Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

97

Leopold II. (römisch-deutscher Kaiser) - Leopold I. (Fürst von Anhalt-Dessau)

Leopold II., römisch-deutscher Kaiser (1790-92), dritter Sohn Franz' I. und Maria Theresias, geb. 5. Mai 1747, wurde, da der zweite Sohn Karl vorher gestorben war, zum Nachfolger seines Vaters in Toscana bestimmt und trat nach dessen Tode (18. Aug. 1765) die Regierung an. Anfangs durch die Vertrauensmänner der Kaiserin, Marchese Botta und Graf Rosenberg, geleitet, eröffnete er später in selbständiger Regierung eine Zeit angestrengter und doch auch besonnener Reformthätigkeit für das Großherzogtum. Als sein Bruder, Kaiser Joseph II., 1790 starb, wurde L. der Nachfolger des kinderlosen Kaisers. Er fand den österr. Staat in voller Zerrüttung: im Kriege mit den Türken, in feindlicher Spannung mit Preußen, außerdem Ungarn in Gärung und Belgien im Aufstande; die übrigen Kronländer unzufrieden. L. war bemüht, den von Joseph bekämpften ständischen, nationalen und klerikalen Ansprüchen soweit als möglich gerecht zu werden. Der Aufruhr in Belgien und Ungarn wurde unterdrückt; auch gelang es der versöhnlichen Haltung des Kaisers, durch den Vertrag von Reichenbach (Juli 1790) Preußen von dem Plane, während des Türkenkrieges in Polen Erwerbungen zu machen, zurückzubringen und die Österreich feindseligen Bestrebungen des Grafen Hertzberg zu vereiteln. Der Krieg mit der Pforte wurde durch den Frieden von Sištov (1791) beendet. Obschon Bruder Marie Antoinettes, beobachtete L. der Französischen Revolution gegenüber doch zunächst große Vorsicht. Erst nachdem der Fluchtversuch Ludwigs XVI. mißlungen war, trat er entschiedener hervor und verständigte sich mit dem preuß. Gesandten Bischoffwerder, dann mit Friedrich Wilhelm II. persönlich auf einer Zusammenkunft in Pillnitz (s. d.) 25. bis 27. Aug. 1791 über ein Schutzbündnis, durch das beide Staaten ihre Besitzungen sich gewährleisteten und ein europ. Konzert zur Verteidigung gegen neue Erschütterungen seitens der Französischen Revolution in Aussicht stellten. Mit der Annahme der franz. Konstitution durch Ludwig XVI. (14. Sept.) erklärte L. den Zweck des Konzerts vorläufig für erledigt. Erst die Grenzverletzungen des Reichs durch die Franzosen und die kriegerische Leidenschaft der Nationalversammlung trieben die deutschen Mächte zu der Allianz vom 7. Febr. 1792. Auch jetzt dachte L. nur an einen Defensivkrieg. Dem Ultimatum der Nationalversammlung vom 25. Jan. folgte L.s Gegennote vom 7. Febr. Noch vor der franz. Kriegserklärung starb L. unerwartet 1. März 1792. Vermählt war L. seit 1705 mit der Prinzessin Maria Luise von Spanien (gest. 15. Mai 1792), die ihm 16 Kinder gebar. L.s Namen erhielt 1888 das österr. Infanterieregiment Nr. 33. - Vgl. Schels, Geschichte Österreichs unter der Regierung Kaiser L.s II. (Wien 1837); A. Wolf, L. II. und Maria Christine. Ihr Briefwechsel (ebd. 1807); von Sybel, Kaiser L. II. (in den "Kleinen histor. Schriften", Bd. 2, Münch. 1809); Beer, Joseph II., L. II. und Kaunitz. Ihr Briefwechsel (Wien 1873); ders., L. II., Franz II. und Katharina. Ihre Korrespondenz (Lpz. 1874); A. Wolf und von Zwiedineck-Südenhorst, Österreich unter Maria Theresia, Joseph II. und L. II. (Berl. 1884).

