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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kost - Köster
Die Regierung untersagte jedoch die Fortsetzung
der Zeitung und ließ im Mai 1837 K., Wesselenyi
und mehrere andere zu Ofen gefangen setzen. Die
Septemviraltafel verurteilte K. wegen Kochverrats
zu vierjähriger Haft, aus der er 1840 infolge einer
allgemeinen Amnestie befreit wurde. Hierauf über-
nahm er die Redaktion des "?68ti liirlap", in wel-
chem Blatte er fortan sein großes publizistisches
Talent entwickelte und die bisherige gemäßigte
Opposition durch seine radikale Haltung über-
flügelte. Nachdem er 1844 die Redaktion nieder-
gelegt hatte, trat er als Leiter patriotischer Vereine
auf, bis er im Nov. 1847 vom Pester Komitat als
Deputierter auf den Landtag gesandt ward, wo er
bald als Führer der Opposition durch Kühnheit und
rhetorische Gaben alles mit sich fortriß.
Als Graf L. Vatthyänyi 17. März 1848 zum
Präsidenten des ungar. Ministeriums ernannt war,
trat K. als Finanzminister ein. Nach der Auflösung
dieses Ministeriums (September) wurde er Präsi-
dent des neuen Landesverteidigungsausschusses.
(S. Ungarn.) In dieser Stellung organisierte er den
Kampf gegen die südslaw. Bewegung und gegen
die österr. Centralregierung, trug aber auch durch
seine ultramagyar. Richtung viel dazu bei, die
übrigen Volksstämme Ungarns und Siebenbürgens
der Nationalsache zu entfremden. Die Abdankung
Kaiser Ferdinands I. und die Thronbesteigung
Franz Josephs (2. Dez. 1848) bewogen K., durch
den Numpslandtag in Debreczin 14. April 1849 die
Thronentsetzung des Hauses Habsburg-Lothringen
und die Unabhängigkeitserklärung Ungarns be-
schließen zu lassen. K. wurde als regierender Prä-
sident oder Gouverneur bestellt und nahm seinen
Sitz in Pest. Schon Mitte Juli ging jedoch Pest
wieder verloren, und der Gouverneur nebst Regie-
rung und Reichstag mußte sich immer weiter nach
Süden Zurückziehen. Durch den weitern Verlauf
der Ereignisse (s. Ungarn) sah sich K. zur Abdankung
gezwungen und übertrug 11. Aug. 1849 die Diktatur
an Görgey. Am 17. Aug. 1849 trat er auf türk. Ge-
biet über, wo er verhaftet und nach längern Unter-
handlungen mit Österreich zu Kutahia in Kleinasien
interniert wurde (Febr. 1850). Nachdem K. 9. Sept.
1851 seine Freiheit wieder erhalten hatte, begab er
sich über England nach den Vereinigten Staaten.
In der Folge lebte er als Haupt der ungar. Emi-
gration in London, später in Turin und Rocaro,
organisierte wiederholt eine ungar. Legion, die unter
Garibaldi kämpfte (1859 und 1866), protestierte 1867
gegen den österr.-ungar. Ausgleich, machte von der
Amnestie keinen Gebrauch und lehnte den Eid der
Treue gegen die Habsburg. Dynastie und die Rück-
kehr in die Heimat ab, wiewohl er wiederholt zum
Abgeordneten gewählt wurde. K. starb 20. März
1894 in Turin, ^eine Leiche wurde 1. April in
Budapest unter großen Feierlichkeiten beigesetzt.
Vorher hatten lebhafte Volkstumulte stattgefunden,
um das Aufziehen von Trauerfahnen zu erzwingen.
Seine "Schriften aus der Emigration" (deutsch,
3 Bde., Preßb. 1881-82) enthalten wichtige Bei-
träge zur Zeitgeschichte. Makray veröffentlichte K.s
Briefe an Bem 1849 (Pest 1872). - Vgl. Frey, K.
und Ungarns neueste Geschichte (3 Bde., Mannh.
1849); I. E. Horn, Ludwig K. (Bd. 1, Lpz. 1851);
Szemere, Graf L. Batthyänyi, A. Görgey, Lud-
wig K. (3 Tle., Hamb. 1853).
Kost, soviel wie Ernährung (s. d.); auch ein in
Wien üblicher Vörsenausoruck, wo Kostgeschäft
Brockhaus' Konversations-Lexikon. 14. Aufl. X.
soviel wie Reportgeschäft (s. d.), in K. geben und
nehmen soviel wie "hereingeben" und "herein-
nehmen" bedeutet (s. Deport und Zeitgeschäfte).
