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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Nordpunkt - Nordsee
eingehend mit der Natur und den Hilfsquellen
der Halbinsel beschäftigen.
Bessere Fortschritte hat die Kenntnis der nordasiat.
Polargebiete gemacht, wenn auch größere Erpeditio-
nen seit der Vegafahrt nicht mehr unternommen
worden sind. Durch die Ieannette-Expedition wur-
den im NO. des Neusibirischen Archipels die drei
Inseln: Ieannette-, Henrietta- und Bennett-Insel,
zusammen der De-Long-Archipel entdeckt, und der
Walsischfänger Johannesen, der ehemalige Führer
der Lena, des Tenders der Vega, entdeckte 1884
zwischen Spitzbergen und Franz-Ioseph-Land zwei
neue Inseln, die man mit dem rätselhaften Gillis-
land identifiziert hat; die Südwestspihe der Inseln
liegt unter 32" 3' östl. L. und 80" 10' nördl. Br., so
daß die mit Schnee und Eis bedeckten, 600 m hohen
Inseln mit Spitzbergen, König-Karl-Land und
Franz-Ioseph-Land einen gemeinsamen, großen
Archipel, ähnlich dem nordamerikanisch-arktischen,
zu bilden scheinen. 1886 erforschten Dr. Bunge, der
ehemalige Botaniker der russ. Polarstation an der
Lena, und Baron von Toll erfolgreich die Neusibi-
rischen Inseln, die Anjou 1821-23 zum erstenmal
besuckt hatte. Am 6. Mai 1886 erreichte die Ex-
pedition zu Schlitten die Ljachowinseln, wo sie sich
teilte: Bunge blieb zur nähern Erforschung der In-
seln auf denselben, während von Toll nordwärts
vordrang und die Inseln Kotelnyj (Kesselinsel) und
Neusibirien besuchte. 1889 fuhren Kükenthal und
Walter mit einem Walfischfänger zum Zweck bio-
logischer Forschungen nach Spitzbergen; es gelang,
die König-Karl-Inseln mehreremal zu umfahren und
die Küsten Spitzbergens zu betreten. Am bedeutend-
sten ist aber der 1893 in Ausführung gesetzte Plan
Nansens (s. d.), von den Neusibirischen Inseln aus
durch Benutzung einer über den Nordpol nach der
Ostküste Grönlands gerichteten Meeresströmung
den Nordpol zu erreichen. Wenn ihm dies auch nicht
gelang, so erreichte er doch, nachdem er sein Schiff
mit einem Gefäbrten verlassen hatte, die höchste
bisher erreichte Breite, 86" 14', und traf auf der
Rückkehr nach großen Schwierigkeiten die Iacksonsche
Erpedition (s.unten) auf Franz-Ioseph-Land. Er
traf 13. Aug. 1896 wieder in Vardö ein, kurz darauf
(21. Aug.) auch sein Schiff, der Fram, in Tromsö,
das 85° 57' nördl. Br. erreicht batte.
In der neuesten Zeit hat das Interesse für N.
wieder stark zugenommen. So hat der Russe Konst.
Nossilow dreimal auf Nowaja Semlja überwintert
(1887/88, 1888/89 und 1890/91) zur Erforschung
dieses Gebietes. Im Juli und Aug. 1892 be-
suchte das franz. Kriegsschiff Manche mit mehrern
Gelehrten Jan Mayen und Spitzbergen, um dort
hydrogr. und andere Forschungen anzustellen. Der
Schwede Björling, begleitet von Kallstenius, unter-
nahm im Sommer 1892 von Neufundland aus mit
einem kleinen Schoner von vier Mann Besatzung
eine Nordpolarexpedition. Sein Fahrzeug strandete
bei denCarey-Inseln; verschiedene Nachforschungen
brachten die Gewißheit vom Nutergang aller Teil-
nehmer. 1892drangenWalsischfangdampferbis zum
Kap Bathurst vor und wurden durch sehr reichen Fang
belohnt; vier solche Dampfer überwinterten 1892/93
vor der Mackenziemündung. Am 2. Juli 1893 be-
gann der amerik. Ingenieur Peary seine Nordpolar-
expedition im nördl. Grönland, dessen Inselnatur
er festlegte. Seine weitern Versuche nach Norden
vorzudringen (1894 und 1895) mißlangen; im Juli
1896 brach er von neuem auf, zunächst um einen
von ihm entdeckten Meteoriten, den größten bis jetzt
gefundenen, zu holen. Im Mai 1894 fuhr der amerik.
