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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Nahrungsmittel

entstehen, und dazu sind die Eiweißstoffe nötig. Ferner dienen die Eiweißstoffe dazu, zu verhüten, daß bei der beständigen Zersetzung im Körper das in den Zellen geborgene Eiweiß zersetzt wird. Die stickstofffreien Nährstoffe, die Kohlehydrate, haben einerseits das im Körper zu den mannigfaltigsten Zwecken aufgespeicherte Fett, das ebenfalls beständig zerstört wird, zu ersetzen und vor dem Zerfall zu schützen, andererseits dient ihre Zersetzung zur Erhaltung der Körperwärme.

Die warmblütigen Tiere besitzen nämlich eine Temperatur, welche höher ist als die der umgebenden Luft (der Mensch z. B. 37,0 bis 37,5° C.), und diese wird auf ein und derselben Höhe erhalten durch diejenige Wärme, welche bei den im Körper ablaufenden chem. Prozessen (der Oxydation) frei wird. Das sind eben hauptsächlich die durch die Verbrennung der Fette und Kohlehydrate erzeugten Wärmemengen. Die Eiweißstoffe entwickeln allerdings auch bei ihrer Oxydation im Körper Wärme, sie eignen sich aber nicht zur ausschließlichen Wärmeerzeugung im Körper, vor allem nicht, weil sie viel schwerer und teurer zu beschaffen sind. Sie können aber zum Teil die Fette und Kohlehydrate in der Wärmewirkung ersetzen, umgekehrt natürlich diese auch die Eiweißstoffe. Dagegen können die Fette und Kohlehydrate die Eiweißstoffe im Zellbildungsvermögen nicht ersetzen, weil ihnen der zur Zellbildung erforderliche Stickstoff fehlt. Die zur Zellbildung und zur Erhaltung des Bestandes des Körpers nötigen Eiweißmengen sind nicht unbeträchtlich. Manche Forscher halten dieselben für relativ gering und glauben, daß sie noch mehr, als bisher angenommen wird, durch Fett und Kohlehydrate ersetzt werden können. Aber die Eiweißstoffe haben noch eine andere Bedeutung für die Ernährung; sie sind nämlich das Material zu den Blutkörperchen und diese die Träger des Sauerstoffs im Körper. Je mehr rote Blutkörperchen ein Tier besitzt, desto mehr Sauerstoff kann es aufnehmen und desto leichter und schneller oxydieren und Wärme entwickeln. Es wird nun bloß ein Teil der Wärme als solche an die Umgebung abgegeben, ein anderer Teil wird innerhalb des Körpers (innerhalb der Muskeln) umgesetzt in mechan. Arbeit. Daraus folgt, daß die stickstofflosen Mittel nicht bloß einfache Wärme, sondern auch Arbeit erzeugen, aber nur unter Beihilfe der Eiweißkörper, welche einerseits den arbeitenden Apparat darstellen, andererseits den zur Verbrennung nötigen Sauerstoff herbeiführen. Letzteres ist auch der Grund, warum ein mit eiweißreichem Futter (ein Pferd mit Hafer) gefüttertes Tier mehr Arbeit leisten kann als ein mit eiweißarmem Futter (ein Pferd mit Heu) gefüttertes Tier. Die Mengen, in welchen sich im Wärmebildungsvermögen die genannten Nährstoffe vertreten können, sind so, daß etwa 1 g Fett soviel leistet wie 2,35 g Eiweiß und 2,27 g Kohlehydrate. Fett bildet also mehr als doppelt soviel Wärme als Eiweiß und Kohlehydrate.

Den Wert der N. beurteilt man von diesen Gesichtspunkten aus, also nach ihrem Gehalt an Eiweiß, an Stärkemehl und Fett, unter Berücksichtigung der Form, unter welcher sie genossen werden. Dazu ist es aber notwendig, den Gehalt der N. an diesen Stoffen zu kennen, was man durch die Analyse derselben erreicht. Nach König, Voit u. a. besitzen die gebräuchlichen N. etwa folgende mittlere Zusammensetzung auf 100 g:

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Nahrungsmittel Eiweiß Fett Kohlehydrate Summe

g g g g

Ochsenfleisch, fettarm 21,9 0,9 - 22,8

Kalbfleisch 15,3 1,3 - 16,6

Fettgewebe 1,7 94,5 - 96,2

Rindsleber 16,3 3,2 - 19,5

Hühnerei 14,1 10,9 - 25,0

Milch 4,1 3,9 4,2 12,2

Butter 0,9 92,1 - 93,0

Magerer Käse 43,0 7,0 - 50,0

Weizenmehl 11,8 - 73,6 85,4

Roggenmehl 11,0 - 71,9 82,9

Gerste, geschält 10,0 - 73,5 83,5

Mais, geschält 11,0 7,0 67,6 85,6

Reis 7,5 - 78,1 85,6

Hirse 14,5 - 66,5 81,0

Gries 11,3 - 69,8 81,1

Schwarzbrot 8,3 - 44,2 52,5

Semmel 9,6 - 60,1 69,7

Erbsen 22,5 - 58,2 80,7

Weiße Bohnen 24,5 - 55,6 80,1

Linsen 26,0 - 55,0 81,0

Schneidebohnen 2,0 - 6,2 8,2

Weißkraut 1,5 - 7,1 8,6

Kartoffeln 2,0 - 21,8 23,8

Gelbe Rüben 1,5 - 12,3 13,8

Kohlrabi 1,3 - 9,5 10,8

Weiße Rüben 1,1 - 5,3 6,4

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Man darf nicht ohne weiteres den Wert eines N. nur nach seiner chem. Zusammensetzung beurteilen, sondern muß durch sog. Ausnutzungsversuche zu ermitteln suchen, wieviel von dem betreffenden N. von dem Darm wirklich aufgesaugt wird. Derartige Versuche haben gezeigt, daß bei Fleisch-, Eier- und Milchnahrung von dem eingeführten Eiweiß nur 1-3 Proz., bei vegetabilischer Nahrung dagegen beträchtlich mehr unverdaut wieder ausgeschieden wird, und zwar bei Weißbrot 9, bei Hülsenfrüchten 17, bei Schwarzbrot und Kartoffeln bis zu 30 Proz., woraus hervorgeht, daß die vegetabilischen N. im allgemeinen vom menschlichen Darm mangelhafter ausgenutzt werden. Nach zweckmäßiger Zubereitung kann die Ausnutzung der vegetabilischen N. erheblich gesteigert werden. Wieviel Nahrungsstoffe oder N. im einzelnen für die Ernährung des Menschen notwendig sind, läßt sich ohne weiteres nicht sagen; es müssen hierbei Körper- und Arbeitsverhältnisse mit in Betracht gezogen werden.

Die ungefähren Werte für das Nahrungsbedürfnis verschiedener Alter und Personen sind:

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Personen Eiweiß Fett Kohlehydrate

g g g

Kinder von 6 bis 17 Jahren 78 43 281

Nicht arbeitender Mann 100 50 400

Mann bei mittlerer Arbeit (1Ostündig) 118 56 500

Mann bei schwerer Arbeit 145 100 447

Frau bei mittlerer Arbeit 94 49 400

Soldat in der Garnison 120 56 500

Soldat im Manöver 135 80 500

Soldat im Krieg 145 100 500

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Außer den eigentlichen N. genießt der Mensch noch eine Reihe von Substanzen, welche nicht direkt zum Ersatz der verbrauchten Körpersubstanz, son-^[folgende Seite]