947
Mittler – Mittu
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Mitthäterschaft'
Thatbestand verwirklichen, und ferner, daß die Mitwirkung von der Absicht getragen ist, die That als eigene im gewußten und gewollten
Zusammenwirken mit andern zu begehen. In der Theorie wie in der Praxis herrscht Meinungsverschiedenheit über die Abgrenzung der M. von der
Gehilfenschaft, z. B. ob derjenige, welcher beim Diebstahl Wache steht, nur Gehilfe oder ob er auch Mitthäter sein kann. Der Unterschied zeigt sich
in der Strafbemessung. (S. Beihilfe.)
Mittler, in der christl. Theologie Bezeichnung für Christus als den Stifter des Neuen Bundes zwischen Gott und den
Menschen. Der Ausdruck ist zunächst von der Thätigkeit des Moses entlehnt als der bei Stiftung des Alten Bundes zwischen Gott und dem Volke
Israel eingetretenen Mittelsperson (Gal. 3, 19 fg.), wurde aber schon im Hebräerbrief
(9, 15) auf Christus übertragen.
Mittler+Sohn, Ernst Siegfried, königl. Hofbuchhandlung und Hofbuchdruckerei in Berlin, im Besitz von
Dr. Theodor Toeche, geb. 8. Sept. 1831 in Berlin, Verfasser von «Kaiser Heinrich VI.» (Lpz. 1867), 1870 zum
Hofbuchhändler, 1879 zum Hofbucbdrucker ernannt, seit 1869 Mitglied des königlichen litterar. Sachverständigenvereins. Das Geschäft wurde
1789 von Wilhelm Dieterici (geb. 18. März 1758 in Berlin, gest. 15. Sept. 1837) als Buchdruckerei mit
Buchverlag begründet, die sein Schwiegersohn Ernst Siegfried Mittler (geb. 26. Juni 1785 in Halle, 1838–68
Mitglied des litterar. Sachverständigenvereins, 1866 zum Hofbuchhändler ernannt, gest. 12. April 1870) 1828 mit einer von ihm 1816 gegründeten
Sortimentsbuchhandlung verband. Teilhaber seit 1848 (von da an die jetzige Firma) war der Sohn des vorigen,
Ernst Siegfried Wilhelm (geb. 27. Okt. 1820, gest. 6. März 1853). Der jetzige Besitzer ist Enkel von Mittler
sen. und war Teilhaber seit 1862. Das Sortiment wurde 1849 an Alex. Bath verkauft. Filialen bestanden in
Posen (1820–55) und Bromberg (1827–48).
Der Verlag war von Anfang an patriotisch und militärisch, 1830–50 kamen dazu Theologie (Eylert, Neander), Philosophie (Beneke),
Naturwissenschaften (Mitscherlich, Rose), Statistik (Dieterici, von Reden), Schulbücher (auch polnische), Stolze, «Anleitung zur deutschen
Stenographie» (1845 u.ö.; bis 1893 220000 Exemplare). Seit 1870 wurden Philosophie (Überweg, Bergmann) und Geschichte (Dahn, Prutz,
Schottmüller, Usinger, Winkelmann) reichhaltiger. Das Hauptgebiet blieben aber immer die Militärwissenschaften: Publikationen des Großen
Generalstabs über die Kriege von 1864, 1866, 1870/71, die Kriege Friedrichs d. Gr. u.a.; Moltkes Werke; Werke von Blesson, von Canitz, von Decker,
Müffling, aus neuerer Zeit: Th. von Bernhardt, von Blume, von Boguslawski, von Conradi, Prinz Hohenlohe-Ingelfingen, Honig, Kunz, Meckel, von
Scherff, Verdy du Vernois, Graf Wartensleben und viele andere; Truppengeschichte (250 Werke), Diensthandbücher (auch für die Marine),
Lehrbücher für Kriegsschulen; das «Militär-Wochenblatt» (1816 fg.), die «Rang- und Quartierliste der preuß. Armee» (1817 fg.), das
«Armee-Verordnungsblatt» (1867 fg.), «Jahresberichte über die Veränderungen und Fortschritte im Milttärwesen» (1874.fg.) u.s.w. Außerdem:
↔ «Deutsches Handelsarchiv» (1880 fg.), statist. Werke des Reichseisenbahnamtes, «Deutsches Kolonialblatt» (1890 fg.),
freimaurerische Schriften.