Reporter Wellman mit einem norweg. Dampfer
nach Spitzbergen; an der Küste wurde sein Schiff
vom Eise zerdrückt, die Expedition begab sich an
Land, gab Nachrichten nach Norwegen und wurde
16. Aug. nach Tromsö gebracht. Am 8. Mai 1894
verließ eine Erpedition Kopenhagen unter Leitung
von Vruun, üm bei Iulianehaab geolog. Unter-
suchungen anzustellen. Der Engländer Fred. Jackson
verließ 10. Juli 1894 England; er segelte nach Franz-
Ioseph-Land, überwinterte dort und machte im
nächsten Frühjahr zu Lande einen Vorstoß bis 81" 20'
nördl. Br. Der Versuch des Schweden Andree mit
Hilfe eines teilweise lenkbaren Luftballons den Pol
zu erreichen, konnte 1896 wegen dauernd ungünstiger
Windrichtung nicht ausgeführt werden.
Litteratur. Die Zweite Deutsche Nordpolar-
fahrt in den 1.1869 und 1870 (2 Bde. in 4 Abteil.,
Lpz. 1873-74; Volksausgabe, ebd. 1882); Payer,
Die Österr.-Ungar. Nordpolexpedition (Wien 1876);
Andree, Der Kampf um den Nordpol (5. Aufl.,
Bielef. 1889); ^ari-ativ6 ol tlie 86conä ^rctic Nx-
pkäition (Wasbingt. 1880); Nordenskiöld, Die Um-
segelung Asiens und Europas auf der Vega (2 Bde.,
Lpz. 1881-82); Embacher, Lexikon der Reisen und
Entdeckungen (ebd. 1882); Nordenskiöld, Grönland;
seine Eiswüsten im Innern und seine Ostküste lebd.
1886); Nansen, Auf Schneefchuhen durch Grönland
(Hamb. 1891); Heilprin, 1k6 arctie prodiem etc.
(Philad. 1893). Die offiziellen Daten über die inter-
nationale Polarforschung sind enthalten in: Mit-
teilungen der internationalen Polarkommission (Pe-
ters b/i 882-84); Greely, Iw'66 76ar8 ok ai-ctic;
86rvice; an accouiit ol tks I^ä)s - ^ranklin - Va^-
^xpsäition (Neuyork 1886; deutsch Jena 1887);
die d5r deutschen in Neumayer und Borgen, Die
Veobachtungsergebnisse der deutschen Stationen
(2 Bde., Verl. 1886). Ein Verzeichnis aller Schriften
über die einzelnen Expeditionen giebt: Die Litteratur
über die Polarregionen der Erde von I. Chavanne,
A. Karpf und Fr. Ritter von Le Monnier (Wien 1878).
Nordpunkt, s. Himmelsgegenden.
Nordre-Bergenhus, Amt in Norwegen, nörd-
lich von Bergen an der Küste, umfaßt 18510 hkm
mit (1891) 87 839 E., ist in zwei Vogteien, Eogne
und Söndfjord-Nordfjord, geteilt und hat nur ein
Städtchen Florö. Der südl. Teil ist vom weit ver-
zweigten Sognefjord durchschnitten. Das Innere
ist eine der wildesten und großartigsten des Nor-
dens; bier liegt der größte Gletscher Norwegens,
Iostedalsbrä ('s. d.).
Nordre-Trondhjem, Amt in Norwegen, liegt
südlich vom Amte Nordland und grenzt im O. an
die sckwed. Provinz Iemtland, im S. und SW. an
das Amt Söndre-Trondhjem, im W. an das Meer,
umfaßt 22 700 yicm und zählt (1891) 81529 E.,
die hauptsächlich von Ackerbau und Fischerei leben.
Die Länge der Eisenbahnen beträgt nur 73 km, die
der öffentlichen Wege 1840 km. Das Amt ist in
die Vogteien Stjör- und Värdalen, Inderöen und
Namdalen geteilt; Städte sind Levanger, Stenkjoer
und Namsos. ftie Altmark <s. o.).
Nordsachfen, Mark, ältere Bezeichnung für
Nor-Dschuga, Ort, s. Dschulfa.
Nordsee oder Deutsches Meer (bei den Eng-
ländern ^61-man Ocean, bei den Dänen Westsee).
Die N.wird im W. von Großbritannien nebst Orkney-
und Shetlandinseln, im S. vom Kanal oder derStraße