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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Konkursverwalter

abtretungen (s. Cessio bonorum) sowie über die landesherrliche oder gerichtliche Bewilligung einer allgemeinen Zahlungsstundung.

Der Zweck des K. wird in der Weise erreicht, daß das zur Konkursmasse gehörige Vermögen des Gemeinschuldners unmittelbar nach der Konkurseröffnung (s. d.) durch den Konkursverwalter (s. d.) in Besitz und Verwaltung genommen sowie in Geld umgesetzt, die Masse aber unter die Gläubiger verteilt wird. Nach Abhaltung des ersten (allgemeinen) Prüfungstermins sollen Abschlagsverteilungen (s. d.) stattfinden, sobald und so oft hinreichende Masse vorhanden ist. Nachdem die Schlußverteilung (s. Verteilungsverfahren) stattgefunden hat oder ein Zwangsvergleich zu stande gekommen ist, erfolgt die Aufhebung des K., durch welche der Gemeinschuldner wieder das freie Verfügungsrecht über sein Vermögen erhält, soweit dasselbe nicht zur Befriedigung der Konkursgläubiger verwendet worden ist. Der die Aufhebung anordnende Beschluß ist öffentlich bekannt zu machen. Außerdem kann das Verfahren durch Einstellung (s. d.) beendigt werden. Dem Gemeinschuldner (s. d.) ist während der Dauer des K. jede Einwirkung auf die Konkursmasse entzogen. Während das frühere gemeinrechtliche deutsche K. in fest bestimmte, scharf voneinander gesonderte Abschnitte (Präparatorisches Verfahren, Liquidations- und Prioritätsverfahren mit Kollokationsurteil; s. die betreffenden Artikel) abgeteilt war, kennt die Deutsche Konkursordnung, welche auf der Grundlage der ihrerseits aus einer Verarbeitung des gemeinen deutschen und des franz. Rechts hervorgegangenen Preuß. Konkursordnung vom 8. Mai 1855 beruht, eine derartige Gliederung in fest voneinander geschiedene Abschnitte nicht. Die Voraussetzungen des K. werden im Eröffnungsverfahren festgestellt. Sodann erfolgt die Bildung der Teilungsmasse (s. d.) und die Feststellung der teilnahmeberechtigten Forderungen, bezüglich deren die Versäumung der Anmeldefrist einen Ausschluß vom K. nicht zur Folge hat, in besondern, nach Maßgabe des Bedürfnisses stattfindenden Prüfungsterminen. Die Entscheidung über bestrittene Forderungen und Vorrechte (s. d.) ist in besondern Prozessen herbeizuführen. (S. Prüfungsverfahren.) Den Konkursgläubigern ist, obgleich der Verwalter nicht als ihr Organ erscheint, eine Einwirkung auf das Verfahren gesichert. (S. Gläubigerausschuß und Gläubigerversammlung.)

Für das Verhältnis eines im Ausland schwebenden K. zu dem im Inlande befindlichen Vermögen des Gemeinschuldners gilt nach der Deutschen Konkursordnung im allgemeinen der Grundsatz, daß auch das im Auslande befindliche Vermögen eines Gemeinschuldners zur Konkursmasse gehört und daß ebenso durch das im Auslande eröffnete K. das ganze Vermögen des Schuldners ergriffen wird. Der letztere Grundsatz ist jedoch in zwei Richtungen beschränkt worden. Nach §. 207 ist die Zwangsvollstreckung in das inländische Vermögen eines Schuldners zulässig, über dessen Vermögen im Auslande ein K. eröffnet worden ist. Jedoch können durch Anordnungen des Reichskanzlers unter Zustimmung des Bundesrates Ausnahmen von dieser Bestimmung getroffen werden. §. 208 läßt sodann ein K. über das inländische Vermögen eines Schuldners zu, welcher im Deutschen Reiche keinen allgemeinen Gerichtsstand hat, sofern dieser Schuldner hier eine Handelsniederlassung besitzt, von welcher aus unmittelbar Geschäfte geschlossen werden, oder ein mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehenes Gut bewirtschaftet. Dieser letztere Konkurs kann neben demjenigen K. hergehen, welches im Auslande eröffnet worden ist. Nach diesen Vorschriften ist es also möglich, daß dem ausländischen Konkursverwalter, soweit es ihm nicht gelingt, das im Inlande befindliche Vermögen bez. den Erlös aus dessen Verkauf vor der Zwangsvollstreckung und Konkurseröffnung über die inländische Niederlassung ins Ausland zu verbringen, der Zugriff auf dieses Vermögen entzogen wird.

