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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Isländisches Moos - Isländische Sprache und Litteratur
man brachte von I. Dorsche, getrocknete und gesalzene Kabeljau als sehr begehrte Fastenspeise und versah die Insel mit Mehl und Bier sowie mit Fischerfahrzeugen.
Gegen Ende des 14. Jahrh. gerieten Wissenschaften und Künste, die seit der Einführung der norweg. Herrschaft zu sinken begannen, in gänzlichen Verfall; doch hoben sie sich allmählich wieder, seitdem König Christian III. von Dänemark die Reformation 1540 einzuführen begann, die aber erst 1551 völlig durchgeführt wurde. Im 17. Jahrh. wurde die Insel von algier. Seeräubern heimgesucht, die 1627 eine Masse Menschen mordeten und raubten. Im 18. Jahrh. hatte sie 43 Jahre Mißwachs und 18mal Hungersnot Zu ertragen. Dennoch bildeten sich seit der Mitte des 18. Jahrh. auf I. mehrere Gesellschaften, die wesentlich zur Verbreitung der Aufklärung und Bildung des Volks beitrugen. Während des Krieges zwischen England und Dänemark 1809 bemächtigte sich ein zu den Engländern übergelaufener dän. Matrose, Jörgen Jörgensen, der mit einem armierten engl. Handelsschiffe nach Reykjavik gekommen war, der unbewaffneten Stadt und der höchsten Gewalt, wurde aber nach anderthalb Monaten (Aug. 1809) von den Engländern selbst wieder verjagt, gerade als eine gegen ihn gerichtete Verschwörung im Ausbruche begriffen war. Auf I. herrschte 1824 und 1825 abermals große Hungersnot, namentlich infolge heftiger vulkanischer Ausbrüche in den vorhergehenden Jahren, und 1827 eine heftige Epidemie, die nicht minder zahlreiche Opfer forderte. Nachdem das Althing neun Jahrhunderte bestanden hatte, wurde es im Anfang des 19. aufgelöst und erst zufolge der königlich dän. Verordnung vom 8. März 1843 reorganisiert; heftige Verfassungskonflikte, welche seit 1848 mit Dänemark sich ergaben, fanden in dem Verfassungsgesetz vom 5. Jan. 1874 ihren Abschluß. Seitdem arbeiten die Isländer am Aufbau der innern Verhältnisse ihrer Insel. Wichtige Gesetze sind in dem neugeregelten Staate bereits entstanden: seit 1882 haben alle Frauen, die über 25 Jahre alt sind, eine selbständige Stellung einnehmen und nicht verheiratet sind, kommunales und kirchliches Wahlrecht, seit 1884 ist jeder Grundbesitzer verpflichtet, allen Grund und Boden zu verpachten, den er nicht selbst benutzt.
Vgl. Thienemann und Günther, Reise im Norden Europas, vorzüglich in I. in den J. 1820 und 1821 (Lpz. 1827); Sartorius von Waltershausen, Physik.-geogr. Skizze von I. (Gott. 1847) und dessen Geolog. Atlas von I. (ebd. 1853); Schleißner, I., undersøgt fra et lægevidenskabligt Synspunkt (Kopenh. 1849); Ebel, Geogr. Naturkunde von I. (Königsb. 1850); Winkler, I., seine Bewohner, Landesbilddung und vulkanische Natur (Braunschw. 1861); Preyer und Zirkel, Reise nach I. im Sommer 1860 (Lpz. 1862); K. Maurer, I. von seiner ersten Entdeckung bis zum Untergange des Freistaates (Münch. 1874); ders., Zur polit. Geschichte I.s (Lpz. 1880); Coles, Summer travelling in Iceland (Lond. 1882); Kaalund, Bidrag til en historisk-topografisk Beskrivelse af I. (2 Bde., Kopenh. 1877-82); Lock, Guide to Iceland (Charlton 1882); Thoroddsen, I.s Beskrivelse (Krist. 1883); Ph. Schweitzer, I., Land und Leute, Geschichte, Litteratur und Sprache (Lpz. 1885); Poestion, I., das Land und seine Bewohner (Wien 1885); Baumgartner, I. und die Faröer. Nordische Fahrten (Freib. i. Br. 1889); Baasch, Die Islandfahrt der Deutschen (Hamb. 1889); Thoroddsen, Landfrædhissaga Islands (Reykjavik 1892 fg.).
