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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gratias - Grattoni
Die neueste kritische Ausgabe ist von Friedberg im
ersten Teil seiner Ausgabe des a^orpus ^nri8 c^no-
Qici" (Lpz. 1879) besorgt worden. - Vgl. Schulte,
Geschichte der Quellen und Litteratur des kanoni-
schen Rechts, Vd. 1 (Stuttg. 1875).
<5ra.tia.8, das nach Tisch und vor dem Schlafen-
gehen in allen Klöstern gesprochene Dankgebet, be-
uannt von dem Anfang: (^. NF3inu31)60 (lat., "Laßt
uns Gott danken").
Gratifikation (lat), Vergütung, Belohnung.
Juristisch wird G. vielfach die rechtswidrige Be-
günstigung eines Gläubigers durch den Schuldner
genannt, welche die Anfechtung (s. d.) der dieser zu
Grunde liegendenRechtshandlung rechtfertigen kann.
Gräting (engl. sratwF, spr. greht-), Rost- oder
GWnwnl zumZudecken derLuken aufKriegsschifsen
bei Klar-Schiff (s.d.). Dieselben sind aus Holz oder
Eisen; für das Maschinenluk werden schwere Eisen-
balken eingesetzt, um das Herabfallen von Splittern
während des Gefechts in die Maschine zu verhüten.
Qra.tiö1a. ^Gnadenkraut, Pflanzengattung
aus der Familie der Scrophulariaceen (s. d.) mit
gegen 20 in den gemäßigten Zonen beider Halb-
tugeln weit verbreiteten Arten. Es sind krautartige
Gewächse mit gegenständigen Blättern und lebhaft
gefärbten ansehnlichen Blüten, in denen bloß zwei
Staubgefäße völlig ausgebildet sind. Die bekannteste
Art ist das in Deutschland vorkommende Gottes-
gnadenkraut, 6. okücwaliZ ^., auch Purgier-
traut genannt, in Gräben, an Flußufern, auf
sumpfigen Wiesen wachsend, mit lanzettförmigen
Blättern und in den Blattwinkeln einzeln stehenden
weißen Blüten. Alle Teile dieser Pflanze haben
einen unangenehmen Geschmack und wirken stark
purgierend, sie waren als Hoi-da. (^ratiola^ offizi-
nell, und werden auch jetzt noch vielfach als Haus-
mittel angewendet.
Vratis (lat.), umsonst, unentgeltlich; davon
Gratist (Gratuist), einer der etwas (nament-
lich Unterricht und Kost) ohne Bezahlung erhält.
Gratius (eigentlich deGraes), Ortuin, Gegner
der Humanisten, geb. um 1481 zu Holtwich in West-
falen, studierte seit 1501 in Köln, wurde dort 1506
Magister Artium, später Professor der Philosophie.
Zu dem Kreise der jüngern Humanisten trat G.
bald in Gegensatz und bekämpfte schließlich auch
Reuchlin in lat. Gedichten. G. starb 21. Mai 1542 in
Köln. Den angeblich an ihn gerichteten "NpiLtowö
oIiZcurorum viroruin" (s. d.) setzte er "I^inentlr-
tioneä ol^curorum virorum" (anonym, 1518) ent-
gegen, ohne doch den Witz der Gegner zu erreichen.
G> bedeutendstes Werk ist der 1535 in Köln erschie-
nene, später auf den Index gesetzte "^38cicu1u3
i srum 6xp6t6näaruin ae ku^wiiäaruin", eine Samm-
lung antipäpstl. Schriften und Dokumente früherer
Zeit, die zeigt, daß G. sich doch mehr geschichtlichen
Sinn und Unbefangenheit bewahrt hat, als manche
seiner Gegner.- Vgl.Cremans in den "Annalen des
Historischen Vereins für den Niederrhein", Heft 23
(Köln 1871); Reichling, Ortwin G. Sein Leben und
Wirten. Eine Ehrenrettung (Heiligenstadt 1885).
Gratry, Auguste Joseph Alphonse, französischer
kath. Theolog, geb. 30. März 1805 zu Lille, ward 1830
Lehrer am bischöfl. Seminar in Straßburg, 1840
Direktor des College Stamslas in Paris, wo er
1852 das "Oi-atoii'6 ä6 <l68U8>(^i'i8t noti'6 36iFN6ui'
et äs Nai'i6-IinmÄcni66" mitbegründete (seitdem
hieß er Is ?ei 6 6.), 1863 Professor der Moral an
der Sorbonne und 1867 Mitglied der Akademie
wurde. Er starb 6. Febr. 1872 in Montreux. Er
schrieb u. a.: "^KiloLopliw) (7. Aufl., 2 Bde., Par.
