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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kopenhagen

Dem Religionsbekenntnis nach sind 304014 Lutheraner, 1736 Katholiken, 3264 Israeliten. 7,54 Proz. der Bevölkerung sind im Ausland geboren. Die Zahl der Geburten betrug (1889) 11335, der Eheschließungen 2639, der Todesfälle 6720.

Anlage und Bauten. Die Stadt, auf ebenem Boden freundlich gelegen, zerfällt in sechs Teile: die eigentliche Stadt oder die Stadt innerhalb der alten, nun abgetragenen und in Boulevards verwandelten Wälle; einer der schönsten Teile ist hier das Viertel um das Schloß Amalienborg; Christianshavn auf der Insel Amager; das Festungsterrain, der auf den niedergelegten Festungswerken erbaute Stadtteil, und außerhalb der drei Wasserbecken die rasch wachsenden Vorstädte Vesterbro, Nörrebro und Österbro. Von den alten Festungswerken ist jetzt fast nur die Citadelle übrig; sonst ist K. durch detachierte Forts (mit Seeforts) verteidigt, wie die Kastrupsfort und Charlottenlundsfort, die Seebatterie Middelgrundsfort, die Landbatterien Christiansholmsfort, Garderhöjfort, Gammelmosegaardsfort, die Batterien bei Vangede und Budinge u. s. w. Unter den Straßen sind die Östergade, die Kjöbmagergade, Vimmelskastet, die Fredriksberggade und Vesterbropassage die belebtesten, die Amaliegade und die Bredgade die schönsten. Kongens Nytorv (der Neue Königsmarkt), obgleich unregelmäßig, doch der größte und schönste Platz, liegt im Mittelpunkte der Stadt und ist durch die bleierne Statue Christians Ⅴ. geschmückt. Hier liegt das königl. Nationaltheater mit den Statuen der Dichter Holberg und Öhlenschläger, das jetzt als Kunstakademie benutzte Schloß Charlottenborg, Hôtel d’Angleterre, die schönen, neuen Gebäude der Nordischen Telegraphengesellschaft und «Magasin du Nord» u. a. Die schönsten Kirchen sind die Erlöserkirche (Vor Frelsers Kirke) mit 90 m hohem Turm, die Frauenkirche, die Hauptkirche der Stadt, zerstört 1807 bei dem Bombardement der Engländer, 1811‒29 von Hansen als einfache Säulenbasilika wieder erbaut, außen geschmückt durch Bissens Moses und Jerichaus David, berühmt durch den Christus, das Taufbecken und die zwölf Apostel von Thorwaldsen, 1821‒27 in Rom ausgeführt; ferner die Holmenskirche mit den Grabmälern der Seehelden Niels Juel und Peter Tordenskjold; die Trinitatiskirche, von Christian Ⅳ. erbaut, mit dem sog. Runden Turm, der eine weite Aussicht bietet; die russ. Alexander-Newsky-Kapelle mit goldenen Kuppeln, und zwischen Bredgade und Store Kongensgade die Marmorkirche, die 1749‒67 begonnen, seit 1878 auf Kosten eines Privatmanns ausgebaut, 1894 beinahe vollendet ist. Sehr zahlreich sind die Schlösser. Die königl. Residenz, Christiansborg (auf «Slotsholmen»), nach dem Brande von 1794 durch Hansen im ital.-franz. Stil aufgeführt, wurde 3. Okt. 1884 von Feuersbrunst bis auf die Mauern verzehrt, nur die Schloßkirche und der Marstall in Nebengebäuden blieben erhalten; die Gemäldegalerie wurde gerettet. Amalienborg (Winterresidenz) besteht aus vier im franz. Stil der Zeit Ludwigs ⅩⅤ. gehaltenen Palästen, welche zusammen einen achteckigen Platz bilden. Ein anderes Schloß ist noch die stattlich-schöne Rosenborg, von Christian Ⅳ. in niederländ. Renaissancestil erbaut, mit überaus interessanten chronol. Sammlungen und im Garten (Kongens Have) mit der Statue des Dichters H. C. Andersen. Andere sehenswerte Gebäude sind das Universitätsgebäude (mit vorzüglich histor. Fresken) nebst der neuen Bibliothek und dem Zoologischen Museum, die Börse aus der Zeit Christians Ⅳ. in niederländ. Renaissancestil mit eigenartigem Turm, die Nationalbank, das Zeughaus u. s. w. Einer der schönsten Teile ist das Viertel um den Halmtorv und die Vesterbropassage, wo das neue Rathaus erbaut werden soll; hier liegen das Kunstindustriemuseum und die Glyptothek, die die der Stadt geschenkten, bisher in Ny-Carlsberg aufbewahrten Sammlungen aufnehmen soll. Seiner Vollendung nahe ist das Kunstmuseum für Gemälde, Skulpturen u. s. w. neben dem botan. Garten, dem Schloß Rosenborg und dem Observatorium gegenüber.

