Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

740

Meißelpflug - Meißen (Stadt)

Flachmeißel geht sie von einer schmalen Seite zur andern und ist demnach länger als beim Kreuzmeißel. Ersterer wird zum Einarbeiten von Nuten und überhaupt in solchen Fällen gebraucht, wo man starke Späne abnehmen will; letzterer findet Verwendung, wenn breite, aber dünne Späne genommen werden sollen. Die Bewegung des M. erfolgt durch Hammerschläge, welche auf den Kopf des in der Hand gehaltenen M. geführt werden. Der M. unterscheidet sich hierdurch vornehmlich von den durch unmittelbaren Druck der Hand geführten Grabstichel (s. d.). Drehmeißel (s. d.) sind Drehstähle für Holz.

^[Fig. 1.] ^[Fig. 2.]

Meißelpflug, ein Pflug, dessen Scharspitze ein verschiebbarer Stahlmeißel bildet, ist bei hartem oder steinigem Boden empfehlenswert.

Meißen. 1) Amtshauptmannschaft in der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden, hat 683,17 qkm und (1890) 101 646, 1895: 109 748 (53 138 männl., 56 610 weibl.) E. in 5 Stadt- und 277 Landgemeinden. - 2) Hauptstadt der Amtshauptmannschaft M., gegenüber von Cölln (s. d.), an und auf Hügeln, an der Elbe, in die hier der Triebischfluß mündet, und an der Linie Leipzig-Döbeln-Dresden der Sächs. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Dresden), einer königl. Gewerbeinspektion und eines Hauptsteueramtes, hat (1890) 17 875, 1895: 1895: 18 828 (9107 männl., 9721 weibl.) E., darunter 1143 Katholiken und 33 Israeliten, Postamt erster Klasse mit Zweigstelle, Telegraph, Reste der alten Befestigungen, einen Dom, dessen Renovierung geplant ist, St. Afrakirche, 1205 zuerst erwähnt, Stadt- oder Marienkirche, 1150 vom Burggrafen Hermann I. gestiftet, eine kath. Kirche (1887), ein Kloster St. Afra der regulierten Augustinerchorherren, von Bischof Dietrich (1024-39) gegründet, seit 1543 Sitz der 1879 neu gebauten Fürstenschule mit schöner Aula (Wandgemälde von Pawels und Große), Reste der Kreuzgänge und Kirche eines Franziskanerklosters, Ruinen eines Cistercienserinnenklosters zum Heiligen Kreuz unterhalb der Stadt an der Elbe, Rathaus (1473 begonnen), auf dem Schloßberg ein spätgot. Schloß, an Stelle der alten markgräfl. Burg unter Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht dem Beherzten seit 1471 durch den Meister Arnold von Westfalen erbaut, welches seit seiner Restauration unter Kurfürst Johann Georg II. den Namen Albrechtsburg führt. (S. Tafel: Burgen II, Fig. 6 u. 7.) Nach Erfindung des Porzellans durch J. F. Böttger (s. d.), dem 1892 ein Denkmal errichtet ist, wurde es 1710 zur Porzellanfabrik, der ersten in Europa, eingerichtet und nach Verlegung derselben in das Triebischthal 1863 in architektonischer Reinheit hergestellt und im Innern durch Wandgemälde geschmückt. Hervorragend ist das Treppenhaus mit seinem stalaktitenartigen Gewölbe und den Galerien sowie die Gewölbe der Säle. Im Schloßhof das Denkmal Albrechts des Beherzten. Der Schloßberg ist durch eine vielleicht aus dem 13. Jahrh. stammende Brücke mit dem Afraberge verbunden. An die Albrechtsburg stößt der got. Dom, an stelle des von Kaiser Otto I. erbauten und zu Anfang des 13. Jahrh. abgebrannten von Bischof Withego I. (1266-93) ! begonnen, unter Withego II. (1312-42) bis auf die beiden westl. Türme vollendet; letztere wurden im 15. Jahrh,. erbaut, 1479 nach dem Brande von 1413 erneuert, 1547 aber vom Blitz zerstört. Den westl. Haupteingang verdeckt die von Kurfürst Friedrich dem Streitbaren 1425 erbaute Fürstenkapelle, die das eherne Grabmal des Stifters und andere Grabplatten enthält. Das Domkapitel besteht aus acht Kapitularen (darunter zwei Professoren der Theologie an der Universität Leipzig), an der Spitze ein Dompropst und ein Domdechant. Die Fürstenschule (s. d.), deren erster Rektor Georg Fabricius (s. d.) war, zählte Gellert (1729-34), Rabener und Lessing (1741-46) zu ihren Schülern. Ferner hat die Stadt eine Realschule mit Progymnasium, Handels- und landwirtschaftliche Schule, Krankenhaus (1890), Schlachthof, Gasbeleuchtung und Wasserwerk (1892).

