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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kiefer (botanisch)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Kiefer (botanisch)'

deutende Entwicklung des Kerns auszeichnen. In Kulturwäldern wird sie wohl selten älter als 100- 200jährig genutzt, während sie auf ihr zusagendem Standort recht gut ein Alter von 300 bis 400 J. erreichen kann. Die gemeine K. liefert das gesuchteste Holz zu starken Schiffsmasten; am berühmtesten sind die nordischen, die von Riga aus in den Handel kommen; in Deutschland die K. des Hauptsmoors bei Bamberg. Während junges Kiefernholz wenig Brennkraft und nur sehr geringe Dauer besitzt, zeichnet sich altes, kerniges, harzreiches bezüglich dieser Eigenschaften vorteilhaft vor der Fichte aus, weshalb es oft an Stelle von Eichenholz, z. B. zu Brückenrosten, Verwendung findet. Die K. liefert ferner Teer, Terpentinöl, Pech und Kienruß. Die Nadeln dienen zur Bereitung von Bädern, auch gewinnt man aus ihnen die sog. Waldwolle. Die K. ist forstlich sehr wichtig, nicht bloß ihrer vielseitigen Nutzbarkeit wegen, sondern namentlich auch deshalb, weil sie zur Aufforstung der schlechtesten Böden dient, z. B. auf trocknem Sandboden durch keine andere Holzart ersetzt werden kann. Die schönsten, nutzbarsten Kiefernstämme erzieht man durch Mischung mit andern, schlanken Holzarten, z. B. mit Fichten.

Die K. ist vielfachen Gefahren.und Krankheiten ausgesetzt. In der Jugend leidet sie häufig an der Schütte (s. d.). Verschiedene parasitische Pilze verursachen auch andere Krankheiten der Nadeln, z. B. Peridermium pini Wallr. acicola (eine auf den Nadeln vorkommende Form des Kiefernblasenrostes), der Kieferndreher (Caeoma pinitorquum A. Br.) u. a., ferner Krankheiten der Rinde und des Holzes, z. B. der Erdkrebs (s. d.) oder das Harzsticken, die Rotfäule und Rindenschäle (s. Trametes), die Kienkrankheit (s. d.) u. a. Unter den Insekten hat sie viele Feinde, den großen Kiefernspinner (Gastropacha pini L.), die Nonne (Liparis monacha L.), Kieferneule (Trachea piniperda Panz.), Kiefernspanner (Fidonia piniaria L.), eine ziemliche Anzahl von Mikrolepidopteren, namentlich die Arten der Gattung Retinia. Zahlreiche Käferarten, vorzugsweise die Larve des Maikäfers (Engerling), der große und kleine braune Rüsselkäfer (Hylobius abietis L. und Pissodes notatus Fabr.) u. a. Rüsselkäfer, viele Borken- und Bastkäfer, besonders der Waldgärtner (Hylesinus piniperda L. und minor Hrtg.), Tomicus stenographus L., laricis Fabr., bidens u. a. m., sind Feinde der K., ebenso einige Blattwespen, namentlich die Kiefernblattwespe (Lophyrus pini L.). (Vgl. die Litteratur beim Artikel Forstinsekten; ferner R. Hartig, Lehrbuch der Baumkrankheiten, 2. Aufl., Berl. 1889, und Eckstein, Die K. und ihre tierischen Schädlinge, Bd. 1: Die Nadeln, ebd. 1893.) Ihre tiefe Bewurzelung macht die K. sturmfester als die Fichte, doch leidet sie mehr vom Schnee- und Eisbruch als diese.