1853; neuer Abdruck 1855), "1.3. pliiwäopkie ck:
Oreäo" (2. Aufl., ebd. 1864), "^ommsnwii'L 8ur
1'6vauFii6 36ioii 8. NattdiLu" (2 Bde., 1863-65),
"1.3. M0rai6 6t 13, loi äs 1'1n8toii-6" (2 Bde., 1868;
2. Aufl. 1871). Aufsehen erregte es, daß G. 1870
in vier Briefen "I.'6vöHU6 ä'0rl63,Q8 6t 1'Hrc1i6V6HU6
ä6NÄiin63" (Par. 1870; deutsch von Fr.Zoffmann,
Münster 1870) gegen die päpstl. Unfehlbarkeit auf-
trat. Vor seinem Tode unterwarf er sich. Aus seinem
Nachlaß erschienen "(Nuvi-68 P03t1iuni68, 80uv6nir3
ä6in3.^6un6386" (4. Aufl., Par. 1876). -Vgl. Per-
raud, 1.6 ?. (^., 863 ä6rui6r8 ^0Ul3) 80N t63tani6Iit
8^11-1^61 (1872).
Grattan (spr. grätten), Henry, irischer Parla-
mentarier, geb. 3. Juli 1746 zu Dublin als Sohn
eines Sachwalters, ergriff zuerst den Beruf des
Vaters, trat aber 1775 ins irifche Unterhaus und
an die Spitze der Vorkämpfer für die Befreiung
Irlands von den religiösen und polit. Bedrückungen
Englands. Mit geschickter Benutzung von dessen
schwieriger Lage im amerik. Kriege erlangten G. und
seine Genossen 1782 die Aufhebung der Gefetze,
welche die Beschlüsse des irischen Parlaments der
Nevision des engl. ?riv^ Oouncii unterworfen und
dem engl. Parlament das Recht gewährten, für
Irland Gesetze zu erlassen. Umsonst waren dagegen
dieVemühungen fürKatholikenbefreiungund ebenso
seine Versuche, die 1800 vom irischen Parlament
beschlossene Union mit England zu hintertreiben.
1806 wurde er Mitglied des brit. Parlaments und
war daselbst hauptsächlich für die polit. Gleichbe-
rechtigung der Katholiken thätig, ein Ziel, das in-
dessen erst nach seinem Tode erreicht wurde. Er starb
14. Mai 1820 in London und wurde in der West-
minsterabtei beigesetzt. G.s "8i)66c1i63" sammelte
sein Sohn Henry G. (4 Bde., Lond. 1822; eine
Auswahl veröffentlichte Madden, ebd. 1845). Sein
Sohn schrieb außerdem "N6inoii-8 ok td6 1ik6 3nä
tim63 ok II. 6." (5 Bde., ebd. 1839-45). - Vgl.
Lecky, I.63li6r8 ok t1i6 pndlio opinion in Ir6ig.ua
(Lond. 1871); MacCarthy, H. 6.; an bi^orical
3wä7 (3. Aufl., Dublin 1886).
Grattiere (von Grat, scharfe Gebirgskante), Be-
zeichnung für die meist vereinzelt in den obersten
Alpenregionen sich aufhaltenden Gemsen; im Gegen-
satz zu den etwas stärkern Waldtieren.
Grattius (aus Falerii ^, gewöhnlich G. Fa-
liscus genannt) schrieb zur Zeit des Augustus ein
zwar korrektes, aber trocknes, schwerfälliges Lehr-
gedicht über die Jagd ("0M6F6ticH"), das größten-
teils erhalten ist, herausgegeben in den "?06w6
Iktiiii iniiioi'68" von P. Burmann (2 Bde., Leid.
1731), Wernsdorf (Bd. 1, Altenb. 1780), Vährens
(5 Bde., Lpz. 1879-83), ferner von N. Stern (zu-
fammen mit Nemesianus, Halle 1832) und von M.
Haupt (mit Ovids "Haiieutica," und Nemesianus,
Lpz. 1838).
Grattoni, Severino, mit Sommeiller Erbauer
des Mont-Cenistunnels, geb. 7. Dez. 1816 zu
Voghera, bezog die Universität zu Turin und über-
nahm nach Vollendung seiner Studien die Leitung
der Kunst-und Gewerbeschule zuViella. 1850 machte
er mit Sommeiller gemeinschaftliche Studien über
eine durch komprimierte Luft zu betreibende Ma-
schine für die geneigten Ebenen zu Busalla. Das
Neue dabei war die Benutzung einer ruhenden Was-
sersäule zum Betrieb der hydraulischen Maschine.