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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mexiko (Föderativrepublik)

Spitze Santa-Anna trat, zu den Waffen. Der Sieg blieb 4. Dez. den Yorkinos, und Pedraza legte die Präsidentenstelle nieder. Die Wahl seines Nachfolgers fiel auf den Mestizen Guerrero. Ein Gesetz vom 20. März 1829 verbannte alle Spanier.

Inzwischen hatte Spanien unter Varradas eine Expedition zur Wiedereroberung M.s ausgerüstet, die 24. bis 27. Juli 1829 bei Punta de Xexes, 30 km von Tampico, landete, aber 11. Sept. von Santa-Anna zu kapitulieren genötigt wurde. Zwei Monate später brach gegen Guerrero eine Verschwörung aus, an deren Spitze der Vicepräsident Bustamente stand. Guerrero dankte ab, und 1. Jan. 1830 wählte man Bustamente zum Präsidenten. Ein Aufstandsversuch Guerreros wurde niedergeschlagen und er selbst 17. Febr. 1831 kriegsrechtlich erschossen. Da Bustamente jedoch die Patrioten durch aristokratisches Regiment und hauptsächlich durch Aufhebung des Dekrets, das die Spanier verbannte, beleidigte, stellte sich im Jan. 1832 Santa-Anna an die Spitze einer Insurrektion und proklamierte Pedraza als rechtmäßigen Präsidenten. Nach mehrern Gefechten entschied Santa-Annas Sieg bei Puebla 1. und 2. Okt. 1832 den Kampf. Pedraza übernahm wieder die Regierung, doch trat bereits 1. April 1833 Santa-Anna an seine Stelle. Die liberalen Gesetze zur Unterdrückung der Klöster und zur Abschaffung der zwangsweisen Zahlung des Zehnten, die unter ihm der Kongreß erließ, riefen neue Erbitterung hervor, die 1835 zur Aufhebung der Verfassung von 1824 und zur Verwandlung der Konföderation in eine mehr centralisierte Republik führte. Santa-Anna wurde dem Namen nach zum Präsidenten, in der That aber zum Diktator ernannt. Nur Texas widersetzte sich. Santa-Anna, der es zu unterwerfen suchte, wurde 21. April 1836 bei San Jacinto geschlagen und gefangen genommen. Während seiner Abwesenheit wurde Bustamente Präsident, mußte aber Santa-Anna 1841 weichen.

Jetzt folgte wieder eine lange Reihe von Kämpfen zwischen Centralisten und Föderalisten, in deren Laufe die Verfassung suspendiert und die Regierung immer mehr centralisiert wurde. Santa-Anna herrschte mit dem Bestreben, sich zum Diktator zu machen. Seine willkürliche Veränderung der Verfassung im Dez. 1842 sowie andere Gewaltmaßregeln verliehen der Opposition solche Gewalt, daß er durch einen von Paredes und Herrera angestifteten Aufstand 1844 gestürzt und verbannt wurde. Am 20. Sept. erhielt er einen Nachfolger in Canalizo, der aber gleichfalls im Dez. 1844 durch eine Revolution sein Amt verlor. Auch sein Nachfolger Herrera hielt sich nur ein Jahr, indem er 30. Dez. 1845 durch einen neuen Aufstand vertrieben und durch Paredes ersetzt wurde. Noch unter Herreras Verwaltung war infolge der Annexion von Texas an die Vereinigten Staaten ein Krieg mit diesen ausgebrochen. Im Mai 1846 überschritten die Truppen der Union unter General Taylor die Grenze. Die amerik. Waffen waren überall siegreich gegen Santa-Anna, der inzwischen aus dem Exil zurückgekehrt war und die Präsidentschaft wiedergewonnen hatte. Mit der Einnahme der Stadt M. war der Krieg (15. Sept. 1847) beendet. Santa-Anna entfloh, Paredes war verschollen, die mexik. Armee völlig zerstoben. Erst 2. Febr. 1848 kam zu Guadalupe-Hidalgo ein Friedensvertrag zu stande, der von dem mexik. Kongreß zu Queretaro unter dem Vorsitz des Präsidenten

