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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mecklenburg

dessen Enkel Paul Friedrich (1837‒42), Friedrich Franz Ⅱ. (s. d., 1842‒83), Friedrich Franz Ⅲ. (s. d.). Schwerin erwarb durch Vertrag mit Schweden 25. Juni 1803 den Pfandbesitz von Wismar (s. d.), Poel und Neukloster. In Mecklenburg-Strelitz folgten auf Adolf Friedrich Ⅱ. (1701‒8) Adolf Friedrich Ⅲ. (1708‒52), sein Neffe Adolf Friedrich Ⅳ. (1752‒94), dessen Bruder Karl (1794‒1816), Georg (s. d., 1816‒60) und Friedrich Wilhelm (s. d.). Friedrich Franz Ⅰ. trat 22. März, Karl 18. Febr. 1808 dem Rheinbunde bei, doch sagten sich beide im März 1813 wieder los und schlossen sich der Allianz gegen Napoleon an. Auf dem Wiener Kongreß wurde den beiden herzogl. Häusern M.s die großherzogl. Würde zugestanden (14. Juni 1815).

In dem sich durch Jahrhunderte hinziehenden Kampfe der fürstl. Gewalt mit den ständischen Rechten siegten in M. die Stände. Nach langen Streitigkeiten schloß Christian Ludwig von Schwerin mit den Ständen zu Rostock den Erbvergleich von 1755 ab, in welchem diese ihre Ansprüche zum größten Teil durchsetzten und ihre Rechte feststellten. Noch im gleichen Jahre trat Adolf Friedrich Ⅳ. von Strelitz demselben bei. Die noch jetzt bestehende altständische Verfassung war ein unüberwindliches Hemmnis jeder innern staatlichen Fortbildung. 1820 erfolgte die Aufhebung der Leibeigenschaft. Gegen den deutschen Zollverein schloß sich M. beharrlich ab. Der Bewegung von 1848 sich anschließend, beriefen die beiden Großherzöge im Einverständnis mit einem außerordentlichen Landtage eine konstituierende Versammlung nach Schwerin, die 31. Okt. 1848 eröffnet wurde. Nachdem der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz 11. Aug. 1849 unter Abberufung der strelitzischen Abgeordneten den Verkehr mit der Versammlung abgebrochen hatte, löste der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin dieselbe 22. Aug. mit der Erklärung auf, daß die von ihm verheißene Verfassung im Wege der Vereinbarung mit der Abgeordnetenversammlung zum Abschluß gebracht und er bereit sei, dem vereinbarten Staatsgrundgesetz seine landesherrliche Sanktion zu erteilen, was 24. Aug. geschah. Am 10. Okt. 1849 wurde das Gesetz, betreffend die Aufhebung der landständischen Verfassung und das Staatsgrundgesetz, die Vereinbarung über die Abtretung der großherzogl. Domänen an den Staat u.s.w. veröffentlicht, und 27. Febr. 1850 trat der erste ordentliche Landtag nach dem neuen Staatsgrundgesetz zusammen. Die strelitzische Regierung, welche die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der landständischen Verfassung bestritt, erhob Klage bei dem provisorischen Bundesschiedsgericht des Dreikönigsbündnisses zu Erfurt, während eine Anzahl Mitglieder der durch das schwerin. Gesetz aufgehobenen Ritterschaft bei der Bundes-Centralkommission zu Frankfurt a. M. die Anordnung eines schiedsrichterlichen Verfahrens zur Entscheidung des Streites der Stände mit der Regierung beantragte. Die Bundes-Centralkommission gab diesem Verlangen nach, und 11. Sept. 1850 erklärte das zu Freienwalde zusammengetretene Schiedsgericht, bestehend aus zwei von den Königen von Preußen und Hannover ernannten Mitgliedern und einem von diesen gewählten Obmann, das Staatsgrundgesetz vom 10. Okt. 1849 sowie die Aufhebung der landständischen Verfassung für nicht zu Recht bestehend, worauf der Großherzog zu Schwerin 14. Sept. die Verfassung von 1849 außer Wirksamkeit setzte. Die zum 24. Sept. vom Präsidenten der für aufgelöst erklärten Kammer nach Schwerin berufenen Abgeordneten wurden durch polizeiliche Maßregeln am Zusammentreten gehindert und mußten sich mit einer Rechtsverwahrung begnügen. Am 15. Febr. 1851 traten die alten Stände wieder zusammen. Von den bis 1866 getroffenen Maßregeln erregten besonders die Wiedereinführung der Strafe der körperlichen Züchtigung, das Verbot des Nationalvereins 1858, die Entlassung des Professors Baumgarten zu Rostock, das Preßgesetz von 1856 und andere reaktionäre Verordnungen Aufsehen. Bei der im Juni 1866 beginnenden Auflösung des Deutschen Bundes und im daraus folgenden Kriege stellten sich beide M. auf Seite Preußens.

