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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hetman - Hettinger
bräuchlichen, wie Chetiter, Hittiter u. s. w., vorzuziehen), ein Volk in Syrien, das hauptsächlich aus ägypt. und assyr. Quellen sowie aus der Bibel bekannt ist. Unter den Nachrichten sind die ägyptischen die ältesten. Schon Ramses I. schloß einen Vertrag mit Sapalel, König der H., und aus Ramses’ II. ausführlichen Nachrichten über seine Kriege in Syrien weih man, daß dieH. damals, also im 14. Jahrh. v. Chr., als Cheta an der Spitze eines Bundes der syr. Völker standen und bei Kedesch am Orontes, dem heutigen Tell Nebu-mind, besiegt wurden. Diese Schlacht und die Eroberung von Kedesch bilden den Gegenstand eines großen epischen Gedichtes, das in dem Sallierschen Papyrus, an den Wänden von Karnak, Luksor, Abu-Simbel und Veit el-Walli sowie am sog. Ramesseum im Westen Thebens erhalten und von bildlichen Darstellungen begleitet ist. Der Schlacht folgte ein Friedensschluß zwischen Ramses II. und dem Hethiterkönige, dessen Wortlaut seitens der H. durch den Schreiber Chirepsar auf eine silberne Platte graviert wurde und dessen ägypt. Fassung (vgl. Lepsius, Denkmäler, III, 146) u. a. von Erman ("Ägypten", S. 704 fg.) übersetzt ist; der Pharao aber nahm eine Tochter des Hethiterkönigs zur Frau (abgebildet im Tempel von Abu-Simbel; vgl. Lepsius, Denkmäler, III, 190). Seitdem schweigen die ägypt. Denkmäler über das Land, und erst in assyr. Quellen und im 12. Jahrh. begegnen uns die H. als Chatti wieder; ihr einst so mächtiges Staatswesen zerfällt jetzt in viele kleine Einzelstaaten, die aber noch durch viele Jahrhunderte den Eroberungskriegen der assyr. Könige standhalten und erst allmählich von diesen abhängig werden. Aus Inschriften, die 1888 und 1890 in und bei Sendschirli (s. d.) gefunden wurden, ergiebt sich die Thatsache kleiner erblicher Königreiche unter assyr. Oberhoheit noch für das 8. Jahrh. v. Chr. Erst am Ende dieses oder zu Beginn des 7. Jahrh. scheinen diese kleinen einheimischen Dynastien völlig zu Fall gekommen und durch assyr. Statthalter ersetzt zu sein. Auch die dritte Hauptquelle, die Bibel, zeigt die H. nur noch als einen versprengten Bruchteil ihres Volks, als einen jener vielen Stämme Kanaans, die von den aus Ägypten kommenden Israeliten unterworfen wurden, so die Heviter, Pheresiter, Jebusiter, Girgisiter, Kenisiter und Amonter. Besonders Salomo, der übrigens auch eine Hethiterin zur Frau nahm, scheint die letzten selbständigen Reste der H. im südl. Syrien endgültig unterworfen zu haben (vgl. 1 Könige 9, 20, 21; 2 Chron. 8, 7).
Ganz dunkel sind gegenwärtig noch die Quellen, welche den H. selbst zugeschrieben werden, vor allen die rohen in Syrien (Biredschik, Marasch, Saktschegösü) und in Kleinasien (Eflatun-Bunar, Kölü-Tolu, Fassilar-Kalessi, Ibris, Bulgar-Müden, Pteria, Hüiük u. a.) aufgefundenen Skulpturen; diese sind nicht selten mit einer bisher noch nicht entzifferten, sehr unbeholfen erscheinenden Bilderschrift verbunden, welche man schon deshalb für sehr alt gehalten hat, weil gerade für Syrien schon im 9. Jahrh. v. Chr. eine vollendete und bequeme alphabetische Schrift (Zuschrift des Königs Mescha von Moab u. a.) bekannt ist. Doch hat Puchstein ("Pseudohethitische Kunst", Berl. 1890) darauf hingewiesen, daß innere Gründe dafür sprechen, auch die rohesten dieser sog. hethitischen Monumente für nicht älter als etwa 1000 v. Chr. anzusetzen. Erst von der, ihrerseits wieder von neuen Ausgrabungen und zufälligen Funden abhängigen Entzifferung der hethitischen Inschriften ist sichere Datierung dieser Skulpturen, aber auch genauere Kenntnis der hethitischen Geschichte zu erwarten. Einen Versuch zur Entzifferung hat neuerdings Peifer ("Die hetitischen Inschriften", Berl. 1892) gemacht.
