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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kalender

festgesetzt wurde, wurde dieser Tag auch Kalenderneujahr. Da die Römer die ungerade Zahl für glückbringend hielten, erhöhten sie nicht nur die Dauer des Mondjahrs von 354 Tagen auf 355, sondern vermieden auch den sonst üblichen Wechsel von 29- und 30tägigen Monaten, indem sie dem März, Mai, Quinctilis und Oktober 31, den übrigen Monaten dagegen mit Ausnahme des Februar, auf den bloß 28 Tage entfallen konnten, 29 gaben. Zur Ausgleichung mit dem Sonnenjahr wurden in jedem zweiten und vierten Jahre nach dem 23. Febr. abwechselnd 22 oder 23 Tage eingeschaltet. Dieser Schaltmonat, zu welchem man noch die letzten fünf Tage des Februar hinzurechnete, hieß Mercedonius (von merces «Zins», vielleicht daher, daß die Pächter, deren Zahlungen im März, mit dem das Jahr begann, fällig wurden, durch jenen Monat noch eine Frist erhielten). Nach dem oben erwähnten Schaltsystem stellte sich die Durchschnittsdauer des Jahres, welche ohne das Hinzukommen des 355. Tages gerade die normale gewesen sein würde, auf 366¼ Tage, was im Laufe der Zeit eine Verschiebung des Neujahrs von einer Jahreszeit in die andere zur Folge haben mußte. Ferner ging aber dadurch, daß die Zahl der ein Jahr um das andere einzuschaltenden Tage der Dauer eines synodischen Monats nicht entsprach, auch die Übereinstimmung mit den Mondphasen verloren. Durch die Willkür der Oberpriester, die den K. zu ordnen hatten, geriet derselbe vollends in Verwirrung. Diesem Zustand machte erst Cäsar 46 v. Chr. ein Ende. Nach dem von ihm eingeführten Julianischen K., welchem das reine Sonnenjahr zu Grunde gelegt wurde, erhielten die drei ersten Jahre eines vierjährigen Cyklus 365, das vierte aber 366 Tage, wonach sich ebenso wie in der Oktaeteris und im Kallippischen Cyklus eine Durchschnittsdauer von 365¼ Tagen ergab. Den einzelnen Monaten gab Cäsar diejenige Zahl von Tagen, die sie noch gegenwärtig haben. Der Schalttag erhielt, ebenso wie im alten K. der Schaltmonat, seine Stelle nach dem 23. Febr. Um den durch wiederholte Unterlassung von Schaltungen entstandenen Ausfall zu beseitigen, legte Cäsar im J. 46, welches ohnehin im Februar den herkömmlichen 23tägigen Schaltmonat hatte, zwischen dem November und Dezember noch zwei weitere ein, die zusammen 67 Tage enthielten, worauf mit dem 1. Jan. des folgenden Jahres der neue K. ins Leben trat. Jenes Übergangsjahr, welches 445 Tage zählte, führte den Namen annus confusionis (Jahr der Verwirrung). Statt der Monatsnamen Quinctilis und Sextilis führte der röm. Senat, dem Julius Cäsar und dem Kaiser Augustus zu Ehren, die noch jetzt üblichen Namen Julius und Augustus ein. Den ersten Tag jedes Monats nannten die Römer die Calendae (s. d.), ferner in den Monaten März, Mai, Juli, Oktober den 15. die Iden (Idus) und den 7., der von den Idus rückwärts gerechnet bei Einschluß des Anfangs-und Endtermins der neunte Tag war, die Nonae, in den übrigen Monaten aber schon den 5. Nonae, den 13. Idus. Von diesen drei ausgezeichneten Monatstagen an wurde nun in der Weise rückwärts datiert, daß der ihnen unmittelbar vorausgehende Tag als solcher (pridie Calendas), der vorletzte Monatstag als dritter vor den Kalenden des nächsten Monats u. s. w. bezeichnet wurde. Demnach hieß der 2. Jan. der Ⅳ. (ante) Nonas Januarii, der 8. März Ⅷ. Idus Martias, der 20. Mai der ⅩⅢ. Calendas Junias u. s. w. Der im Julianischen K. jedes vierte Jahr nach dem 23. Febr. einzulegende Schalttag führte, weil er bei der Rückwärtszählung erst auf den mit Ⅵ. Kal. Mart. bezeichneten Tag folgte, den Namen bis sextus. Über die verschiedene Beschaffenheit der Kalendertage in rechtlicher Hinsicht s. Fasti.

