sind hauptsächlich
den modernen Kreisen, später jenen der bessern Ge-
sellschaft entlehnt, aus welcher er feinere, novellen-
und lustspielartige Motive zur Darstellung brachte.
Über 20 Jahre lang veranschaulichte er so die eigen-
tümlichsten Züge des franz. Charakters in mannig-
faltigen, viel bewunderten Werken. Er wurde so
der Schöpfer einer breiten, in großen Strichen und
Massen ausführenden und eilig, aber kräftig an-
deutenden Lithographiemanier. Weniger glücklich
sind die nach seinen Blättern verfertigten Holz-
schnitte in der Allsgabe seiner "(Nuvi-63 cnoi8i68"
(mit Text von Th. Gautier u. a., 4 Bde., Par. 1815
-48), "?6ri68 Lt pai-ur68" (2 Bde., ebd. 1850). Er
starb 23. Nov. 1866 auf seiner Villa La Munion zu
Auteuil. - Vgl. Armelhault und Vocher, I^wnvi-6
ä6 6., cat9.i0Zu6 1^8011116 (Par. 1873); ferner die
Biographien von Goncourt (ebd. 1873; 2. Aufl.
1879) und Forgues (edd. 1887).
Gavarnie (spr.-nih), Dorf im Kanton Lu;,
Arrondisfement Argeles des franz. Depart. Haute^-
Pyrsne'es, in 1350 ni Höhe, mit 317 E., ist berühmt
durch den Thalcirkus (f. Kare) von G., der, von den
Pic de Sarradets (2740 m) und Pic d'Astazon
(3080 m) begrenzt, mit seinen gewaltigen Schnee-
gipfeln (Pic du Marbore' erreicht 3253 m) und seinen
13 Wasserfällen, unter denen die Cascade de G.
422 m tief herabstürzt, ein großartiges Gebirgs-
panorama bietet. G. ist auch Ausgangspunkt für
Hochtouren in die Pyrenäen.
Gavazzi, Alessandro, ital. Geistlicher, eifriger
Geaner der röm. Hierarchie, geb. 21. März 1809 zn
Bologna, trat 1825 in den Orden der Barnabiten
zu Neapel, wurde daselbst 1829 Professor der Rhe-
torik und, schon damals durch liberale Ideen miß-
liebig, 1840 in den Kirchenstaat versetzt. Mit Be
geisterung schloß er sich der freiheitlichen Bewegung
in den ersten Regierungsjahren Pius' IX. an. Nack
der Einnahme Roms begab er sich in das Ausland
und wirkte in England, Schottland und Nord-
amerika durch zündende Reden und seine Zeitschrift
"(is3.vg.22i li-66 ^vorä" gegen Priester und Iefuiten.
1850 trat er in London zur evang. Kirche über und
übernahm die Leitung der dasigen evangelischen ital.
Gemeinde; 1860 nach Italien zurückgekehrt, begleitete
er Garibaldi auf dessen Zügen als Feldkaplan. Seit
der Schlacht von Mentana wandte G. seine Thätig-
keit ganz der Odiesin, lidsra. (s. Freikirche) zu, deren
bis dahin völlig zusammenhanglose Gemeinden
sich unter seiner Führung als "IInioii6 dslw 0ki68e
lid6r6 in Italia," vereinigten. In Rom, wobin er
seit dessen Erhebung zur ital. Hauptstadt 1570 über-