Die verschiedenen Standortsverhältnisse bedingen verschiedene Formen der gemeinen K., die früher von Botanikern und Gärtnern besonders benannt wurden. Als gute europ. Arten der Gattung Pinus sind namentlich zu nennen: Berg-, Zwerg- oder Krummholzkiefer, auch Latsche, Leg- oder Alpenföhre genannt (Pinus montana Mill.), deren gleichfarbige Nadeln paarweise aus einer Scheide kommen. Die weiblichen Blüten sind violett oder bläulich, der Nabel der Schuppenschilde von einer dunkeln Linie begrenzt, grauweiß, die Rinde dunkel. Sie bildet zahlreiche Varietäten mit Übergangsformen, wie die meist auf Hochmooren vorkommende Hakenkiefer (Pinus uncinata Ram. et DC.), deren Zapfen an der Lichtseite sehr stark entwickelte, kapuzenförmig erhabene und nach der Basis zurückgekrümmte Schuppenschilde haben, die Knieholzkiefer (Pinus pumilio Haenke), mit Schuppenschilden von gleicher Höhe rings um den Zapfen, die Mugokiefer (Pinus mughus Scop.) u. s. w. Die Lärchen- oder Schwarzkiefer (Pinus nigricans Host., nigra Lk., maritima K. et Ait., laricio Poir., austriaca Höss) hat paarweise gleichfarbige Nadeln, gelbe männliche und rote weibliche Blüten, bis 8 cm lange, sitzende, gelbbraune Zapfen mit fleischfarbenem Nabel, ist verbreitet in Südeuropa und wichtig wegen der Harznutzung (s. d.). Die Strandkiefer (Pinus pinaster Sol., maritima Poir.), der Schwarzkiefer sehr ähnlich, ist als Harzbaum besonders wichtig an den Küsten Portugals, Spaniens und Frankreichs und ein ausgezeichneter Baum für die Kultur der Sanddünen an den Küsten des Atlantischen Meers. Die Aleppokiefer (Pinus halepensis Mill.) mit paarweisen, gleichgefärbten, sehr dünnen, zarten Nadeln ist heimisch an den Küsten des Mittelmeers. Die Pinie (Pinus pinea L.) hat paarweise, hellgrüne Nadeln, eiförmige, 8-15 cm große Zapfen; deren Nabel ist ohne schwarze Saumlinie, ihr Samen bis 2 cm groß mit nur schmalem, saumartigem Flügel, ihr Kern eßbar. Sie ist heimiscb an den Küsten des Mittelmeers. Die Zürbel- oder Zirbelkiefer oder Arve (Pinus cembra L.). deren Nadeln zu fünf aus einer Scheide kommen, hat einen eßbaren Kern und ist heimisch in den Alpen, wo sie bis in die Krummholzregion steigt. Von den zahlreichen exotischen K. ist in Deutschland namentlich heimisch geworden die Weymouthskiefer (Pinus strobus L.), deren zarte und dünne, bis 10 cm lange, an der konvexen Seite hellgrüne, an der innern, ebenen Fläche bläulichweiß gestreifte Nadeln zu fünf aus einer Scheide kommen. Sie ist aus Nordamerika seit 1705 in Europa eingeführt, nicht bloß in Gärten, sondern auch als Waldbaum angepflanzt. Dieser K. sehr ähnlich ist die deutsches Klima leidlich vertragende Pinus excelsa Ham. vom Himalaja, indessen wohl kaum im deutschen Walde des Anbaues würdig und fähig. Letztere Eigenschaft dürften eher noch drei nordamerik. Arten haben: Die drei Nadeln aus einer Scheide zeigende Pinus rigida Mill. (Pechkiefer), die echte Pitch Pine des Holzhandels, die 1759 nach England eingeführt wurde; sie besitzt die keiner andern K. zukommende Eigenschaft, auf den Stock gesetzt wieder auszuschlagen. Ferner Pinus ponderosa Dougl., in Kalifornien, überhaupt im Norden Amerikas unter dem Namen Yellow Pine bekannt, eingeführt in Europa 1826; sie besitzt drei lange, dunkelgrüne Nadeln in einer Scheide. Endlich Pinus Jeffreyi Murray (aus Kalifornien) mit drei schönen langen blaugrünen Nadeln, vielleicht nur Varietät der ponderosa, eingeführt um 1852. Mit den drei letztgenannten Arten werden jetzt Anbauversuche in Deutschland gemacht. Terpentin liefernde K. sind auch die Besenkiefer (Pinus australis Mich., Mexiko) und die Weihrauchkiefer (Pinus taeda L., Virginien). Aus den angebrannten Stämmen der kaliforn. Zucker- oder Riesenkiefer (Pinus Lambertiana Dougl.) schwitzt das sog. Kalifornia-Manna oder Pinit aus, das die Indianer wie Zucker benutzen. Das Anacuitholz von Pinus

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 324.