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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gotthardkrankheit - Göttingen

der Termin nicht innegehalten werden, da teilweise die Festsetzung der Linien (auch wegen Vereinigung der Bahnhöfe in Luzern) auf große Schwierigkeiten stößt. An Betriebsmittel waren vorhanden 96 Lokomotiven, 209 Personenwagen, 36 Gepäckwagen, 1284 Güterwagen. Es wurden (1892) befördert: 1452588 Personen und 785197 t Gepäck und Güter. Die Einnahmen betrugen aus dem Personenverkehr 4743639, Gepäck- und Güterverkehr 9107769, die Gesamteinnahme 14432063 Frs. Die Ausgaben stellten sich auf 7729119, mithin Überschuß 6702934 Frs. Von den nach Bestreitung aller Unkosten, Bezahlung der Zinsen u. s. w. verfügbar gebliebenen Reinerträgen wurden für 1892 und 1891 je 6,2 Proz. Dividende verteilt, gegen (1890) 6½ Proz., (1889) 7,4 Proz., (1888) 6 Proz., (1887) 5 Proz., (1886/85) 3½ Proz. und (1884/83) 2½ Proz. Hiernach kamen für das Betriebsjahr 1889 das erstemal 1/5 Proz. mit 168000 Frs. an die Subventionsstaaten zur Verteilung.

Vgl. Archiv für Eisenbahnwesen (Berl. 1881, 1885 fg.); Wanner, Geschichte des Baues der G. (Luzern 1885); Rüegg, Die Wirkungen der G. (Lpz. 1892).

Gotthardkrankheit, s. Dochmius duodenalis.

Gottheit, s. Gott.

Gotthelf, Jeremias, s. Bitzius, Albert.

Göttingen. 1) Landkreis, ohne die Stadt G., im preuß. Reg.-Bez. Hildesheim, hat 480,99 qkm, (1890) 32777 (15988 männl., 16789 weibl.) E., 73 Landgemeinden und 14 Gutsbezirke. - 2) Kreisstadt im Landkreis G. und Stadtkreis (26,36 qkm), in einem fruchtbaren und schönen Thale, an der Leine, am Fuße des bewaldeten Hainberges und an den Linien Hannover-Cassel und Frankfurt-Bebra-G. (246,7 km) der Preuß. Staatsbahnen, ist Sitz des Kreisamtes für den Landkreis G., eines Landgerichts (Oberlandesgericht Celle) mit 12 Amtsgerichten (Duderstadt, Einbeck, Gieboldehausen, G., Herzberg am Harz, Moringen, Münden, Northeim, Osterode am Harz, Reinhausen, Uslar, Zellerfeld), eines Amtsgerichts, einer Generalsuperintendentur, Handelskammer und Reichsbanknebenstelle und hat (1890) 23689 (11839 männl., 11850 weibl.) E., darunter 1900 Katholiken und 554 Israeliten, in Garnison (735 Mann) das 1. Bataillon des 82. Infanterieregiments, Postamt erster Klasse mit Zweigstelle, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, fünf evang. Kirchen, darunter die Jakobikirche mit schönem Turm und die Johanniskirche, eine reform. und eine kath. Kirche, eine Synagoge, eine Universität, ein königl. pädagogisches Seminar, königl. Gymnasium, 1586 gegründet (Direktor Dr. Viertel, 22 Lehrer, 12 Gymnasialklassen, 320 Schüler, 3 Realklassen, 35 Schüler, 1 Vorklasse, 11 Schüler), eine städtische evang.-luth. Kaiser-Wilhelm II.-Realschule, 1890 gegründet, eine städtische höhere Mädchenschule, Handels- und Gewerbeschule; ferner ein schönes altes Rathaus, 1369 von Meister Bruno erbaut, ein neues Stadttheater, eine städtische Altertumssammlung, eine Irrenanstalt, großartige neue Kliniken, ein neues vorzüglich eingerichtetes Schlachthaus, einen Centralfriedhof, drei neue große Volksschulen, eine neue Quellwasserleitung vom benachbarten Hainberge und Kanalisation. Auf dem Wilhelmsplatz steht das eherne Standbild Wilhelms IV. (von Bandel), beim Bahnhof ein Kriegerdenkmal für 1870/71 (nach Breymanns Modell) und das Langensalza-Denkmal, vor dem Auditoriengebäude der Universität das Bronzestandbild Wöhlers (von Hartzer). Die Industrie erstreckt sich auf Fabrikation von Tuch- und Wollwaren, Leder, Tabak, physik. und optischen Instrumenten, Bürstenwaren u. s. w. Berühmt sind die Mettwürste und Makronen.

