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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Geheimkonten - Geheimmittel

oder mit Gefängnisstrafe bis 3 Monaten bestraft. - Hat das Gericht wegen Gefährdung der Staatssicherheit für eine gerichtliche Verhandlung oder für einen Teil derselben die Öffentlichkeit ausgeschlossen, so kann dasselbe den anwesenden Personen die G. von Thatsachen, welche durch die Verhandlung, durch die Anklageschrift oder durch andere amtliche Schriftstücke des Prozesses zu ihrer Kenntnis gelangen, zu ihrer Pflicht machen. Wer diese ihm auferlegte Pflicht durch unbefugte Mitteilung verletzt, wird nach dem Deutschen Reichsgesetz vom 5. April 1888 mit Geldstrafe bis zu 1000 M. oder mit Haft oder mit Gefängnis bis zu 6 Monaten bestraft. Auch dürfen, soweit bei einer Gerichtsverhandlung die Öffentlichkeit wegen Gefährdung der Staatssicherheit ausgeschlossen war, Berichte über die Verhandlung durch die Presse, und auch nach der Verhandlnng nicht die Anklageschrift noch andere amtliche Schriftstücke des Prozesses veröffentlicht werden. Zuwiderhandlungen unterliegen derselben Strafe. Mit Geldstrafe bis 300 M. oder mit Gefängnis bis zu 6 Monaten wird bestraft, wer aus Gerichtsverhandlungen, für welche wegen Gefährdung der Sittlichkeit die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, oder aus den diesen Verhandlungen zu Grunde liegenden amtlichen Schriftstücken öffentlich Mitteilungen macht, welche geeignet sind, Ärgernis zu erregen (§. 184, Abs. 2 des Strafgesetzbuchs). - Wer vorsätzlich Staatsgeheimnisse, von denen er weiß, daß ihre G. einer andern Regierung gegenüber für das Wohl des Deutschen Reichs oder eines Bundesstaates erforderlich ist, dieser Regierung mitteilt oder öffentlich bekannt macht, wird wegen Landesverrats mit Zuchthaus nicht unter 2 Jahren bestraft. Bei mildernden Umständen tritt Festungshaft nicht unter 6 Monaten ein. Eine Garantie gegen die falsche Anwendung dieser weitgefaßten strafgerichtlichen Bestimmung bietet der Umstand, daß in soweit das behauptete Verbrechen gegen das Deutsche Reich gerichtet sein soll, nach dem Gerichtsverfassungsgesetz §§. 136, 138, die Untersuchung und Entscheidung ausschließlich an das Deutsche Reichsgericht gewiesen ist. Ein Gesetzentwurf, die Bestrafung des Verrats militär. Geheimnisse betreffend, ist vom Deutschen Reichstag (1893) angenommen worden. (S. Amtsgeheimnis und Geschäftsgeheimnis.)

Geheimkonten, s. Geheimbuch.

Geheimlehre, s. Arcandisciplin.

Geheimmittel (Arcana), wirkliche oder angebliche Arzneimittel, deren Zusammensetzung geheim gehalten wird. Der Preis dieser Mittel steht meist in solchem Mißverhältnis zu dem natürlichen Wert, daß bei ihrem Vertrieb eine verwerfliche Ausbeutung der Käufer stattfindet. Früher kam es häufig vor, daß renommierte Ärzte ein neues Heilmittel gefunden hatten und ihre Entdeckung als Quelle des Gelderwerbs ausnutzten; allmählich aber hat sich eine mit allen Geschäftskniffen arbeitende Geheimmittelindustrie von bedeutender Ausdehnung gebildet. Der Grund, weshalb das Geheimmittelunwesen neuerdings einen so großartigen Aufschwung genommen hat, liegt teils in der Scheu des Publikums, sich in gewissen Krankheiten einem Arzte anzuvertrauen, teils in dem Wunsch, Hilfe auch noch in Fällen zu erlangen, welche die Wissenschaft für unheilbar erklären muß, teils in dem modernen Reklamewesen und in der Schwierigkeit, mit den jetzigen gesetzlichen Bestimmungenden Verkäufern von G. wirksam entgegenzutreten.