Unterrichts- und Bildungsanstalten. An der Spitze der Lehranstalten steht die Universität (5 Fakultäten), die von Christian Ⅰ. 1478 gestiftet, nach der Reformation von Christian Ⅲ. erneuert wurde. Zur Universität gehören die chirurg. Akademie, ein astron. Observatorium, ein botan. Garten (auf den rasierten Festungswerken angelegt), zoolog. und mineralog. Museum, chem. Laboratorium u. s. w. Alle Vorlesungen sind für männliche und weibliche Hörer frei. Die Universitätsbibliothek, in einem schönen, mit der Universität in Verbindung stehenden Gebäude, zählt gegen 300000 Bände und 5000 Handschriften, darunter eine reiche Sammlung altpers. und ind. Manuskripte sowie die Arne-Magnäanische Sammlung altnord. Handschriften (2000). Mit der Universität in enger Verbindung steht die Polytechnische Lehranstalt, 1829 gestiftet; außerdem sind zu nennen: die Veterinärschule, gestiftet von P. C. Abildgaard, 1776 vom Staate übernommen und später mit der landwirtschaftlichen Hochschule in Frederiksborg vereinigt; die Militärschule, auf dem Schloß Frederiksberg in der Nähe K.s eingerichtet; die Seeoffizierschule und die 1754 begründete Kunstakademie. Volksschulen bestehen 25 (darunter 17 Freischulen) mit 439 Lehrern, 456 Lehrerinnen und 28595 Kindern. Bürger- und Realschulen giebt es 97; dem höhern Unterricht dienen die königl. Metropolitanschule und 9 private Latein- und Realschulen mit zusammen 5000 Schülern.

Die Stadt K. ist Mittelpunkt der dän., überhaupt der nordischen Wissenschaft und Kunst, Sitz vieler Gesellschaften und Vereine, die auf jenen Gebieten zum Teil mit großem Erfolg wirken. An der Spitze derselben stehen die königl. dänische Gesellschaft der Wissenschaften, 1742 gegründet, und die königl. Gesellschaft für nordische Altertumskunde; letztere wurde 1825 gegründet und hat durch die Bemühungen ihrer Mitglieder, besonders Thomsen und Worsaae, eine großartige Wirksamkeit entfaltet. Auch findet sich eine geogr. Gesellschaft, Musik-, Kunst- und Industrieverein u. s. w. Unter den Sammlungen für Wissenschaft steht die königl. Bibliothek obenan. Dieselbe wurde von Friedrich Ⅲ. gegründet, zählt gegen 500000 Bände und 20000 Handschriften, darunter die Rasksche Sammlung von Sanskrit-, Pali- und Singalesischen Manuskripten; ungemein wichtig ist auch das Reichsarchiv. In seiner Art einzig ist das Museum der nordischen Altertümer, 1807 begonnen; außerdem sind hervorzuheben: das ethnogr. Museum, die königl. Münz- und Medaillensammlung, die königl. Antikensammlung, die Kupferstichsammlung mit mehr als 80000 Blättern (alle im sog. Prinzen-Palais), die Waffensammlung des Arsenals und das Thorwaldsen-Museum. Das Gebäude dafür ist in einem halb ägypt., halb griech. Stil nach dem Plane des Archi- ^[folgende Seite]

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