Herrera 29. Mai 1848 ratifiziert wurde. M. verlor die jenseit des Rio Grande del Norte gelegenen Teile der Staaten Tamaulipas, Coahuila und Chihuahua sowie Neumexiko und Neukalifornien, im ganzen etwa 1 650 000 qkm. Zum Nachfolger Herreras wurde Don Mariano Arista gewählt, der sein Amt 15. Jan. 1851 antrat. Aber schon 1852 wurde Arista durch eine neue Revolution gestürzt und General Cevallos als Präsident an die Spitze gebracht. Inmitten dieser Anarchie verlangten die Parteiführer die Zurückberufung Santa-Annas, und im Febr. 1853 erfolgte unter Mitwirkung des Präsidenten Cevallos seine Berufung zur Präsidentschaft. Am 27. April 1853 hielt Santa-Anna seinen Einzug in die Hauptstadt und regierte nun länger als zwei Jahre mit unumschränkter Macht als Diktator. Als er jedoch 1854 den südl. Teil des heutigen Territoriums Arizona um 10 Mill. Doll. an die Vereinigten Staaten verkaufte, bereitete die Entrüstung hierüber und über seine enge Verbindung mit der Priesterpartei seinen Sturz, der im Sommer 1855 durch einen von Alvarez geleiteten Aufstand erfolgte. Nach seiner Abreise traten vier Prätendenten auf, die nach vergeblichem Ringen um die Oberherrschaft eine Art Kompromiß schlossen, in dem Alvarez als Präsident und Ygnazio Comonfort als sein Stellvertreter anerkannt wurde. Alvarez trat jedoch schon im Dez. 1855 die Regierung an Comonfort ab, der eine Zeit lang im besten Einvernehmen mit dem Kongreß regierte, alle Spuren von Santa-Annas Absolutismus beseitigte und durch energische Maßregeln die Priesterherrschaft zu brechen suchte. Dem fanatischen Widerstände des Klerus gegenüber verlor er indes den Mut und suchte Ende Dez. 1857 durch einen Staatsstreich ein Kompromiß zwischen den Forderungen der Liberalen und des Klerus zu bewirken. Dadurch verdarb er es mit beiden Parteien. Die Liberalen erklärten ihn als Hochverräter seines Amtes für verlustig und erkannten den Vicepräsidenten Juarez (s. d.) als Oberhaupt an. Der Klerus warf schon im Jan. 1858 Comonfort als unbrauchbares Werkzeug beiseite und gab dem General Zuloaga die Regierung. Juarez richtete seine Verwaltung in Veracruz ein, während Zuloaga in der Hauptstadt residierte und von den europ. Mächten anerkannt wurde. Der auf seiten Zuloagas stehende General Miramon siegte zwar anfangs im Norden und gewann dadurch bei der Priesterpartei so hohes Ansehen, daß er 1859 Zuloaga verdrängen und sich an dessen Statt zum Diktator aufwerfen konnte, doch vermochte er nicht Juarez aus Veracruz zu treiben, der im April 1859 von den Vereinigten Staaten als der rechtmäßige Präsident anerkannt wurde und im Jan. 1861 in die Hauptstadt einzog. Juarez proklamierte vollständige Religionsfreiheit, hob die Mönchsklöster auf und erklärte das Kirchenvermögen für Nationaleigentum. Der Kongreß ernannte ihn 1. Juli 1861 zum Diktator. Einer seiner ersten Schritte war, daß er die vertragsmäßigen Zahlungen an die auswärtigen Gläubiger auf zwei Jahre suspendierte.

Dieser Vertragsbruch bot Napoleon III. eine Gelegenheit zur Intervention, wobei es ihm hauptsächlich darauf ankam, die lat. Rasse und das monarchische Princip in Amerika zu unterstützen; doch verbarg er zunächst seine dahin gehenden Pläne und schloß mit England und Spanien 31. Okt. 1861 den Londoner Vertrag, um Zahlung und Genugthuung für die Forderungen und Beschwerden ihrer Unter-