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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Misterien - Mitbewegung

Misterien, s. Mysterien.

Mistfliegen, s. Dungfliegen.

Misthra oder Misithra, ein Schloß, das 1248 der franz. Fürst von Morea, Wilhelm von Villehardouin, 4 km westlich von dem byzant. Lakedämon (Sparta) auf einem Vorberge des Taygetos anlegte; dieser (ursprünglich slaw.) ) Name ging auch auf die Stadt über, die nun am Fuße des Schloßberges entstand. Seit 1262 fiel M. wieder in die Hände der Paläologen und war seitdem der Sitz der griech. und später der türk. Behörden in Lakonien. Das seit 1834 gegründete moderne Sparti hat seinerseits M. wieder absorbiert, das jetzt eine höchst malerische Ruinenstadt bildet, in deren Umgegend in einzelnen Weilern 900 E. wohnen.

Misti, Vulkan bei Arequipa (s. d.) mit der höchsten meteorolog. Station der Erde (seit 1894).

Mistir, Stadt in Tunesien, s. Monastir.

Mistkäfer (Coprophagidae), Dungkäfer, nennt man, obwohl sehr viele Käfer verschiedener Familien im Miste leben, allgemein eine äußerst artenreiche Familie der Blatthornkäfer, die über die ganze Erde verbreitet ist. Die M. und ihre Larven leben meist vom Miste der Huftiere, daher ist Afrika mit seinen großen Wiederkäuerherden für dieselben die Hauptheimat. Merkwürdig ist die Thatsache, daß auch Südamerika, obgleich gegenwärtig arm an einheimischen größern Säugetieren, zahlreiche Formen besitzt, die sich aber an eine andere Lebensweise angepaßt haben und von Aas ernähren. Die Gruppe der M. teilt sich in mehrere Unterfamilien, die Dungkäfer (Aphodididae), meist kleine, in vielen hundert Arten über die ganze Erde verbreitete Käfer mit neungliedrigen Fühlern, von denen der nebenstehend abgebildete einheimische Aphodius fossor L. eine der größten ist, die Roßkäfer (s. d.), zu denen das Dreihorn (s. d. und Tafel: Käfer I, Fig. 9) gehört; ferner die Copridae, zu denen die Pillendreher (Ateuchus) mit achtgliedrigen Fühlern gehören, mit dem bekannten heiligen Scarabäus (s. d.) der alten Ägypter und den Mondkäfern (Copris) mit neungliedrigen Fühlern, halbkreisförmig ausgebreitetem Kopfschild und meist mit Hörnern oder Höckern versehen. Auch giebt es andere ausländische Formen von ziemlich bedeutender Größe (z. B. Heliocopris bucephalus Herbst, Fig. 19).

^[Abb.]

Mistral, ein heftiger und kalter Nordwestwind, der, von den Cevennen herabwehend, die Südküste Frankreichs trifft und wegen der Verheerungen, die er in der Vegetation anrichtet, sehr gefürchtet ist.

Mistral, Fredéric, provençal. Dichter, geb. 8. Sept. 1830 zu Maillane (Depart. Bouches-du-Rbône), studierte in Avignon Jura, zog sich aber dann in seine Heimat zurück, um sich schriftstellerischen Arbeiten zu widmen. Sein Epos "Mirèio" (mit franz. Übersetzung, Avignon 1859 u. ö.; mit deutscher Übersetzung von Frau Dorieux-Brotbeck, Heilbr. 1880) hatte einen bedeutenden Erfolg und veranlaßte die Gründung der Félibrige (s. Félibre). Es wurde von der Akademie 1861 preisgekrönt und errang auch als Oper "Mireille" (Musik von Gounod) großen Beifall. 1890 erhielt M. den Preis Jean Reynaud (10 000 Frs.) von der Académie des inscriptions et belles-lettres. Von M.s spätern Dichtungen verdienen Erwähnung: "Calendan" (1867), "Lis Isclo d’or" (1875(, "Nerto" (mit franz. Übersetzung, 1884; deutsch von Bertuch, Straßb. 1891) und "La reine Jeanne" mit franz. Übersetzung, 1890).

