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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Junglitauen - Jung-Stilling
lings- und Männervereine von Pastor Westphal in
Cöthcn; ferner die Jahrbücher der einzelnen Bünd-
nisse und einzelner Vereine.
Iunglitauen, Fraktion, s. Fortschrittspartei.
Iungmann (an der Ostsee) oder Lcichtmatro s c
(an der Nordsee), auf Handelsschiffen die Zwischen-
stufe zwischen Schiffsjunge und Vollmatrose. Der
I. muß zwei Jahre zur See gefahren baben.
Iungmann, Joseph, czech. Philolog und Pa-
triot, geb. 16. Juli 1773 zu Hudlitz in Böhmen,
studierte auf der Universität in Prag erst Philosophie,
dann Rechtswissenschaft, wurde 1799 Lehrer am
Gymnasium in Leitmcritz, 1815 am Altstädter Gvm-
nasium in Prag, 1835 Präfekt, trat 1815 in den
Ruhestand und^ starb 10. Nov. 1847 zu Prag. I.
ist uui das geistige Wiederaufleben seines Volts
hochverdient, ^eine erste größere Arbeit war eine
Übersetzung von Miltons "Verlorenem Paradies')
(begonnen 1809, erschien 1811), welche für die neue
Dichtersprache grundlegend war. Darauf folgte die
Übersetzung von Chäteaubriands "Atala" (1805).
1818 beteiligte er sich an der Gründung des Böh-
mischen Museums, 1821 gründete er mit Johann
Presl die erste wissenschaftliche Zeitschrift in czech.
Sprache, den "Xrok", 1830 rief er mit Palacky die
Gesellschaft "^I^tieL c:68iiH" am Böhmischen Museum
ius Leben. Seine Hauptwerke sind: "Geschichte der
czcch. Litteratur" (1825; 2. Aufl. 1849), eine äußerst
reichhaltige czech. Bibliographie mit kurzen Anmer-
kungen über die Entwicklungsgeschichte der Littera-
tur und Sprache, und das "Czechisch-deutsche Wörter-
buch'), zu dem I. seit 1800 Material gesammelt
hatte (5 Boe.^ 1835 - 39), ein für die damals sich
neubildende Schriftsprache hochbcdeutendes Werk.
Sonst ist noch zu erwähnen seine "Poetik" ("31o
vL3N08t')), 1820; 2. Aufl. 1845), ein Lebrbuch mit
Chrestomathie; dann die "Gesammelten Schriften in
Poesie und Prosa)) (184i/) und seine interessanten
"Memoiren" ("ö^sopiZ öeL^kQo NnLea", 1871).
Biographien I.s schrieben V. Zeleny (Prag 1873
-74); in russ. Sprache Nil Popow (im "Journal
des russ. Unterrichtsministeriums", 1873, Juli) und
Nik. Sadcrazkij (Kiew 1874).
Iungmatz, s. Aichmaß.
Iüngstenrecht. Nach uraltem deutschem Recht,
welches in den Ländern sächs. Rechts lange erhalten
geblieben ist, sollte bei Erbteilungen der Ältere tei-
len, der Jüngere wählen. Das galt nach manchen
Rechten nur, wenn zwei, nach andern auch wenn
mehr Miterben vorhanden waren. Heute ist die Tei-
lung der Übereinkunft, wenn es daran mangelt,
richterlicher Entscheidung, nach manckcn Rechten dem
Los überlassen. Dabei' soll nach Sächs. Vürgerl.
Gesetzt?. §. 339 der älteste Miteigentümer die Teile
machen, die andern ziehen, je der jüngste zuerst. Nach
fries. und schweiz. Nechtsquellcn erhält der jüngste
Sohn das väterliche Seßhaus, während die andern
durch Geld entschädigt werden. Das gilt noch in
Bern; in manchen niedersächs. Gegenden ist das
jüngste Kind in dieser Weise bevorzugt. Bei unteil-
baren Familienfideikommissen (s. d.) ist die Erbfolge-
ordnung der Primogenitur (s. d.) die Regel, doch
kommen anch Minorate und Iuniorate vor, d. h.
der jüngste Verwandte des letzten Besitzers entweder
überhaupt oder der Jüngste der nach dem Grade
Nächsten oder der Jüngste aus der jüngsten Linie hat
den Vorzug. Ebenso steht bei unteilbaren Bauern-
gütern in vielen Gegenden Deutschlands, auch noch
heute, dem Jüngsten das Vorrecht Zu.