Isländisches Moos oder Lungenmoos, eine Pflanze aus der Klasse der Flechten, die Isländische Flechte, (Cetraria Islandica Ach. (Lichen islandicus L., s. Tafel: Flechten I, Fig. 5), die im Norden Europas, in Island, Norwegen und Schweden im Flachlande häufig, in Deutschland aber mehr auf Bergen, z. B. auf dem Brocken (daher "Brockenmoos" genannt), gefunden wird, übrigens durch fast ganz Europa verbreitet ist. Sie bildet 4-10 cm hohe dichte Rasen, aus einem meist aufrechten, unregelmäßig geschlitzten und gelappten, oben graugrünen oder bräunlichen, unterseits weißlichen Laube von lederartiger, etwas knorpeliger Substanz. Die in Deutschland sich ziemlich selten entwickelnden Früchte sind schüsselförmig, von glänzendbrauner Farbe und stehen an den Rändern des Laubes. In Nordamerika dient das I. M. als Nahrungsmittel, nachdem man ihm einen Teil seiner Bitterkeit mittels Einweichen in Wasser entzogen hat. Außer seinem magen- und nervenstärkenden Bitterstoff (Cetrarin oder Cetrarsäure) enthält es viel Stärkemehl (Flechtenstärke, s. d.) in seinen Zellen; in der Arzneikunde wird es bei verschiedenen Brustleiden, langwierigen Katarrhen, Blutspucken und Auszehrung angewendet und als Thee, Gallerte oder auch mit Schokolade verbunden (Moosschokolade) gegeben. Namentlich erweist es sich in Verbindung mit Carrageen-Moos (s. d.) und dem Wurzelstock des Engelsüß (s. Polypodium) als Thee gegeben als ein sehr wirksames Mittel gegen Heiserkeit und Husten.
Isländische Sprache und Litteratur. Die isländische Sprache gehört zu den nordgerman. Sprachen und hat unter diesen das älteste Gepräge bewahrt. Sie wurde von den Großen Norwegens, die im 9. und 10. Jahrh. ihre Heimat verliehen, mit nach Island genommen, wo sie deren Nachkommen infolge ihrer Abgeschlossenheit in alter Reinheit bewahrt haben. Noch heute ist Grammatik und Wortschatz fast derselbe wie im 13. Jahrh.; nur die Aussprache hat sich in vielem geändert. Eigentümlich sind dem Isländischen die vollen Vokale der Endungen, wo die andern nordischen Sprachen meist tonloses e haben eintreten lassen, ein viel ausgedehnterer Umlaut der Stamm- und Endungsvokale und die Erhaltung der alten Diphthonge ei, au, ey, wo die andern Sprachen e, o und ö haben. Von bedeutenden Veränderungen innerhalb der Zeit der Sprachdenkmäler ist die Verlängerung kurzer Vokale vor bestimmten Konsonantenverbindungen, die im 15. und 16. Jahrh. erfolgte, hervorzuheben. - Vgl. Th. Möbius, über die altnordische Sprache (Halle 1872); A. Noreen, De nordiska Språken (Upsala 1887); ders., Geschichte der nordischen Sprachen in Pauls "Grundriß der german. Philologie", Bd. 1 (Straßb. 1891).
Die altisländische Litteratur ist die einzige altnordische Litteratur, die eine Menge originaler Werke, sowohl in Poesie als auch in Prosa, aufzuweisen hat. Die Dichtkunst nahmen die Isländer mit aus Norwegen und brachten sie im 10. Jahrh. zur höchsten Entfaltung. Im 13. Jahrh. aber entwickelte sich hier eine Prosalitteratur, wie sie kein anderer german. Stamm aufzuweisen hat. Vielfach hat der Verkehr mit andern Völkern befruchtend auf ihre Litteratur eingewirkt. Die Isländer behandelten in ihren Gedichten die german. und nor-^[folgende Seite]