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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kirchensteuer
Pius VII. hatte sich bereits stillschweigend in die Aufhebung des K. gefügt, als Napoleon sich durch die Schicksalsschläge von 1813 gezwungen sah, den K. wieder auszurichten und den Papst freizugeben, der 24. Mai 1814 wieder in Rom einzog. Doch mußte Pius VII. nochmals nach Genua fliehen, als Murat von den Alliierten abfiel; diese Erhebung und Napoleons Rückkehr von "Elba gereichte aber dem Papst zum Nutzen, insofern jetzt Consalvi in Wien die Rückgabe von Camerino, Pontecorvo, Benevent, der Mark Ancona, Macerata, Fermo, den Legationen, Ravenna und Bologna erwirkte, und Österreich sich mit dem links vom Po gelegenen ferraresischen Striche und dem Besatzungsrecht in Ferrara und Comacchio begnügte; Avignon und Venaissin wußte Talleyrand für Frankreich zu retten. Consalvi erreichte das Gleichgewicht im Staatshaushalt, das unter Leo XII. (1823-29) infolge der kirchlichen Verschwendung wieder verloren ging. Das Unterrichtswesen wurde gleichfalls durch Leo XII. wieder den Jesuiten ausgeliefert und sank infolgedessen tief. Zugleich schoß das Banditentum wieder üppig empor. Auf Leos XII. unfruchtbare Regierung folgte die kurze Pius' VIII. (März 1829 bis Nov. 1830) und dann 2. Febr. 1831 die Wahl Gregors XVI. Unaufhaltsam sah dieser die in Modena ausgebrochene Revolution sich über den K. ausbreiten. Auf sein Ansuchen unterwarfen die Österreicher das Land dem hilflosen Papst; nach ihrem Abzug kam es jedoch zu neuen Ausständen, infolge deren die Österreicher Jan. 1832 in Bologna aufs neue einzogen. Gleichzeitig besetzte Frankreich Ancona, um es erst 1838 wieder zu räumen; im selben Jahre verließen auch die Österreicher abermals die Legationen.
Dem Drängen nach Reformen kam der 16. Juni 1846 gewählte Pius IX. entgegen; eine Bürgerwehr wurde eingerichtet, endlich (12. Febr. 1848) sogar eine Anzahl von Laien ins Ministerium aufgenommen. Dieses erste gemischte Ministerium mußte aber 10. März einem zweiten Platz machen, und 14. März veröffentlichte Pius eine Verfassung, welche das alte Priesterbeamtentum und das neue gewählte Laienelement in einem Zweikammersystem zusammenschweißen sollte. Als der Krieg zwischen Österreich und Piemont ausbrach, konnte Pius den Zusammenfluß von Freiwilligen und ihren Anschluß an Karl Albert nicht hindern; gleichzeitig aber lehnte er April 1848 den Krieg gegen Osterreich ab. Entrüstet über diesen Schritt reichte auch das zweite Ministerium seine Entlassung ein, und nach einem kurzen Übergangsministerium Mamianis übernahm Rossi (s. d.) die Leitung des Staates. Als dieser 15. Nov. die Kammer eröffnen wollte, wurde er ermordet. Dies war das Zeichen zum Aufruhr, dem sich Pius in der Nacht vom 24. bis 25. Nov. durch die Flucht nach Gaeta entzog. Darauf hin erfolgte in Rom 9. Febr. 1849 die Verkündigung der Republik, deren Leitung nach der Schlacht von Novara ein Triumvirat übernahm, in das Mazzini eintrat. Am 24. April ließ der Präsident Napoleon 15000 Mann in Civitavecchia landen, und die Römer mußten sich nach tapferer Verteidigung 3. Juli Oudinot ergeben, welcher dem Papst die Schlüssel der Stadt nach Gaeta sandte.
