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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Niemegk - Niemeyer
Adjutant, init diesem bei Maciezowice gefangen nnd
in der Petersburger Festung eingekerkert, bis er bei
Pauls Thronbesteigung die Freiheit erhielt. Wie
Kosciuszko ging auch N. nach den Vereinigten Staa-
ten, kehrte aber 1807 nach Warschau zurück und
wurde Staatssekretär; doch lebte er meist auf seinem
Landhause Ursinow bei Warschau. Beim Ausbruche
der Revolution 1830 wurde er Mitglied des Admini-
strationsrats. Kurz vor dem Falle Warschaus ver-
ließ er Polen und ainq nach Paris. Er starb da-
selbst 21. Mai 1841. ^
Unter N.' Gedichten ragen die Fabeln hervor, in
fünf Büchern, vielfach mit polit. Anspielungen. Am
populärsten machten ihn seine "8pi6>vx kißtor^Qs"
("Histor. Lieder der Polen", Warsch.1816u.ö.; deutsch
von Gaudy, Lpz. 1833), Schilderungen hervorragen-
der Momente der poln. Geschichte. Seine dramat.
Versuche sind Komödien mit polit. oder moralisieren-
der Tendenz oder Geschichtsbilder. Einflußreicher
waren seine Erzählungen: "V^H)' 8i6ei6cn0^i6"
(Warsch. 1815), "Levi und Sara, ein Sittengemalde"
(ebd. 1821; deutsch Berl. 1825), Roman in Briefen,
mit Aufklärungstendenzen, im Gegensatze zum Fana-
tismus der attjüd. Masse; "Joh. von Tenczyn",
histor. Roman aus dem 16. Jahrh. (Warsch. 1825;
deutsch Verl. 1828 u. ö.). Histor. Inhalts sind: "Ge-
schichte der Regierung Konig Sigismunos III."
(3 Bde., Warsch. 1819sund "Sammlung histor. Me-
moiren vom alten Polen" (6 Bde., Warsch. und Lem-
berg 1822-33). Besonders wichtig sind N.' eigene
Denkwürdigkeiten: "I'amitztniki cx^sö^v moidi"
(1758-1829), "?amitzwiki" (1809-20) u. s. w.
Eine Sammlung seiner Werke erschien in 12 Bän-
den (Lpz. 1838); sein Leben beschrieb Fürst A. Czar-
torvski (Par. 1860).
sciemegk, Stadt im Kreis Zauch-Velzig des preuß.
Reg.-Bez. Potsdam, 23 km von Wittenberg, unweit
der Plane, hatte 1890: 2250,1895: 2246 evang. E.,
Post, Telegraph; Leinenweberei, Ziegeleien, Mühlen,
Ackerbau, Kram-, Vieh- und Flachsmärkte.
Niemen, in Rußland Njeman, Fluß in West-
rußland und Ostpreußen, wo er Memel heißt und
der bedeutendste Strom ist, kommt aus einem sumpfi-
gen Walde südlich von Minsk, flieht zuerst nach S.,
dann in nordwestl. Richtung durch den Westrussischen
Landrücken, geht in einem großen nach S. gerichteten
Bogen westlich bis Grodno, von da in Nordrichtung
bis 20 km oberhalb Kowno, von wo ab er die West-
richtung beibehält. Von Grodno bis zur preuh.
Grenze bei Schmalleningken bildet der N. die Grenze
zwischen Rußland und Polen. Unterhalb Tilsit ist
die erste Gabelung des N., indem vom Hauptstrom,
nun Ruß genannt, links die Gilge abzweigt, wodurch
die fruchtbare, von Kanälen und Dämmen durch-
schnittene und von Dörfern besetzte Tilsiter Niederung
(plattdeutsch Nehrung) bewässert wird. Die Mün-
dung des N. erfolgt in vielen Armen in das Kurische
Haff nach 907 km Lauf, bei einem Flußgebiet von
90548 ykm. Die bedeutendsten Nebenflüsse sind
links Schara (durch den Oginskijschen Kanal ss. d.^
mit dem Dnjepr verbunden) und in Polen Tscherno-
gansha (zum System des Augustowokanals ^s. d.^j
gehörig), weiterhin rechts Meretschanka, die schiff-
bare Wilia bei Kowno, die Newjesha (8 km unter-
halb Kowno) und die Dubisa (mit der Windau
durch den Windaukanal verbunden) und auf preuh.
