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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Möbeldamast - Mobile Kolonne

malung der Truhen und Kästen (z. B. mit Wappen und Figuren) hielt sich am längsten in Italien, wo sie in die Intarsia (s. d.) überging. Die Gotik hatte hinsichtlich des M. noch die Eigentümlichkeit, daß sie Kästen, Bänke, Betten vielfach mit der Wandvertäfelung verband, sie also als Teile des Hauses, als Immobilien bildete, wie dies im deutschen Bauernhaus heute noch vielfach die Regel ist. Die Renaissance verwandelte das Ornament, indem sie die Konstruktion, die Zusammenfügung aus strebenden, tragenden und getragenen, aus trennenden und verbindenden Gliedern und flachen Füllstücken beibehielt. Aber bald ging die Renaissance über dieses der Sache angemessene architektonische Element hinaus, indem sie das M., besonders hohe Kästen und Schränke, in eine scheinbare Architektur, in die Nachahmung einer Palastfaçade verwandelte. Diese Art dauerte bis in das 17. Jahrh.

Gegen das Ende des 17. Jahrh. gewann die Marqueterie über das Reliefornament den Sieg, und Boulle (s. d. und Boullearbeiten) fügte den Holzeinlagen Metall und Schildkrot hinzu. Die einfachere Art hat sich noch bis in unsere Zeit als Rest bei den mit Fournierholz belegten M. (s. Fournieren) erhalten. Auch mit den Formen gingen im 18. Jahrh. Veränderungen vor. Das Rokoko, welches die Sitzmöbel krümmte und schweifte, verfuhr ebenso mit den Kästen und insbesondere mit den Tischen und Konsolen, die alle willkürlichen Linienannahmen. In jene Zeit fällt die Entstehung der Kommode. Von diesen Formen kam schon der Stil Ludwigs XVI. wieder zurück, indem er das M. wieder der geraden Linie unterwarf, doch behandelte er es mit besonderer Zierlichkeit. Dieser Stil war es auch, welcher von einer andern Neuerung des 18. Jahrh., der Verzierung des M. mit vergoldeter Bronze, den meisten Gebrauch machte. Was der Stil Ludwigs XVI. begonnen, führte ddr Empire-Stil in Steifheit und Geziertheit weiter, doch nur für kurze Zeit. Es war auch vergebens, daß er antike Formenmotive, z. B. beim Sitzmöbel, einzuführen suchte. Im Anfang des 19. Jahrh. kehrten die Rokokomotive wieder. Neuerdings machen sich auf dem Gebiete der Kunsttischlerei die verschiedenen Stilarten nebeneinander geltend. Doch halten die Franzosen im M. an den Stilarten des 17. und insbesondere des 18. Jahrh. fest und schmücken die Formen derselben mit Bronze, mit Marqueterie, Lack und auch Malerei; in Deutschland kämpft die sog. deutsche Renaissance mit Versuchen in Rokoko, während man in Österreich zu ital. Mustern hinneigt, England aber seine eigenen Manieren hat und daneben überaus feine und kostbare Marqueterie im Empire-Stil arbeitet. (S. auch Möbelfabrikation.)

Vgl. Jacquemart, Histoire du mobilier (Par. 1877); Schwenke, Ausgeführte M. und Zimmereinrichtungen der Gegenwart (2 Bde., Berl. 1880-84); Champeaux, Le meuble (2 Bde., Par. 1885); Caspar, Deutsche Kunst- und Prachtmöbel neuester Zeit (Erfurt 1885); Ad. Hoffmann, Holzskulpturen und M. in Rokoko (120 Tafeln in Photographie, Berl. 1885-88; 2. Aufl. 1891 fg.); ders., Rokoko-Möbel (15 Lichtdrucktafeln, ebd. 1886; 2. Aufl. 1390); Hirth, Das deutsche Zimmer (3. Aufl., Münch. 1886); Kick und Seubert, Mustersammlung für Möbeltischler (Ravensburg 1880-87); R. Dohme, M. aus den königl. Schlössern zu Berlin und Potsdam (Berl. 1886-91); Gurlitt, M. deutscher Fürstensitze (40 Lichtdrucktafeln, ebd. 1886-88); Caspar, Mustergültige M. des 15. bis 17. Jahrh. (25 Lichtdrucktafeln, Frankf. a. M. 1888); Streitenfeld, Moderne Polstermöbel (Berl. 1889); Oelmaier, Moderne M. (Stuttg. 1890 fg.); Villeneuve, Kunstmöbel verschiedener Stile (32 Tafeln in Phototypie, Berl. 1891).