Pius IX., welcher Aug. 1849 den K. einer Regierungskommission, bestehend aus den Kardinälen Altieri, Della Genga und Vanicelli, unterstellt hatte, kehrte selbst erst 12. April 1850 nach Rom zurück. Der Italienische Krieg von 1859 (s. d.) war das Zeichen für eine neue Erhebung im K.; Ravenna, Bologna und die ganze Romagna standen auf, und der Friede von Villafranca drängte die empörten päpstl. Provinzen nur zum beschleunigten Anschluß an Piemont. Am 18. Sept. 1860 schlug Cialdini das päpstl. Heer bei Castelfidardo, das nach Ancona floh, wo Lamoricière sich 29. Sept. ergeben mußte. Nun wurden die Marken und Umbrien, die sich Anfang November durch Volksabstimmung für die konstitutionelle Monarchie Viktor Emanuels ausgesprochen hatten, einverleibt. Dagegen verpflichtete sich Italien 1864 gegenüber Frankreich zum vorläufigen Verzicht auf die Einverleibung des auf Rom, Comarca und Provinz Civitavecchia zusammengeschmolzenen K., wogegen die franz. Schutztruppen aus Rom abzogen. Die Wiederkehr dieser Besatzung veranlaßte jedoch 1867 der unglückliche Zug Garibaldis; franz. Truppen unter Failly trafen noch rechtzeitig ein, um Garibaldi im November die schwere Niederlage von Mentana beibringen zu können. So war es erst der Deutsch-Französische Krieg, welcher Italien in die Lage setzte, dem K. den Gnadenstoß zu geben, da er Frankreich veranlaßte, seine Besatzung aus Rom zurückzuziehen. Die ital. Truppen zogen 20. Sept. 1870 in Rom ein; die Einverleibung dieses Restes des K. in Italien erfolgte 9. Okt. auf Grund der Volksabstimmung vom 2. Okt. 1870.
Außer der unter Italien, Papst und Rom angeführten Litteratur (namentlich Gregorovius, Reumont, Papencordt, Ranke, Creighton und Pastor) vgl.: Hasse, Vereinigung der geistlichen und weltlichen Obergewalt im römischen K. (Haarlem 1852); Sugenheim, Geschichte der Entstehung und Ausbildung des K. (Lpz.1854); Farini, Lo Stato Romano dall’ anno 1815 al 1850 (4 Bde., 3. Aufl., Tur. 1850-53); Theiner, Codex diplomaticus dominii temporalis Sanctae Sedis (3 Bde., Rom 1861-62); Maguire, Rom und sein Beherrscher Pius IX. (aus dem Englischen, 2. Aufl., Köln 1861); de Mévius, Histoire de l’invasion des États Pontificaux en 1867 (Par. 1875); für die Neuzeit insbesondere: Bianchi-Giovini, Storia dei papi da S. Pietro a Pioo IX (10 Bde., 2. Aufl., Mail. 1853-78); Brosch, Papst Julius II. und die Gründung des K. (Gotha 1878); ders., Geschichte des K. (2 Bde., ebd. 1878-82); Silvagni, La corte e la società romana nei secoli XVIII e XIX (3 Bde., Rom 1883-85); Mamiani, Il papato negli ultimi tre secoli (Mail. 1885); Raff. Cadorna, La liberazione die Roma nel 1870 (1888); G. Vicini, La rivoluzione dell’anno 1831 nello Stato Romano (Imola 1889); G. Bastia, Il dominio temporale dei Papi 1815-46 (Bologna 1890).
Kirchensteuer, jede obligatorische Geldabgabe, die von den Angehörigen der Kirche erhoben wird. Die alte Kirche kennt den Begriff der K. nicht; durch freiwillige Beiträge wurden alle erforderlichen Mittel reichlich aufgebracht. Solche freiwillige Gaben sind in verschiedener Weise stets herkömmlich geblieben, und das heutige Kirchenrecht beider Konfessionen hat dieselben unter der Bezeichnung Kollekten (s. d.) übernommen. Schon im Mittelalter aber kommen eigentliche K. vor, so der Zehnt (s. d.) an den Pfarrer, das sog. cathedraticum an den Bischof, der Peterspfennig (s. d.) an den Papst. Heute sind diese K. teils verschwunden, teils sind sie freiwillige Gaben geworden, teils haben sie durch die moderne Rechtsentwicklung eine grundsätzliche
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