Mistress (engl., spr. missis, nur in der abgekürzten Form Mrs. gebräuchlich), d. h. Herrin, in England Prädikat aller verheirateten Damen, die nicht auf den Titel Lady Anspruch haben. Mrs. wird mit dem Vor- und Familiennamen des Mannes verbunden, mit dem bloßen Familiennamen des Mannes nur bei der Frau des Familienhauptes.

Mistretta, Hauptort des Kreises M. in der ital. Provinz Messina, auf Sicilien, 7 km vom Meere, am Regitano, auch Furiano genannt, hat (1881) 12 535 E.; Handel mit Getreide, Wein, Manna und Käse. M. ist das Mytistraton der Alten.

Mistschwamm, s. Coprinus.

Mitadella (spr. -dellja), catalonisches Flüssigkeitsmaß, s. Citra.

Mitau. 1) Kreis im mittlern Teil des russ. Gouvernements Kurland, im Gebiet der kurländ. Aa, hat 4944,9 qkm, 123 050 E., meist Letten, und besteht aus den Bezirken Doblen oder M. und Bauske. - 2) M., russ. Mitáwa, lettisch Jélgawa oder Leela Jelgawa, Hauptstadt des Gouvernements Kurland und Kreisstadt im Kreis M., in weiter fruchtbarer Ebene, an der Drixe, einem Arm der kurländ. Aa, und an der Mitauer Eisenbahn (Riga-Mosbejti), mit breiten regelmäßigen Straßen und niedrigen Häusern, ist Sitz des Civilgouverneurs, der beständigen Vertretung des kurländ. Adels (Ritterschaftskomitee), der Kommandos der 29. Infanteriedivision und deren 1. Brigade und hat (1892) 30 528 E., davon über 51 Proz. Deutsche, 24 Proz. Juden, dann Russen, Letten und Polen, in Garnison das 114. Infanterieregiment, schönes Schloß (1738 von Rastrelli erbaut), 3 evang. (darunter 1 lettische), 1 russ., 1 reform., 1 kath. Kirche, 3 Synagogen, Gymnasium, Realschule, Forstlehranstalt, Provinzialmuseum mit Bibliothek, deutsche und lettische Litterarische Gesellschaft, Theater, 3 deutsche, 1 russ., 3 lettische Zeitungen, 3 Buchdruckereien, 2 Buchhandlungen; Stadtbank, Landschaftlichen Kreditverein, 40 Fabriken mit 848 000 Rubel Produktion, Handel mit Getreide, Flachs, Leinsamen nach Riga. - Die Ordensburg M. wurde 1263-66 vom livländ. Heermeister Konrad von Mandern oder Medem erbaut; die Ansiedelung, die daneben entstand, wurde 1435 zur Stadt erhoben. M. war seit 1502 die Residenz der kurländ. Herzöge. Im 17. Jahrh. war es dreimal in den Händen der Schweden. 1700 wurde es von den Russen eingenommen und kam 1795 ganz zu Rußland. Von 1017 bis 1814 war M. befestigt.

^[Abb.]

Mitbaurecht zur Hälfte, s. Bergwerksabgabe.

Mitbelehnung, s. Koinvestitur.

Mitbesitz, derjenige Besitz, welchen eine Person mit einer andern oder mit mehrern andern Personen an derselben Sache oder an demselben Recht jeder zu einem Bruchteil ausübt (s. Besitz, Bd. 2, S. 880 a). Jeder von ihnen muß seinem Mitbesitzer die anteiligen Vorteile des Besitzes genießen lassen. Gegen dritte Personen, welche den Besitz stören oder entziehen, klagen sie zweckmäßig zusammen; doch kann auch der Einzelne zu seinem Anteil klagen. Auch völkerrechtlich kommt ein M. z. B. infolge gemeinschaftlicher Eroberung durch verbündete Staaten vor, wie ein Miteigentum. (S. Condominium.)

Mitbewegung, das Inthätigkeittreten einzelner Muskeln und Muskelgruppen gleichzeitig mit an-^[folgende Seite]