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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Objektiv - Oblaten
Vorstellung, die jetzt nicht mehr deren Übereinstim-
mung rnit einem an sich gegebenen Gegenstand, son-
dern den Zusammenhang unserer Erfahrungen un-
ter den Gesetzen der Erfahrung selbst bedeutet. In-
dem so erst der Erscheinung innerhalb der Erkennt-
nis (nämlich der Erfahrung) ihr O. gesetzt wird,
vertritt der Gegenstand uns eben das, was das in
der Erscheinung Erscheinende selbst ist.
In der Grammatik ist O. der Nominalbegriff,
auf den sich die durch das Verbum ausgedrückte
Zandlung erstreckt. Gewöhnlich steht das O. im
Accusativ, z. B. "ich liebe ihn". Der Accusativ wird
als der Casus des direkten oder nähern O. be-
zeichnet, der Dativ als der Casus des indirekten
oder fernern O., indem in den Dativ die Perfon
oder Sache tritt, die zu einer Thätigkeit in entfern-
terer Beziehung steht, vgl. z. V. "ich gebe es ihm".
Objektiv (tat.), gegenständlich, sachlich; in der
Psychologie und Erkenntnistheorie jede Vorstellung,
die sich auf einen äußern Gegenstand bezicht; ob-
jektivieren, das Erzeugnis unferer Sinne als ein
außer uns Vorhandenes, als Ding, auffassen;
Objektivität, fachliche Beurteilung.
Objektiv oder Objektivalas/die dem Objekt
zugewendete Linse oder Linsenkombination eines
optischen Instruments. Namentlich bei Mikroskopen,
Fernrohren und photogr. Apparaten ist die Gestal-
tung des O. behufs Erzielung deutlicher Bilder von
großer Wichtigkeit. (S. Linsenkombinationcn.)
Objektivdiopter, s. Diopter.
Objektives Strafverfahren. Die Strafgesetze
kennen als Nebenstrafe die Einziehung, Vernichtung
oder Unbrauchbarmachung von Gegenständen, die
durch ein Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht
<z. B. falsche Münzen, Nachdruck), oder zur Begehung
eines solchen gebraucht oder bestimmt sind (z. B.
beim Jagdfrevel die Gewehre), insbesondere auch
von Druckschriften strafbaren Inhalts und den zu
deren Herstellung bestimmten Platten und Formen.
Während diese Nebenstrafe der Regel nach in dein
gegen einen Angeklagten ergehenden Urteil aus-
gesprochen wird, kommen doch Fälle vor, in denen
die Verurteilung einer bestimmten Person nicht aus-
führbar ist und dennoch die vorgedachten Maßnah-
men geboten erscheinen. Das zur Erwirkung der-
selben auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des
Privatklägers eintretende gerichtliche Verfahren
nennt man O. S. Zur mündlichen Verhandlung in
demselben werden die Personen, welche einen recht-
lichen Anspruch auf die betreffenden Gegenstände
haben, geladen; sie können erscheinen oder sich ver-
treten lassen, auch Rechtsmittel gegen das Urteil
einlegen. Vgl. §§. 40-42 des Reichsstrafgesetz-
buchs; §§.477-479 der Neichsstrafprozeßordnung;
auch §. 493 der Österr. Strafprozeßordnung.
Objektivmikrometer, soviel wie Heliometer.
Objektsteuer, jede Steuer, welche von den Pflich-
tigen nicht nach ihren persönlichen wirtschaftlichen
oder sonstigen Verhältnissen erhoben wird, sondern
sich an die Benutzung oder den Ertrag eines Sach-
guts knüpft. Es gehören also hierher die Ver-
brauchs-, die Nutzungs- und die Ertragssteuern.
Ob-Ienifseifches Kanalsystem, System von
natürlichen und künstlichen Wasserstraßen in den
russ. - sibir. Gouvernements Tomsk und Ienisseisk,
das den Ob mit dem Ienissei verbindet. Es setzt
sich zusammen aus dem Ket (s. d.; 586), dessen
Nebenfluh Lomowataja (58), dessen Zufluß Iasewaja
(31), dem See Bolschoje (7), dem Kanal (9), der
diesen See mit dem Kleinen Kaß verbindet, dem letz-
tern selbst (48), dem Großen Kaß (160), der links
in den Ienissei mündet; zusammen also 899 km.