Die Österr. Konkursordnung stellt in §. 61 den Satz auf, daß, sofern nicht Staatsverträge oder besondere Verordnungen ein anderes Verfahren gegenüber einzelnen Staaten festsetzen, das im Auslande befindliche bewegliche Vermögen des Gemeinschuldners in den inländischen Konkurs zu ziehen, dagegen das im Inlande befindliche bewegliche Vermögen eines ausländischen Schuldners der ausländischen Konkursinstanz auszufolgen sei. Die Konkursverhandlung über das unbewegliche Vermögen ist den Gerichten des Staates vorbehalten, in welchem dieses Vermögen sich befindet.

Die Eröffnung eines K. über einen Nachlaß ist nach den §§. 202‒206 der Deutschen Konkursordnung zulässig, setzt aber die Überschuldung des Nachlasses voraus. (S. Konkurseröffnung und Insufficienz.) Für dieses Verfahren ist dasjenige Amtsgericht ausschließlich zuständig, bei welchem der Erblasser zur Zeit seines Todes seinen allgemeinen Gerichtsstand hatte. Zu dem Antrag auf Eröffnung desselben ist jeder Erbe oder Vertreter des Nachlasses und jeder Nachlaßgläubiger befugt. Die Eröffnung wird nicht dadurch gehindert, daß der Erbe noch eine Überlegungsfrist hat. Ein Zwangsvergleich (s. d.) kann hier nur auf den Vorschlag aller Erben oder Nachlaßvertreter geschlossen werden.

Vgl. Bayer, Konkursprozeß (4. Aufl., Münch. 1868); Fuchs, Deutscher Konkursprozeß (Lpz. 1877); Fitting, Reichskonkursrecht (2. Aufl., Berl. 1883); Stobbe, Geschichte des ältern deutschen Konkursprozesses (ebd. 1888); Endemann, Deutsches K. (Lpz. 1889); Rintelen, Konkursrecht (Berl. 1890); Kohler, Lehrbuch des Konkursrechts (Stuttg. 1891); ferner die Erläuterungen zur Konkursordnung von Höinghaus (4. Aufl., Berl. 1877), Sarwey (2. Aufl., ebd. 1882), von Völderndorff (2. Aufl., Erlangen 1885), Stieglitz (Freib. i. Br. 1887), von Wilmowski (4. Aufl., Berl. 1889), Sydow (5. Aufl., ebd. 1892).

Konkursverwalter, nach der Deutschen Konkursordnung diejenige Person, welche mit der Verwaltung der Konkursmasse (s. d.) und der Verteilung der aus deren Versilberung erwachsenen Beträge (Teilungsmasse) unter die Konkursgläubiger beauftragt ist, insbesondere auch das dem Gemeinschuldner (s. d.) entzogene Verwaltungs- und Verfügungsrecht auszuüben hat. Der K. wird vom Konkursgericht ernannt und steht unter dessen Aufsicht. Auch kann das Gericht gegen ihn Ordnungsstrafen festsetzen und ihn vor der auf seiner Ernennung folgenden Gläubigerversammlung von Amts wegen, später auf Antrag der Gläubigerversammlung oder des Gläubigerausschusses seines Amtes entlassen. In die eigentliche Verwaltung hat sich das Gericht nicht einzumischen. Die Gläubigerversammlung kann zwar an Stelle der vom Gericht ernannten Person eine andere wählen, das Gericht kann aber die Ernennung des Gewählten versagen.

^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.]