Möbeldamast, s. Damast.

Möbelfabrikation, die fabrikmäßige Herstellung der Möbel (s. d.), hat im wesentlichen zur Grundlage die maschinellen Methoden der Holzbearbeitung (s. d.), bei Polstermöbeln verbunden mit den Arbeiten des Tapeziers. Die Maschinen der M. sind Sägemaschinen (s. d.), Hobelmaschinen (s. d.), Sandpapiermaschinen (s. d.) znm Glätten, Drehbänke (s. d.), ferner Bohrmaschinen (s. d.), Fräsmaschinen (s. d.) und Stemmmaschinen (s. d.) für die Ausarbeitung der nötigen Vertiefungen. Fournierte Möbel erfordern noch die Fourniersäge (s. d.) oder die Fournierschneidemaschine (s. d.). Gebogene Möbelteile erzeugt man durch Holzbiegmaschinen (s. d.). Die kunstvoll verzierten Möbel, deren Herstellung auch als Kunsttischlerei oder Kunstschreinerei bezeichnet wird, werden unter Zuhilfenahme der Holzbildhauerei (s. d.) hergestellt, die sich für fabrikmäßigen Betrieb der Kopiermaschinen (s. d.) bedient. Für billige Skulpturen kommt auch die Pyrotypie (s. d.) und die Neoskulptur (s. d.) zur Anwendung.

Die feinsten Möbel erzeugt Paris; doch treten mit diesem Platze neuerdings in erfolgreiche Konkurrenz namentlich Berlin, Dresden, Stuttgart, Wien, London und Mailand. Berlin leistet besonders in mittelfeiner Ware Erhebliches. Die deutsche Ausfuhr bezifferte sich 1893 auf 17,5 Mill., die Einfuhr auf 8,7 Mill. M. (S. Kunsttischlerschulen.) - Vgl. Krause, Die Praxis des Möbeltischlers (2. Aufl., Berl. 1891); Stöckel, Bau-, Kunst-und Möbelschreiner (10. Aufl., Weim. 1893).

Möbelzeug, s. Roßhaargewebe.

Mobil (lat.), beweglich, in Bewegung, kriegsbereit. (S. Mobilmachung.)

Mobile (spr. -bihl), Hauptstadt des County M. und einziger Seehafen im nordamerik. Staate Alabama, an der Mündung des Flusses M. in die Mobilebai des Golfs von Mexiko, hat (1890) 31 076 E., darunter 13 000 Farbige; regelmäßige, gutgepflasterte Straßen, ein schönes Zollhaus mit der Post, Baumwollbörse, kath. Kathedrale, Barton Academy, Stadt- und Marinehospital und Joseph's College der Jesuiten. Nach Neuorleans und Montgomery führt die Louisville-Nashvillebahn, nach dem Norden die M.-Ohiobahn. Ein Zweig letzterer führt den Fluß eine Strecke aufwärts, außerdem besteht Flußdampfschiffahrt. Der Hafen ist durch Forts geschützt. Vor dem Bürgerkriege versandte M. jährlich über 600 000, 1892-93 nur 182 884 Ballen Baumwolle; dafür hat sich namentlich der Holzhandel entwickelt. Die Ausfuhr betrug 5,3 Mill. Kubikfuß Bauholz, meist nach England, darunter 2,8 Mill. Kubikfuß gesägtes Holz, 162 Mill. Fuß Planken, ferner 69 000 Fässer Harz und 18 000 Fässer Terpentin. Die Großhandelsgeschäfte versehen das Hinterland mit Waren aller Art. M. wurde ungefähr 1700 von Franzosen gegründet. In der Nähe African Village mit den Überlebenden des letzten (1859) in M. eingelaufenen Sklavenschiffs.

Mobile Kolonne, kleine Truppenabteilungen, nach Bedarf aus allen Waffen gemischt, die zu Zwecken des kleinen Krieges entsandt werden; dieselben sind in ihren Unternehmungen selbständig, nicht an eine bestimmte Rückzugslinie gebunden und