Die Universität zu G. (Georgia Augusta), eine der berühmtesten Deutschlands, wurde von Georg II. 1734 begründet, 17. Sept. 1737 eingeweiht und gedieh unter der Leitung des Ministers Freiherrn von Münchhausen rasch zu hoher Blüte. Er berief hervorragende Lehrer (Albr. von Haller, Joh. Matth. Gesner u. a.), gründete das philol. Seminar, den Botanischen Garten, das physik. Kabinett, vor allem aber die reiche und ausgewählte Bibliothek. Nach einem kurzen Niedergange folgte 1770-90 eine neue Blüte (1781: 947 Studierende), namentlich in den histor., philol. und jurist. Fächern (Joh. Steph. Pütter, Gottfr. Achenwall, J. Ch.^[Johann Christoph] Gatterer, Ludw. Schlözer, Ludw. Heeren, Dav. Michaelis, Chr. Gottl. Heyne), neben denen die eigentlich spekulativen Fächer, besonders die Philosophie, sich wenig entwickelten. Ein Aufschwung der Mathematik und Naturwissenschaften begann im 19. Jahrh. (Fr. Gauß, W. E. Weber, Fr. Wöhler), welches jedoch auch die Geisteswissenschaften (Jak. und Wilh. Grimm, Dahlmann, Otfried Müller, Gervinus, Herbart, später Lotze, Waitz, de Lagarde) in der alten Blüte erhielt. Nachdem infolge der Göttinger Revolution (1831) und der Entlassung der Göttinger Sieben (1837), der sieben Professoren Albrecht, Dahlmann, Ewald, Gervinus, Gebrüder Grimm und Wilhelm Weber, welche gegen die einseitige Aufhebung der Verfassung von 1833 protestiert hatten, ein Rückgang in der Zahl der Studierenden eingetreten war, überstieg dieselbe im 9. Jahrzehnt die Zahl 1000, seitdem sank sie wieder. Im Sommer 1893 gab es 117 Docenten, 762 Studierende und 24 Hörer. Die Universitätsbibliothek, deren Grundstock die von den Erben geschenkte Bibliothek des Freiherrn J. H.^[Joachim Hinrich] von Bülow (etwa 9000 Bände) bildete, ist durch zahlreiche einverleibte Privatsammlungen (Uffenbach 1769, Gebauer 1773, von Duve 1782, G. von Asch, Michaelis, Pütter, Heyne, K. Fr. Hermann, die Bibliothek der Göttinger Deutschen Gesellschaft 1791 u. a.) beständig vermehrt worden und umfaßt (1893) 450000 Bände, 14400 Karten und 5250 Handschriften; von dem Verzeichnis derselben ist bereits der erste Band erschienen (Berl. 1893). Mit der Universität sind ferner verbunden ein theol. Stift, Seminare für Theologie, Philosophie, Philologie, Archäologie, Geschichte, Mathematik und Physik, zahlreiche mediz. und naturwissenschaftliche Institute, Kliniken und Laboratorien, Sammlungen von Altertümern, Münzen, Gemälden, Kupferstichen, mathem. Instrumenten und Modellen, ein diplomat. und geogr. Apparat, ein großer botan. Garten, eine Sternwarte und ein landwirtschaftliches Institut. Die ebenfalls mit der Universität verbundene, 1750 auf Albrecht von Hallers Anregung gestiftete und 1770 zweckmäßiger eingerichtete Königl. Gesellschaft der Wissenschaften (s. Akademien I, 3) besteht aus einer mathem., physik. und histor. Klasse. Unter ihrer Aufsicht erscheinen die "Göttingischen Gelehrten