Im Anschluß an die "Königlich Sächsische Porzellan-Manufaktur zu Meißen" (s. d.) hat sich in M. das keramische Kunstgewerbe hoch entwickelt. Ferner hat die Stadt Eisengießereien und Maschinenfabriken, die größte Jutespinncrei und -Weberei Sachsens, Fabrikation von Stöcken, nebst Elfenbeinschnitzerei, Zündern, Cigarren und Tabak, Blechwaren und Nähmaschinen, 2 Brauereien, Schiffahrt, Speditionshandel; nahebei reiche Thonlager, Granit- und Porphyrbrüche sowie Wein- und Obstbau. In der Umgegend liegen das von Miltitzsche Schloß Siebeneichen mit Park, das alte Schloß Scharfenberg mit Silberbergbau, der Stadtpark und der Heilige Grund. - Die Burg M. wurde um 930 von Heinrich I. gegründet; um sie, als Sitz des Markgrafen, bildete sich bald eine Stadt. Im Hussitenkriege litt M. große Bedrängnis; 1447 brannte es gänzlich nieder; im Dreißigjährigen Kriege wurde es 1632 von den Kaiserlichen genommen, 1637 von den Schweden, die es zum Teil niederbrannten. Die Elbbrücke brannte Kurfürst Johann Friedrich 1547 bei seinem Rückzuge vor Kaiser Karl V. hinter sich ab; 14. März 1813 ließ Marschall Davout ihre beiden Hauptjoche in Brand stecken und 15. Juni 1866 wurden sie bei dem Rückzuge des sächs. Heers durch Sprengung abermals vernichtet. Durch große Überschwemmungen litt M. 1784,1845, 1862, 1876 und 1890.

Vgl. Gersdorf, Urkundenbuch der Stadt M. (im "Codex diplomaticus Saxoniae regiae", Bd. 4, Lpz. 1873); Flathe, Das Kloster der Augustinerchorherren zu St. Afra (in von Webers "Archiv für sächs. Geschichte", Neue Folge II, ebd. 1876); Gurlitt, Das Schloß zu M. (Dresd. 1881): Mitteilungen des Vereins für die Geschichte der Stadt M. (1882 fg.); Loose, Altmeißen in Bildern, mit Text (Meiß. 1889).

Geschichte. Die Mark M. entstand als eine der fünf Marken, in welche Kaiser Otto I. nach Geros Tode 965 dessen große Sorbenmark zerlegte. Sie erstreckte sich, die Gaue Nisani, Dalaminza und Chutizi umsassend, vom Gebirge aus an der Elbe und den beiden Mulden abwärts bis Strehla, Dahlen und Grimma. Als ihr erster Markgraf wird Wigbert genannt; einer seiner nächsten Nachfolger, Ekkehard l., unterwarf die Milzener jenseit der Elbe und wurde als Kronprätendent nach Kaiser Ottos III. Tode 1002 zu Pölde ermordet. Den