Bis jetzt hat die wissenschaftliche Untersuchung stets ergeben, daß die G., wenn nicht aus ganz wirkungslosen Substanzen, so doch aus längst bekannten Arzneistoffen bestanden, die sich nur durch ihren enormen Preis von den sonst gebräuchlichen unterschieden, wie aus der unten folgenden tabellarischen Übersicht der landläufigsten G. bervorgeht. Wer sich der G. bedient, befördert daher verwerfliche Industrie und verschwendet sein Geld, weil er dieselben Arzneimittel für einen viel geringern Preis in jeder Apotheke erhalten kann. Außerdem setzt er sich der Gefahr aus, etwas Schädliches zu gebrauchen oder wenigstens über der Quacksalberei den richtigen Zeitpunkt zu verpassen, wo vielleicht noch ärztliche Hilfe möglich wäre. In der Bekämpfung des Geheimmittelunwesens haben sich namentlich Karl Ernst Bock (s. d.) und Herm. Eberhard Richter (s. d.), die Chemiker Hager und Wittstein und der Ortsgesundheitsrat der Stadt Karlsruhe sowie das königl. Polizeipräsidium zu Berlin die größten Verdienste erworben, indem sie eine sehr große Zahl von G. genau analysiert und ihre Analysen veröffentlicht haden (vgl. Pistor, Generalbericht über das Medizinal- und Sanitätswesen der Stadt Berlin, Berl. 1884 fg.); auch verschiedene Fachzeitschriften, wie die "Deutschen Industrieblätter", die "Bunzlauer Pharmaceutische Zeitung" u. a. veröffentlichen Analysen von G.

Soweit G. zu denjenigen Zubereitungen gehören, welche nach der kaiserl. Verordnung vom 27. Jan. 1890 als Heilmittel nur in Apotheken feilgehalten oder verkauft werden dürfen, wird die ohne polizeiliche Erlaubnis erfolgte Zubereitung, Feilhaltung, Verkauf oder Überlassung solcher G. nach §. 367, Nr. 3 des Deutschen Strafgesetzbuches mit Geldstrafe bis 150 M. oder Haft bestraft. Daneben bestehen auch noch hier und da Verbote gegen die Ankündigung von G., z. B. aus der franz. Zeit noch in der Rheinprovinz und im Elsaß, in Berlin nach der Verordnung des Polizeipräsidiums vom 30. Juni 1887. Soweit der Verkauf oder die Anpreisung angeblicher Heilmittel unter Vorspiegelung falscher Thatsachen geschehen ist und die sonstigen begrifflichen Voraussetzungen von §. 263 des Strafgesetzbuchs vorhanden sind, kann die Bestrafung wegen Betrugs oder Betrugsversuchs, wenn schuldhaft die Gefundheit geschädigt ist, nach §§. 223, 2233. erfolgen.

Von den bekanntern G. sind besonders die folgenden hervorzuheben:

Acetidux, gegen Warzen und Hühneraugen, Lösung von 1 Teil Chromsäure in 3 Teilen Wasser; Preis 3 M., Wert 20 Pf.

Acetine, gegen Hühneraugen, Essigsäure mit Fuchsin gefärbt; Preis 1 M., Wert 10 Pf.

Airys Naturheilmethode, eine Broschüre, welche von F. A. Richter & Co. in Rudolstadt vertrieben wird und vier G. gegen 166 Krankheiten empfiehlt: 1) Pain Expeller, ein Gemisch aus 35 Teilen Spanischpfeffertinktur, 20 Teilen Weingeist und 20 Teilen Salmiakgeist; Preis der Flasche 1 M. 75 Pf., Wert 30 Pf. 2) Sasaparillian, ein mit Weingeist und Honig versetzter, etwas Jodkalium enthaltender Auszug aus Sarsaparilla und Chinawurzel; Preis 4 M. 50 Pf., Wert 60 Pf. 3) Pills, aus Eisenpulver, Jalapenharz, Jalapenpulver, Althäpulver und einem bittern Extrakt bestehend; 60 Pillen 1 M., Wert 25 Pf. 4) Calming Pastills, Tabletten aus Zucker und Anisöl, mit Lakritzen gefärbt; Preis der Schachtel 1 M., Wert 25 Pf.

Akustikon, gegen Ohrenleiden aller Art, besteht aus Glycerin, Wasser, Spiritus und ätherischem Ol; Preis 2 M., Wert 15 Pf.

Algontine, Mund- und Zahnwasser, wässerige Salpeterlösuug mit Pfefferminzöl, Myrrhen- und Zimmettinktur.

Alpenkräuterthee, Dr. Schwarzes, in Dresden, von Otto E. Weber in Berlin, ein aus Zahlreichen Droguen zusammengesetzter Thee von leicht abführender Wirkung, der mit den Alpen nur den Namen gemein hat.