Jüngster Tag, s. Jüngstes Gericht.
Jüngstes Gericht, Jüngster Tag oder
Weltgericht bezeichnet in der kirchlichen Dog-
matik das bei der Wiederkunft Christi mit der
allgemeinen Totenerweckung eintretende Ende der
gegenwärtigen Weltperiode. Im Anschlüsse an die
jüd. Erwartungen vom Weltgericht und die ur-
christl. Hossnung auf die Wiederkunft Christi bildete
sich schon im apostolischen Zeitalter die Vorstellung
von dem dereinstigcn Weltenrichteramt Christi über
Gute und Böse. Die Offenbarung des Johannes
hat diese Erwartung uoch weiter dahin ausgebildet,
daß der Messias zunächst die Frommen erwecken
und mit diesen sowie mit den noch lebenden Ge-
rechten und den inzwischen sich Bekehrenden in dem
von ihm gestifteten irdischen Reiche 1000 Jahre
lang leben werde. Am Schlüsse dieser Periode soll
ein neuer, furchtbarer Kampf mit dem Satan los-
brechen, doch mit dem Siege des Messias enden,
und nun die allgemeine Auferstehung der Toten
und das I. G. über die Völker erfolgen, damit
aber das ewige, gottliche Reich mit dem ueuen
Himmel und der neuen Erde feinen Anfang neb-
men. Mit den Symbolifchen Büchern der prot.
Kirche blieben allgemein die Theologen der ältern
Zeit bei der Bestimmung stehen, daß Christus am
Ende aller Dinge kommen werde, um über Lebende
und Tote Gericht zu halten. Spätere Theologen
bieltcn zwar die Vorstellung von einem sichtbaren
Akte Jesu fest, erklärten aber alles andere, was
sonst beim I. G. erfolgen soll, sür Bilder, die von
menschlichen Gerichten entlehnt seien und die man
folglich nicht eigentlich zu nehmen habe. Da sich
indes das eine von dem andern nicht trennen läßt,
so betrachtet die freie Theologie der Gegenwart die
dereinst sichtbare Erscheinung Iesn zum Weltgericht
ebenso wie die übrigen Zukunftserwartungen nur
als ein Bild der fortwährend durch den Geist Jesu
sich vollziehenden Scheidung unter den Menschen
oder als Symbol des unaufhaltsam siegenden Gottes-
reichs, wogegen die neue Orthodoxie jene Bilder
sämtlich wieder buchstäblich faßt. (Vgl. Chilias-
mus.) - Das I. G. ist in der Malerei oft Gegen-
stand der Darstellung geworden; hervorragend sind
die Kompositionen von Michelangelo in der Sir-
tinischen Kapelle zu Rom, von Giotto in Madonna
dell'Arena zu Padua, von Ambrogio und Pietro
Lorenzetti im Camvo ^-anto zu Pisa, von Fiesole in
der Akademie zu Florenz, von Signorelli im Dom
zu Orvieto, von Fra Vartolommeo in (^ta. Maria
Nuova zu Florenz, von Rubens in der Alten Pina-
kothek zu München, von Cornelius in der Ludwigs-
kirche zu München. - Vgl. Jessen, Die Darstellung
des Weltgerichts bis ausMichelangelo (Berl. 1883).
Iung-Stilling (eigentlich Joh. Heinr. Jung),
Schriftsteller, geb. 12. Sept. 1740 zu Im-Grund im
Nassauischen, erlernte das Schneiderhandwerk, stu-
dierte seit 1770 Medizin in Straßburg, wo er im
nähern Umgang mit Goethe lebte, ließ sich dann zu
Elberfeld als Arzt nieder und zeichnete sich besonders
als Operateur des Stars aus. 1778 wurde er an der
Kameralschule zu Kaiserslautern angestellt und bei
Verlegung dieser Anstalt nach Heidelberg als Pro-
fessor der Landwirtschaft mit dahin versetzt. 1787
folgte er einem Rufe als Professor der Ökonomie
und Kameralwisscnschaften nach Marburg, kehrte
aber 1803 nach Heidelberg zurück und lebte zuletzt
ohne öffentliche Anstellung zu Karlsruhe, wo er als
bad. Geheimrat 2. April 1817 starb.