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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mexiko (Föderativrepublik)

letztere ebenfalls allerwärts von Brüchen und Spalten sowie von älterm Eruptivgestein (Trachyt, Porphyr, Andesit u. s. w.) durchsetzt, und Hand in Hand damit geht ein ungeheurer Erzreichtum. Für den Verkehr hatte die Bodengestalt von M. eine außerordentlich schwierige Verbindung des Binnenlandes mit den Küsten zur Folge, und lange mußten in dieser Richtung bloße Maultierpfade genügen, während die neuerdings hergestellten Eisenbahnen durchgängig sehr starke Steigungen zu überwinden haben; auf der Höhe des Tafellandes sind dagegen die Verbindungen im allgemeinen leicht.

Der große kulturgeogr. Vorteil, sich mit den beiden Hauptweltmeeren zu berühren, war von Natur schon durch die Küstenbeschaffenheit ein hinfälliger. Die atlantische Küste namentlich ist eine durchgängig von Sanddünen und Lagunen besetzte Flachküste, und dieselbe bot außer dem Inselhafen Carmen, der seiner Lage halber nur einem sehr beschränkten Gebiete zu gute kommt, keinen einzigen tiefen und sichern Ankerplatz. Einen wirklich guten Hafen von 6 m Tiefe hat man durch Jettybauten bei Tampico erst 1891 künstlich geschaffen, und von der unsichern Reede von Veracruz ist man zur Zeit im Begriff, ein 8,5 m tiefes und 100 ha großes Becken durch Molen abzudämmen. An der pacifischen Küste gab es bei Guaymas, Mazatlan, San Blas, Mansanillo und Acapulco bessere Naturhäfen, sehr seicht und versandet sind aber auch hier alle Buchten weiter südwestlich, so daß gerade der schmalste und niedrigste Teil des Landes bei der Landenge von Tehuantepec beiderseits ohne gute Zugänge ist.

Von den Strömen sind nur der Rio Grande del Norte und der Coatzocoalcos auf beträchtlichern Strecken schiffbar. Die übrigen haben zu starkes Gefäll und zu wechselndes Volumen, so daß sie nur zu Bewässerungszwecken dienen können, während sie in der Regenzeit vielfach furchtbare Verwüstungen anrichten. Weite Gebiete des Innern besitzen keinen natürlichen Abfluß zum Meere, und auch dem Hochthale von Anahuac hat man erst 1896 durch einen Kanal einen künstlichen Abfluß zum Panuco und damit zum Mexikanischen Golf geschaffen.