Obkönisch, in der Form eines umgekehrten, auf
der Spitze stehenden Kegels.
Obladis, Bad bei Ladis (s. d.) in Tirol.
Oblastj (russ.), Gebiet.
Oblaten (lat.), dünne, aus ungesäuertem Weizen-
mehl gebackene Scheiben, die bei geringer Anfeuch-
tung weich und deshalb statt des Siegellacks zur
Besiegelung der Briefe (Siegeloblaten) oder als
Unterlage für feine Backwaren oder zum Einhüllen
unangenehm schmeckender Medikamente (Tasel-
oblaten) gebraucht werden. - In der rom.-kath. und
prot. Kirche heißt das konsekrierte Brot im Abend-
mahl Oblate, d. h. das Dargebrachte, weil es in
der frühesten Kirche Sitte war, daß Brot und Wein
zur Feier des Abendmahls von den Teilnehmern
mitgebracht wurden. Der Nest wurde den Armen
überwiesen. Diese Gaben hießen Oblationen,
dann auch Hostien (s. d.), und der Diakonus, der
dem Bischof bei dem Meßamt Brot und Wein zu-
trägt, Odlatiouai'ws. Später fielen die Oblationen
den Mönchen zu und bildeten einen Teil der geist-
lichen Einkünfte. Die O. beim Abendmahl bestan-
den ursprünglich aus gewohnlichem und gesäuertem
Teig; erst seit dem 8. und 9. Jahrh, wurde im Abend-
lande der Gebrauch des ungesäuerten Brotes üblich,
während die grieck. Kirche bei der ältern Sitte ver-
blieb. Dagegen batten die O. schon in der alten
Kirche seit dem 4. Jahrh, eine runde, kuchenförmige
Gestalt (McentH), auch wurden sie bald mit Sym-
bolen und Aufschriften versehen, namentlich mit dem
Bilde Christi und einem Crucifix, oder mit dem Bilde
eines Lammes; als Aufschrift gebrauchte man gern
die Buchstaben I. X. N. I. (s. d.).
Oblaten (lat. Odiati und Odlawe, auch vouati
und volmtHs), im Mittelalter nicht bloß Bezeich-
nung der Laienbrüder und Laienschwestern in den
Klostern, sondern auch derjenigen, die schon in der
Kindheit von den Eltern für das Kloster bestimmt
wurden, und derjenigen, die ihr Vermögen einem
Kloster schenkten, um der Gebete und Verdienste des
Ordens teilhaftig zu werden. In neuerer Zeit heißen
O. die Mitglieder einiger ordensähnlicher Vereine.
O. der heiligen Franziska Romana sind vor-
nehme Damen, die nach einer von dieser Zeiligen
1433 entworfenen Regel, die sich an die der Olive-
taner (s. d.) anschließt, ohne Gelübde in dem 'lor
ä6' 8p6ccdi ("Epiegelturm") zu Rom leben, daher
auch O. diTorde'Specchi genannt. Franziska
selbst trat erst 1436 nach dem Tode ihres Mannes,
Lorenzo de' Pontiani, ein und starb 1440. Die O.
vomheiligenAmbrosius sind ein von dem heil.
Carlo Vorromeo 1578 zu Mailand gestifteter Verein
von Weltpriestern; O. der heiligen Jungfrau
(Ni88iouÄi'ii odiati üerieäietHS VirFinig Äari^6
sine 1al)6 coneepwß), auch Marienpriester oder
Maristen, die Mitglieder einer vom Bischof Ma-
zenod von Marseille 1815 gestifteten, 1828 von
Leo XII. bestätigten Genoffenschaft von Priestern,
die sich der innern und äußern Mission widmen. Sie
wurden 1880 aus Frankreich ausgewiesen. Eine an-
dere Kongregation von O. der heiligen Jung-
frau, 1816 von Pius Bruno Lanteri zu Pignerol
gestiftet, 1826 von Leo XII. bestätigt, wirkt in aus-
wärtigen Missionen. 1895 erhielten die O. die Er-
laubnis , in Fulda eine Niederlassung zur Ausbil-
dung von Missionsprcdigern zu begründen.