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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kartätschgranate - Kartäuser
Espingolen (s. d.). Erst in der Gegenwart gelang
es, den K. eine vollkommenere Gestalt zu verleihen.
Zierher gehört zunächst die Gruppe der eigentlichen
Nevolverkanonen, bei denen ein im Kreise ge-
lagertes Rohrbündel von 4 bis 10 Läufen sich um
eine gemeinsame Längenachse dreht, jeder Lauf ein-
zeln mit Patronen gespeist wird und bezüglich der
Stellung der Schlohteile u. s. w. in einem andern
Zustande sich befindet, sodaß das einzelne Kar-
tätschgeschütz ein ununterbrochenes Feuer auszu-
üben vermag. Den Gegensatz hierzu bilden die-
jenigen K., bei denen das Feuer mehr lagenweise
abgegeben wird, indem das Kartätschgeschütz mit
soviel Patronen gleichzeitig gespeist wird, als der
Rohrkörper Läufe besitzt, dle hier auch in größerer
Zahl vorkommen. Die Schüsse der einzelnen Lage
werden in beliebiger Feuerschnelligkeit nacheinan-
der abgegeben; letztere kann so erhöht werden,
daß die Abgabe der Schüsse einer Salve ähnlich
wird, nach der eine gewisse Feuerpause eintritt.
Man pflegt solche K. als Salvengeschütze
zu bezeichnen. Eine dritte Gruppe, die eigentlichen
Repetiergeschütze, wird durch diejenigen K. ge-
bildet, bei denen eine Anzahl Läufe neben- oder auch
übereinander liegen und keine Drehung haben, bei
denen ferner jeder Lauf für sich gespeist wird und
alle in gleichem Zustande sich befinden, ausgenom-
men in Bezug aus das Abfeuern, was bei jedem
Lauf einzeln, indes in beliebigem Tempo erfolgt,
^ie vermögen mit weniger Läufen als die Salven-
geschütze auszukommen.
Die älteste Revolverkanone ist die des Nord-
amerikaners Gatling, auch Gatlingkanone
(s. d.) genannt, die bereits im Secessionskriege
(1860-65) seitens der Verbündeten gebraucht wurde
und seitdem eine ausgedehnte Verbreitung und Fort-
bildung erfahren hat. Die Gatlmgkanonen als
zehnläufige K. vom Kaliber der Infanteriegewehre
wurden unter andcrm in Ruhland und England
angenommen und seitens des erstern vor Plevna
1877, seitens des letztern im agypt. Feldzug 1882
verwendet. Eine Fortbildung der Gatlingkauone
zeigt die Hotchkiß-Revolverkanone oder
Hotchkißkanone, wie sie im Deutschen Reich für
Marine und Festungen, außerdem in Frankreich
und Rußland für die Marine zur Einführuug ge-
langt ist. Der Erfinder Hotchkiß vereinfachte den
Mechanismus der Revolverkanone, indem er nur
eine Lade- und eine Abfeucrvorrichtung für sämt-
liche Läufe anbrachte, während bei Gatling jeder
der letztern sein eigenes Schloß hat. Die auf Tafel:
Geschützelll, Fig. 1 abgebildete deutsche Hotch-
kiß kau one, die hier als Schiffsgeschütz dient, ist
fünfläusig, vom Kaliber 37 mm. Die Handhabung
des Mechanismus geschieht durch die Kurbel, die der
Matrose in der rechten Hand hält. Das Bodenstück
macht dabei (im Gegensatz zu Gatling) die Drehung
der Läufe nicht mit. Mit der linken Hand giebt der
Matrose dem Kartätschgeschütz die gehörige Höhen-
und ^eitenrichtung, wobei er, ähnlich wie beim Ge-
wehr, den Bewegungen des Gegners mit dem Geschütz
zu folgen vermag. Das links hinten aus dem Rohrs
heraustretende Schulterstück giebt dem Geschütz An-
lehnung an die Schulter des Schützen. Der jedes-
mal zu unterst befindliche Lauf ist fchuhbereit. Wäh-
rend des Abfeuerns stehen die Läufe selbstthätig still.
Am Bodenstück befindet sich links der Ladetrichter,
der die Patronenzuführung bewirkt. Das Gewicht
ohne Rahmen ist 210 KZ.