Kostajnica (Kostajnitza), selbständige Stadt
und Hauptort des Stuhlbezirks K. (38134 E.) im
ungar. Komitat Agram in Kroatien, im ehemaligen
Vanalregiment der (aufgelösten) kroat.-flawon.
Militärgrenze, links an der Una und am Fuße des
Zrinjigebirges, an der Linie Sunja-Doberlin der
Ungar. Staatsbahnen, Sitz eines Bezirksgerichts,
bat (1890) 2093 kroat. kath. E., Post, Telegraph,
eine Bürgerschule, Schuhmacherei und ist ein be-
deutender Handelsplatz für Rohprodukte. - Gegen-
über liegt Vosnifch - Kostajnica, Markt und
Hauptort des Bezirks K. (36105 E.) im bosn. Kreis
Vanjaluka mit (1885) 1375 meist griech.-orient.
E. (597 Mohammedaner, 169 Katholiken).
Kostake, rumän. Staatsmann, s. Epureanu.
Kostal, Kostalgie, s. (^osta.
Koftbeere, soviel wie Johannisbeere.
^ostei., hinter lat. Pflanzennamen Abkürzung
für Vinc. Franz Kosteletzky, Professor dermediz.
Botanik zu Prag, wo er 19. Aug. 1887 starb. Er
schrieb: "(^vi8 lmlli^tica. in tioi^m Vo1i6i!iiN6
pkanei-oZaiuicÄiu" (Prag 1824) und "Allgemeine
mediz.-Pharmaceut. Flora" (6 Bde., ebd. 1831-36).
Kostölec nad Labem (spr. -letz), czech. Name
von Elbekosteletz (s. d.). - Kostelec nad Orlici,
czech. Name von Adlerkosteletz (s. d.).
Kosten. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Posen,
hat 606,92 <ikm, (1890) 42141 (19354 männl.,
22787 weibl.) E., 3 Städte, 83 Landgemeinden und
50 Gutsbezirke. - 2) Kreisstadt im Kreis K., auf
einer Obra-Insel im Obrabruche, an der Linie
Breslau-Posen der Preuh. Staatsbahnen, Sitz des
Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht
Lissa) und einer Landesbauinspektion, hat (1890)
4701E., darunter 957 Evangelische und 196 Israeli-
ten, Postamt erster Klasse, Telegraph, höhere Mäd-
chenschule, eine Provinzial-Irrenpflegeanstalt in
einem ehemaligen Vernhardinerkloster; Eisengießerei
und Fabrikation von Cigarren, Zucker, Strohhülsen,
Luruspapierwaren u. s. w. ftion.
Kostenanschlag, s. Bauanschlag und Kalkula-
Köftendil, Kjustendil oder Kiöstendil, das
alte Pautalia, Hauptort des bulgar. Distrikts K.
(4680 cilcm, 162939 E.) im südwestl.Teil des Fürsten-
tums,unweitrechts der Struma, an der StraheSosia-
K., ist Sitz eines Metropoliten, bat (1889) 10689 E.,
Realschule, Kasernen, ein Zollamt; Obstbau. In
der Stadt warme Mineralquellen.
Köster, Hans, dramat. Dichter, geb. 16. Aug.
1818 zu Kritzow bci Wismar, studierte in Berlin,
Bonn und München Philosophie und lebte dann
längere Zeit in Italien und Frankreich, später auf
seinem Rittergute Schlichow in der Mark und in
Berlin (1866-73 als Mitglied des Norddeutschen
und des Deutschen Reichstags). Er schrieb: "Schau-
spiele" (Lpz. 1842), "Heinrich IV. Trilogie" (ebd.
1844), "Luther" (Tragödie, Bresl. 1847), "Der
Große Kurfürst" (Schauspiel, Verl. 1851), "Ulrich
von Hütten" (Trauerspiel, ebd. 1865), "Liebe im
Mai" (Lustspiel, Weim. 1866), "Kaiser und Reich"
(Poet.Tagebuch aus Deutschlands großerZeit, Verl.
1872), "Der Maler von Florenz" (Drama, 1876),
"Hiob. Episches Gedicht" (Lpz. 1885) u. s. w.
Seine Gattin Luise, geborene Schlegel, Opern-
sängerin, geb. 22. Febr. 1823 zu Lübeck, ging 1838
in Leipzig zum Theater, wurde 1840 in Schwerin
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