Nachdem die Julianische Einschaltungsmethode, welche auch die Christen ohne Änderung annahmen, über 1600 Jahre beibehalten worden war, führte Papst Gregor ⅩⅢ. 1582 auf Grund eines vom Tridentinischen Konzil gefaßten Beschlusses eine genauere ein, welche die Grundlage des von Luigi Lilio entworfenen Gregorianischen K. ist. In diesem besteht gegen die Julianische Schaltmethode die Abweichung, daß in dem letzten Jahre eines jeden Jahrhunderts die Schaltung unterbleibt, außer wenn die Zahl der nach Ablauf des Jahrs verflossenen Jahrhunderte durch 4 teilbar ist. So waren 1700, 1800 keine Schaltjahre, 1900 wird auch keins sein, wohl aber 2000, 2400, 2800 u. s. w. Die Weglassung von 10 Tagen zwischen dem 4. und 15. Okt. 1582 hatte den Zweck, die Frühlingsnachtgleiche, welche zur Zeit der Kirchenversammlung zu Nicäa (325 n. Chr.) 21. März eingetreten war und seitdem, besonders der Berechnung, des Osterfestes wegen, ein- für allemal auf diesen Tag gesetzt wurde, thatsächlich auf denselben zurückzuführen. Der Gregorianische K. wurde an dem von der päpstl. Bulle dafür festgesetzten Tage nur in Italien, Spanien und Portugal eingeführt, in Frankreich und den kath. Niederlanden erst zwei Monate später, in dem kath. Teile von Deutschland und den kath. Kantonen der Schweiz 1583, in Polen 1586, in Ungarn 1587. Die evang. Stände Deutschlands nahmen den verbesserten K. nach langem Widerstreben erst 1700 an, indem sie 11 Tage ausließen und auf den 18. Febr. sogleich den 1. März folgen ließen. Gleichzeitig thaten dies Dänemark und die Niederlande, im folgenden Jahre die evang. Kantone der Schweiz, welche das 18. Jahrh. unter Weglassung der 11 ersten Kalendertage mit dem 12. Jan. 1701 anfingen. In England führte man den Gregorianischen K. erst 1752 ein, indem man von dem 2. auf den 14. Sept. überging; zugleich fing man dort von nun an das Jahr nicht mehr, wie bisher, 25. März, sondern 1. Jan. an. Das letzte Land, das den verbesserten K. annahm, war Schweden, wo man 1753 nach dem 17. Febr. den 1. März zählte. Die Russen und überhaupt die Bekenner der nicht-unierten griech. Kirche sind bei dem Julianischen K. (Alter Stil) geblieben und daher hinter den übrigen Europäern seit 1700 um 11, seit 1800 um 12 Tage zurück, die sich 1900 auf 13 und 2100 auf 14 Tage vermehren werden. Hinsichtlich der Bestimmung des Osterfestes (s. Ostern) bestand lange noch eine Verschiedenheit zwischen den Katholiken und den Protestanten. Auch diese wurde 1775 auf Antrag Friedrichs Ⅱ. von Preußen beseitigt, und der protestantische K. weicht seitdem von dem katholischen nur in den Benennungen der Sonntage und andern unwesentlichen Punkten ab. – Vgl. Kaltenbrunner, Die Vorgeschichte der Gregorianischen Kalenderreform (Wien 1876); den., Die Polemik über die Gregorianische Kalenderreform (ebd. 1877); ders., Beiträge zur Geschichte der Gregorianischen Kalenderreform (ebd. 1880).

Der jüdische K. ist sehr verwickelt. Der Monat der Juden ist ein Mondmonat und entweder voll oder mangelhaft, je nachdem er 30 oder 29 Tage

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