Artikel, die man unter K verm
ZU den Salvengeschützen gehört das von dem
franz. Oberst Reffye (s. Reffyekanonen) erfundene,
1867 in die franz. Feldartillerie eingestellte (^non
ü. 1)^1103 mit 25 zu einem Körper vereinigten Läu-
fen von 13 min Kaliber, welches namentlich im
ersten Zeitraum des Krieges 1870 und 1871 eine
umfassende Verwendung fand, ohne den Erwar-
tungen zu entsprechen/jetzt aber veraltet ist, und
die von den belg. Fabrikanten Montigny & Chri-
stophe erfundene Mitrailleufe (s. Christophe-
und Montigny-Mitrailleuse). 1809 wurde das Ge-
schütz als Mitrailleur Montigny in Österreich-
Ungarn angenommen, in Kaliber und bezüglich der
Patrone mit dem Infanteriegewchr in Überein-
stimmung gebracht. Die beabsichtigte Einstellung
in die Fcldartillerie, namentlich der Honvedarmee,
ließ man 1875 fallen.
Zu der dritten Gruppe zählen die Palm kr antz-
Winborg-Mitrailleuse (s.d.), welche in Schwe-
den für Landheer und Flotte, in Rußland für die
Flotte eingeführt ist, und die zahlreichen Konstruk-
tionen von Nordenfelt.
Was die Munition derK. betrifft, fo verfeuern
sie sämtlich Patronen mit gasdichten Hülsen, na-
mentlich mit Messinghülsen und mit Centralzün-
dung. Die Geschosse der kleinern Kaliber (Gewehr-
kaliber) sind von Blei, der größeren von Stahl. Die
Bleigeschosse sind voll, die stählernen zum Sprengen
eingerichtet (s. Geschoß, Bd. 7, S. 907 d). Die
gröhern Kaliber haben auch Kartätschen. Für die
deutsche Hotchkihkanone besteht eine Granate mit
Kupferführung und Perkussionszünder von 455 F
Gewicht mit 23 F Sprengladung, eine Kartätsche mit
19 Hartbleikugeln und 3 Segmentstücken als Füllung.
Die (25,4 min-) Nordenfeltmitrailleuse hat eine Gra-
nate aus gehärtetem Stahl von 206 3 Gewicht.
Kartätsch granate, Granat kartätsche, so-
viel wie Schrapnel (s. d. und Geschoß, Bd. 7, S.
901". u. 907).
Kartaune, Karthaune (von Quartane, Vier-
telsdüchse), veraltete Bezeichnung für schwere Ge-
schütze (s. d., Bd. 7, S. 910 a).
Kartause, f. Certosa.
Kartäufer (Karthäuser), Mönchsorden, ge-
stiftet vom heil. Bruno ls. d.) von Köln, der 1084 mit
sechs Genossen in der Einöde Chartreuse (s. d.) sich
dem Einsiedlerleben widmete. Der fünfte Prior,
Guigo, gab dem Orden 1134 seine Regel (3tawt3,
(^ui^oniä oder <^0n8U6tncIiu68 <^ai'tu8i3.6), worauf
1170 die päpstl. Bestätigung erfolgte. Die K. ver-
pflichteten sich zum strengsten Leben, wohnten in
einsamen Zellen, beobachteten strenge Fasten und
Schweigen und beschäftigten sich mit Handarbeit,
Vücherabschreiben u. dgl. Ihre Reichtümer ver-
wandten sie auf den Bau von Kirchen, wie der Cer-
tosa (s. d.) bei Pavia. Gastfreiheit und Wohlthätig-
keit werden geübt; auch haben sie höhere Bildung
als die Vettelmönche. Ihre Tracht ist ein langer
weißer Rock mit weißer Kapuze, beim Ausgehen ein
schwarzer Chorrock. Jetzt bestehen die K. vorzugs-
weise in Frankreich. Laienbrüder werden als Diener
von untergeordneter Stellung aufgenommen.
Kartäuserinnen entstanden in Frankreich
zuerst in den Klöstern von Salette an der Rhone
(1229) und zu Premol bei Grenoble (1234). Sie
erhielten die Regel der K. und wurden von deren
Obern beaufsichtigt. Ihre Tracht ist: weißer Rock
und gleichfarbiges Skapulier, weißer Wimpel,
schwarzer Schleier. Sie sind 1790 eingegangen. -
ißt, sind unter E aufzusuchen.