Hingegen scheint die anthropol. Stellung der H. schon jetzt richtig erkannt zu sein; sie stimmen physisch mit den heutigen Armeniern überein, sind also nicht Semiten, wie man früher angenommen hat, sondern Angehörige jener extrem kurz- und hochschädeligen Rasse, die vor der Einwanderung der Semiten Syrien und auch Kleinasien bewohnt hat (vgl. von Luschan im "Korrespondenzblatt der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft", 1892) und deren Reste noch den Hauptteil der christl. und mohammed. Bevölkerung jener Länder ausmachen. - Vgl. Lantsheere, De la race et de la langue des Hittites (Brüss. 1892).
Hetman (wahrscheinlich vom deutschen Hauptmann), im ehemaligen Königreich Polen der Oberbefehlshaber des Heers. Der erste solche H. war Johann Tarnowski unter Sigismund I. 1539 bestanden schon zwei H., der sog. Großhetman (poln. wielki hetman) und der Feldhetman (s. d.). Etwas später gingen beide Würden auch nach Litauen über. Der Großhetman wurde vom König ernannt, hatte aber eine unbegrenzte Gewalt und war unabsetzbar; ihm allein leistete das Heer den Eid, doch durste er sich nicht in die Reichstage und die Königswahlen mischen. Der Reichstag von 1792 hob die Hetmanswürde auf. Über die H. in der Ukraine und bei den Kosaken s. Ataman.
Hetrurĭen, s. Etrurien (Bd. 6, S. 394 b).
Hettingen, Stadt im Oberamt Gammertingen des preuß. Reg.-Bez. Sigmaringen, 5 km südlich von Gammertingen, an der Lauchert, hat (1890) 610 kath. E., Postagentur, Fernsprechverbindung, eine sehr alte got. Kirche; Brauerei, Mahl-, Säge- und Ölmühle. Östlich vonH. auf einem Berge ein altes Schloß, ehemals Wohnsitz der Grafen von Spatb, welchen H. und Gammertingen gehörten, seit 1827 Eigentum des Hauses Hohmzollern-Sigmaringen.
Hettinger, Franz, kath. Theolog, geb. 13. Jan. 1819 zu Aschaffenburg, studierte in Würzburg und im Collegium Germanicum zu Rom, wo er 1843 die Priesterweihe empfing; 1845 wurde er Kaplan zu Alzenau, 1847 Assistent am Priesterseminar zu Würzburg, 1852 Subregens desselben, 1856 außerord. und 1857 ord. Professor an der Universität Würzburg. 1868 wurde H. zu den Vorberatungen für das Vatikanische Konzil nach Rom berufen; den Beschlüssen desselben stimmte er sofort zu. 1879 wurde H. zum päpstl. Hausprälaten ernannt; er starb 26. Jan. 1890 in Würzburg. Seine Hauptwerke sind: "Apologie des Christentums" (2 Bde., Freib. i. Br. 1863-67; 6. Aufl. 1885-87) und "Lehrbuch der Fundamentaltheologie" (2 Bde., ebd. 1879; 2. Aufl. 1887); außerdem sind zu nennen "Die Theologie der Göttlichen Komödie" (Köln 1879), "Die Göttliche Komödie nach ihrem wesentlichen Inhalt und Charakter dargestellt" (Freib. i. Br. 1880; 2. Aufl. 1889), "Dantes Geistesgang" (Köln 1888); ferner: "Die Idee der geistlichen Übungen nach dem Plane des heil. Ignatius von Loyola" (Regensb. 1853), "Herr, den du liebst, ist trank. Ein Kranken- und Trostbuch" (Würzb. 1855; 3. Aufl. 1878), "Die kirchliche Vollgewalt des apostolischen Stuhles" (2. Aufl., Freib. i. Br. 1887), "David Friedr. Strauß. Ein Lebens- und Litteraturbild" (ebd. 1875), "Die Krisis des Christentums, Prote-^[folgende Seite]