Klima, Pflanzen und Tierwelt. Hinsichtlich des Klimas bietet M. die allerverschiedensten Typen dicht nebeneinander. Eigentliches Tropenklima hat auch in der Südhälfte nur das Küstentiefland (die tierra caliente), wo Veracruz im kältesten Monate 22,1° C., im heißesten 27,7° Mitteltemperatur verzeichnet. Das übrige Südmexiko ist aus der Tropenzone herausgehoben (tierra templada und tierra fria), und auch die Temperaturverhältnisse von Oaxaca entsprechen nur etwa denjenigen von Gibraltar. Auf dem Hochlande sind Schnee und Fröste keine seltene Erscheinung. Die Mitteltemperaturen des heißesten und kältesten Monats liegen indes auch hier nicht weit auseinander (M. mit 22,5 im Januar und 19,5° im Mai). Die Verteilung der Niederschlage über das Jahr ist echt tropisch, mit dem Sommer als der Regenzeit, nur neigen die nördl. Hochflächen zu großer allgemeiner Regenarmut und zum Teil zu förmlicher Wüstenhaftigkeit. Im allgemeinen ist die östl. Abdachung des Landes reicher an Niederschlagen als die westliche. Cordoba hat 280 cm im Jahresdurchschnitt, Mirador 213, Oaxaca 72, M. 61, Zacatecas 82, Colima 105. - Das innere Hochland bis über 20° nördl. Br. südwärts hinaus zeigt den Typus einer subtropischen Steppenlandschaft, ausgezeichnet durch dickblätterige Liliaceen, Yucca, Fourcroya, Agave. Die Gebirgsränder ringsum tragen herrliche Waldungen, in denen die immergrünen Eichen eine ungemeine Mannigfaltigkeit erreichen. Der Küstenabfall bis zum Wendekreise nach N. ist dagegen mit echten Tropenwaldungen bedeckt, in denen von Palmen noch stachlige Bäume (Acrocomia, Astrocaryum), wie in Brasilien, eine Rolle spielen, wenn auch seltener. Ebenso verleiht die terrassenförmige Gestaltung ihm infolge der damit verbundenen klimatischen Abstufungen gleichzeitig die Nahrungspflanzen der Tropenwelt und die Kulturgewächse des Nordens. In den Tierras calientes ist der Anbau von Reis und von Zuckerrohr sehr lohnend. In den Staaten M., Puebla, Veracruz, Michoacan, Tabasco und Oaxaca werden jährlich durchschnittlich gegen 400 000 Ctr. Rohrzucker gewonnen. Der in Jalisco und Colima gezogene Kaffee kommt an Güte dem besten costaricanischen gleich. Eine der Indigoarten, die als Handelsgut am besten aus Colima kommt, wächst in einem großen Teile des Landes wild. Der in Tabasco und Chiapas gezogene Kakao ist von vorzüglicher Qualität. Die Baumwolle gedeiht in den heißen Gegenden des Landes fast ohne alle Pflege. Indessen ist die Kultur nur gering. Seit neuerer Zeit und rasch zunehmend wird in Yucatan die Kultur des von der Agave stammenden Pite- oder Sisal-Hanfs betrieben. Cochenille liefert namentlich Oaxaca, doch ist die Kultur derselben jetzt durch die Verbreitung des Anilins zurückgedrängt; Tabak liefert Veracruz. Der Mais, als Brotfrucht und Viehfutter gebaut, trägt in den heißen Gegenden 250-300fältig und giebt oft zwei Ernten in einem Jahre: wahrscheinlich ist hier seine Urheimat und das Land seiner ersten Kultur durch Menschenhand. Die zwischen dem Mais gebaute schwarze Bohne (frijol) ist Nationalspeise der ärmern Klassen, wie in Europa die Kartoffel. Der Ackerbau wird noch mit primitiven Mitteln betrieben; weite Strecken werden alljährlich Kolonisten angewiesen, auch bemüht sich die Regierung, durch Einfuhr und Verteilung von Weinstöcken, Oliven, Gemüsen und Seidenwürmern neue Kulturen zu schaffen. Der Reichtum an Vieh, besonders an vortrefflichen Pferden, ist zumal im Norden sehr bedeutend. - Die Fauna ist der von Centralamerika (s. d., Bd. 4, S. 36 a) gleich.

Bergbau und Industrie. M. ist überreich an Silber (jährliche Ausbeute im Werte von etwa 170 Mill. M.); auch Gold, Blei, Eisen, Kupfer, Quecksilber, Zinn, Antimon, Kobalt,Schwefel und Petroleum werden gefunden, aber vielfach noch nicht abgebaut. 1894 waren 3167 Bergwerksunternehmungen konzessioniert.

Der wichtigste Zweig der Industrie ist die Baumwollmanufaktur, besonders in Guadalajara und Puebla, die sich auf grobe weiße Kattune (mantas), die landesüblichen Shawls (rebózos), Tischgedecke und Bettdecken erstreckt, aber dem Bedarf nicht genügt, so daß trotz des hohen Zolls Baumwollfabrikate den Haupteinfuhrartikel bilden; ferner die Wollmanufaktur; im ganzen bestehen 140 Betriebe der Textilindustrie mit 15 086 Arbeitern; daneben sind zu nennen Sattler-, Hutmacher- und Wagnerfabrikate; Gold- und Silber-, insbesondere Filigranarbeiten, 7 Papiermühlen und Thonwarenfabriken. In Durango, M., Michoacan und Oaxaca bestehen Eisengießereien. Handel und Industrie sind durch ein weitgreifendes Prohibitiv- und Monopolsystem wie durch hohe Zölle sehr gedrückt, der Schleichhandel unglaublich ausgedehnt.