Die Buchdruckerei hat 19 Pressen, Stereotypie, 225 Personen (mit der Buchhandlung), Hauskasse (1885 mit 15000 M. begründet).
Mittnacht, Herm., Freiherr von, württemb. Minister, geb. 17. März 1825 in Stuttgart, studierte in Tübingen und
Heidelberg die Rechte und trat 1849 in den württemb. Justizdienst, in welchem er als Staatsanwalt, Stadtgerichtsvorstand in Stuttgart sowie als
Obertribunalsrat und Mitglied des Oberhandelsgerichts thätig war. 1861 in die württemb. Abgeordnetenkammer gewählt, errang er sich an der
Spitze der konservativen Partei rasch eine hervorragende Stellung. M. war 1867 Mitglied der Bundesliquidationskommission in Frankfurt a.M. und
trat im April desselben Jahres als Justizminister in das Ministerium Varnbüler. Er führte eine neue Gerichtsorganisation und Prozeßreform durch
und beteiligte sich 1870 in wesentlich fördernder Weise an den Verhandlungen in München und Versailles, die der Gründung des Deutschen Reichs
und später dem Abschluß der Friedenspräliminarien vorangingen. Seit dem Rücktritt von Varnbülers im Äug. 1870 das Haupt der Regierung,
übernahm M. im Nov. 1873 auch das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten (mit den Verkehrsanstalten) und des königl. Hauses und
wurde 1876 Ministerpräsident. Auch war M. Mitglied des Zollparlaments, wo er der partikularistisch-konservativen Partei angehörte, und ist seit
Gründung des Deutschen Reichs Mitglied des Bundesrats. Das Justizministerium gab er 1878 ab. 1887 wurde er in den erblichen Freiherrenstand
erhoben.
Mittönen, eine akustische Erscheinung, die darauf beruht, daß ein tönender Körper durch Vermittelung der Luft einen
andern gleichgestimmten Körper ertönen läßt. Eine schwingende Stimmgabel auf einem Resonanzkästchcn regt eine zweite gleichgestimmte
Gabel auf einem hohlen Kästchen in beträchtlicher Entfernung zum M. an. Eine geringe Verstimmung der beiden Gabeln gegeneinander verhindert
das M. oder Mitschwingen, da jetzt die kleinen Stöße, die von der ersten Gabel ausgehen, auf die zweite nicht mehr in demselben Takte treffen, als
diese zu schwingen strebt, weshalb die Wirkung der vorhergehenden Stöße durch die nachfolgenden wieder aufgehoben wird. Ähnlich verhalten
sich auch andere schwingungsfähige Körper. Durch Anschlagen eines Accordes kann man denselben Accord auf einem entfernten von der
Dämpfung befreiten Klavier zum Klingen bringen.
Mittu, ein Negerstamm im obern Nilgebiet, zwischen den Flüssen Rohl und Roah und dem 5. und 6.° nördl. Br. seßhaft,
umfaßt nach Sitten und Sprache auch die kleinern Völkerschaften Abaka, Luba und Madi (nicht zu verwechseln mit dem südlicher wohnenden
großen Volke der Madi). Die M. sind von schwächlicher Körperbeschaffenheit; sie haben krauswolliges Haar, das sie kurz scheren. Beschneidung
üben sie nicht, aber sie tättowieren sich. Sie durchbohren Ober- und Unterlippen, um Scheiben von Elfenbein oder kleine Quarzkegel in die
erweiterten Löcher zu stecken. Arm und Beine zwängen sie in schwere Eisenringe; um den Hals legen sie förmlich einen metallenen Panzer. Die
Männer tragen um die Lenden einen Schurz von Fell, die Weiber begnügen sich mit einer Hüftschnur,
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 948.