Leopold I., Fürst von Anhalt-Dessau (1693-1747), preuß. Feldmarschall, bekannt unter dem Namen des "Alten Dessauer", geb. 3. Juli 1670 zu Dessau als Sohn des Fürsten Johann Georg II. und der Prinzessin Henriette von Oranien, kam 1693 nach dem Tode seines Vaters zur Regierung; doch führte seine Mutter bis 1698 die Regentschaft für ihn. Schon 1693 hatte ihm der Kurfürst von Brandenburg ein Regiment verliehen, mit dem er 1695 während des Krieges in den Niederlanden der Belagerung von Namur beiwohnte. 1098 übernahm er die Regierung und vermählte sich noch in demselben Jahre mit der Tochter des Apothekers Föse, Anna Luise. Während der Friedenszeit führte er in seinem Lande zahlreiche Verbesserungen, wie Errichtung der Elbdämme, Anlage von Dörfern und Vorwerken, ein; besondere Sorgfalt widmete er aber seinem zu Halberstadt, später zu Halle garnisonierenden Regiment, bei dem er 1098/99 den Gleichschritt und eiserne Ladestöcke einführte. Durch diese bald auf die ganze Armee übertragene Einrichtung legte er den Grund zu der taktischen Überlegenheit der preuß. Infanterie. Im spanischen Erbfolgekriege führte er 1702 zwölf preuß. Bataillone zur Unterstützung Österreichs an den Niederrhein und zeichnete sich bei den Belagerungen von Kaiserswerth und Venlo aus. Er wurde zum Generallieutenant ernannt und rettete 20. Sept. 1703 nach dem Treffen bei Höchstädt durch seinen meisterhaften Rückzug das geschlagene österr. Heer unter Styrum vom völligen Untergange. 1704 zum General der Infanterie ernannt, fand er abermals Gelegenheit, 13. Aug. bei Höchstädt durch kühnes Eingreifen in die Schlacht sich hervorzuthun. Im April 1705 führte er ein preuß. Hilfskorps von 8000 Mann zur Armee des Prinzen Eugen nach Italien und befehligte bei Cassano (10. Aug. 1705) sowie bei Turin (7. Sept. 1700) den linken Flügel. 1707 folgte L. dem Prinzen Eugen bei dem Einfall in die Provence und half Toulon berennen; nach vergeblichen Versuchen, die Festung zu nehmen, glückte es L. auf dem Rückzuge Susa zu erobern. 1709 wohnte er dem Feldzuge in den Niederlanden ohne Kommando bei und war bei der Schlacht von Malplaquet zugegen. 1710 erhielt L. abermals das Kommando, bezwang Douai und Aire, konnte aber in den folgenden Jahren, abgesehen von der Überrumpelung von Mors, nichts Wesentliches ausrichten. Am 2. Dez. 1712 wurde L. zum Feldmarschall befördert. Friedrich Wilhelm I. schenkte dem Fürsten nicht nur in militär., sondern auch in ökonomischen Angelegenheiten das vollste Vertrauen. In dem Kriege gegen Karl XII. von Schweden erhielt L. 1715 den Oberbefehl über 25 000 Mann Preußen und 8000 Sachsen, mit denen er zuerst Rügen, dann Stralsund eroberte und den Frieden von Stockholm herbeiführte, in dem Preußen Vorpommern bis zur Peene erhielt. 1733 ward L. zum Reichsmarschall ernannt; im Polnischen Thronfolgekriege 1734/35 wohnte er ohne Kommando dem Feldzuge gegen Frankreich bei. Mit dem Hinscheiden Friedrich Wilhelms I. war auch der Einfluß L.s gebrochen. Zwar übertrug ihm Friedrich d. Gr. im April 1741 das Kommando über 30 000 Mann, die zwischen Magdeburg und Genthin zum Einfall in Sachsen zusammengezogen waren, doch kam er während des ganzen Krieges nicht zur Aktion und vermochte erst im zweiten Schlesischen Kriege durch den Sieg bei Kesselsdorf 15. Dez. 1745 seinen Ruf als Feldherr neu zu bethätigen. Nach dem Frieden von Dresden zog der Fürst sich in seine Residenz Dessau zurück, einzig mit der Sorge um sein Land beschäftigt. Er starb daselbst 9. April 1747. Seinen Namen erhielt 1889 das 1. magdeburgische Infanterieregiment Nr. 20. Ihm wurde in Berlin und Dessau ein Bronzestandbild errichtet. - Vgl. Crousaz, Ab-^[folgende Seite]