Beide Großherzogtümer sind seit 1867 Bestandteile des Norddeutschen Bundes und seit 1871 des Deutschen Reichs. Die mecklenb. Vorbehalte wegen des Zollvereins und des Elbzolls wurden erledigt; nach einer 27. Jan. 1867 zwischen Preußen und Frankreich abgeschlossenen Übereinkunft ward M. gegen Herabsetzung des Zolls auf franz. Weine aus dem Handelsvertrag mit Frankreich von 1865 entlassen und dadurch dessen 11. Aug. 1868 vollzogener Eintritt in den Zollverein ermöglicht. Ein Bundesgesetz vom 11. Juni 1870 hob unter Festsetzung einer Entschädigung von 1 Mill. Thlr. für Mecklenburg-Schwerin die Elbzölle auf. Durch die mecklenb.-schwerin. Verordnung vom 16. Nov. 1867 wurde das Recht der Zeitpachtbauern des Domaniums an ihren Hufen in Erbpacht verwandelt, wodurch die Schaffung eines unabhängigen Bauernstandes angebahnt werden sollte. Auf Beschwerden der Bevölkerung, Beschlüsse des Reichstags und des Bundesrats verlieh der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz dem Fürstentum Ratzeburg 6. Nov. 1869 eine eigene Verfassung, die aber bisher nicht ins Leben trat, da die Bevölkerung mit deren Oktroyierung und Inhalt nicht einverstanden war und nur solche Vertreter wählte, welche willens waren, sich von der Versammlung zurückzuhalten und dadurch deren Beschlußfähigkeit zu hindern. Eine Reihe von Gesetzen des Norddeutschen Bundes und Deutschen Reichs hat in M. wichtige Reformen bewirkt. Die von den liberalen Kreisen wiederholt geforderte, auch mehrmals vom Reichstage und selbst vom Bundesrate befürwortete Abänderung der Landesverfassung, die seit 1872 von der Regierung mehrmals (besonders 1875), aber ohne Nachdruck durchzuführen versucht ward, scheiderte ^[richtig: scheiterte?] immer wieder an dem Widerstand der Stände und bot überdies in dem Inhalt der Vorlage kein erstrebenswertes Ziel dar. Am 15. April 1883 starb der Großherzog Friedrich Franz Ⅱ. von Mecklenburg-Schwerin, ihm folgte sein Sohn Friedrich Franz Ⅲ. Unter ihm hat sich die mecklenb. Regierung wiederholt bemüht, neben dem Landtag für wichtige Zweige der Landesverwaltung Berufsvertretungen (Eisenbahnrat und Landwirtschaftsrat) einzurichten, um auch solchen Kreisen einen gewissen Einfluß auf die Gesetzgebung einzuräumen, die außerhalb der verfassungsmäßigen Landesverwaltung stehen. Ein Gesetz über den Wildschaden (1893) und Vorlagen zwecks Vermehrung des mittlern und kleinern Grundbesitzes auf dem platten Lande (1895) sollen gewisse Mißstände beseitigen, für welche hauptsächlich die bestehende Verfassung verantwortlich gemacht wird. 1893 genehmigte der Landtag die Verstaatlichung der Südbahn, lehnte aber 22. Nov. 1895 eine Gehaltsaufbesserung der Volksschullehrer durch Landesmittel principiell