Gebiet links die schiffbare Scheschuppe, rechts die
schiffbare Jura und an der Mündung noch die
Minge. Der N. selbst wird für kleinere Fahrzeuge
bei Bjeliza (96 km östlich von Grodno) und für
größere Fahrzeuge bei Grodno schiffbar und ist durch
den Friedrichsgraben (s. d.) mit dem Pregel ver-
bunden. Dampfschiffe gehen 685 km weit bis zur
Mündung der Schara. Auf dem N. bei Tilsit fand
im Juli 1807 eine Zusammenkunft Napoleons I.
mit Alexander I. und Friedrich Wilhelm III. statt.
Niemes, czech. Nimon, Stadt in der österr.
Vezirkshauptmannschaft Böhmisch-Leipa in Böb-
men, am Pölzen, an der Lokalbahn N.-Böhmisch-
Leipa (18 km) der Asterr. Staatsbahnen, Sitz eines
Bezirksgerichts (311,59 ykm, 23601 meist deutsche
E.), hat (1890) 5598 deutsche E., ein Standbild
Kaiser Josephs II., Allodherrschaft (6769 Ka) und
Schloß des Grafen Hartig; Fabrikation vonLeinen-
und Baumwollwaren, Tuch, gebogenen Holzmöbeln,
chem. Produkten und Holzessig.
Niemeyer, Aug. Herm., rationalistischer Theo-
log, Pädagog und geistlicher Liederdichter, ein Ur-
enkel Aug. H. Franckes, geb. 1. Sept. 1754 zu Halle,
wo er studierte und sich 1777 habilitierte, 1779
außerord., 1784 ord. Professor der Theologie und
Inspektor des Pädagogiums, 1792 Konsistorialrat,
1799 Direktor sämtlicher Franckescher Anstalten und
1804 Wirkl. Oberkonsistorialrat und Mitglied des
Berliner Oberschulkollegiums wurde. 1807 mit an-
dern angesehenen Männern von Halle als Geisel
nach Frankreich deportiert, erreichte N. nach seiner
Rückkehr vom König Isrome die Wiederherstellung
der Franckeschen Anstalten und der Universität, deren
Kanzler und Kector P6lp6tuu8 er 1808 wurde; von
beiden Würden behielt er die erste bis an seinen
Tod, 7. Juni 1828, während er die zweite nach
den Befreiungskriegen niederlegte. Von seinen
Schriften sind zu nennen: "Charakteristik der Bibel"
(5 Bde., Halle 1775^-82; neue Ausg. von H. A.
Niemeyer, ebd. 1830 -32), "Handbuch für christl.
Religionslehrer" (2 Bde., ebd. 1790-92; Bd. 1,
7. Aufl. 1829; Bd. 2, 6. Aufl. 1827), "Leitfaden der
Pädagogik und Didaktik" (ebd. 1803; 2. Aufl. 1814),
"Grundsätze der Erziehung und des Unterrichts"
(ebd. 1796; 9. Aufl., hg. von H. A. Niemeyer, 3 Bde.,
1834-39; neu bearbeitet von Rein, Langensalza
1878-79), das einst in Preußen verbotene "Lehrbuch
für die obern Religionsklassen in Gelehrtenschulen"
(Halle 1801; 18. Aufl. 1843), "Religiöse Gedichte"
(Lpz. 1778; 2. Aufl., Halle 1818). Joh. Meyer gab
"Ausgewähltepädagogische Schriften" von N. (Bd. 1,
2. Aufl., Langensalza 1894) heraus. - Vgl. Jacobs
(und Gruber), Aug. Herm. N. (Halle 1831).
Hermann Agathon N., prot. Theolog, Sohn
des vorigen, geb. 5. Jan. 1802 zu Halle, studierte
und habilitierte sich 1825 daselbst, folgte 1826 einem
Ruf als auherord. Professor nach Jena, kehrte aber
1829 als Professor und Direktor der Iranckeschen
Stiftungen nach Halle zurück, um welch letztere er sick,
namentlich durch Gründung einer Realschule und
einer höhern Mädchenschule, mannigfache Verdienste
erwarb; er starb 6. Dez. 1851. Als Theolog gehörte
N. der histor.-kritischen Schule, als Vertreter des
Wahlkreises Halle in der Berliner Nationalversamm-
lung 1848 der Rechten an. Von seinen größern
wissenschaftlichen Arbeiten seien genannt die "Ooi-
i6otio contsLLiouum in 6coi68Ü8 I'6t0i-m9.ti8 pndli-
oatarum" (Lpz. 1840) und die von ihm und Vind-
seil begonnene kritische Ausgabe der Lutherschen
Bibelübersetzung (Halle 1845-55).
Niemeyer, Felix, Arzt, Enkel von Aug. Herm.
N., geb. 31. Dez. 1820 in Magdeburg, studierte