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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Palästina

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Palästina'

Meere durch den Wadi el-Fikra zum alten Kades (s. d.) und durch den Wadi el-Arisch zum Mittelmeere oder bis zum Fuß des Gebirges der eigentlichen Sinaihalbinsel, so daß die Wüste et-Tih eingeschlossen würde. Letzteres gilt wohl bei den Arabern, insofern sie esch-Scham, das Nordland (=Syrien), von dem Südrande der Tihwüste beginnen lassen. Im Alten Testament wird aber wiederholt die zuerst angegebene Linie als Südgrenze beschrieben (4 Mos. 34; Jos. 15; Hesek. 47,19). Die Meeresküste verläuft fast geradlinig und hat nur zwischen Haifa und Akka eine größere Bucht; sie ist vorwiegend Flachküste, nur selten (Askalon, Jaffa, Karmel, Akka) hebt sie sich zur Steilküste, was nördlich von Akka gar nicht selten der Fall ist. Hinter Sanddünen und Klippen breitet sich ein oft sumpfiges Schwemmland aus, worin die Gebirgswasser hervortreten, da sie nicht frei ins Meer abfließen können. Die Größe wird auf 25000 qkm, die Bevölkerung auf 1 Mill. geschätzt.

Bodengestaltung und Bewässerung. Der Bau des Landes wird hauptsächlich durch die große Senkung (arab. el-Ghor) bestimmt, die am Roten Meer (Busen von Akabah) beginnt und am Südfuß des Hermon endigt. Der südl. Teil bis zum Toten Meer heißt el-Arabah (s. d.), der nördl. Teil wird vom Jordan (s. d.) durchflossen und hat drei eingetiefte Seebecken, den Bahr el-Hule (s. d.), den See von Tiberias oder Genezareth (s. d.) und das Tote Meer (s. d.). Dadurch wird das Land in zwei Hälften geteilt, West- und Ostjordanland. Das letztere steigt, von fern gesehen, wie eine steile Mauer aus dem Jordanthal empor; in Wahrheit aber gelangt man über Terrassen auf das Hochland, das nach O. in die syr.-arab. Wüste übergeht. Dieses zerfällt jetzt in die Landschaften el-Kerak, el-Belka, Adschlun (s. d.) und Dscholan (s. d.), denen im Alten Testament Moab, Ammon, Gilead, Gesur und Beth Maecha entsprechen, während im Neuen Testament und sonst das Ganze Peräa (s. d.), d. i. das jenseitige Gebiet, heißt. Die Gipfel des Kalkgebirges, Jerusalem gegenüber, erheben sich bis zu einer durchschnittlichen Höhe von 900 m, der Dschebel Oscha südlich vom Nahr ez-Zerka oder Jabbok (s. d.) bis zu 1096 m, der Dschebel Hakart nördlich von diesem Fluß bis zu 1085 m. Oberhalb des tiefen Bettes des Jarmuk finden sich nur Höhen von 400 bis 500 m. Im nördlichen Teil des vulkanischen Dscholan erreichen einige ausgebrannte Krater im Süden des Hermon wieder eine Höhe von fast 1300 m, während die Durchschnittshöhe des Hochlandes 1000 m beträgt. Das Westjordanland hat infolge des gewaltigen Erdsturzes der Jordanspalte einen ähnlich steilen Anstieg, hauptsächlich aber die Eigentümlichkeit, daß der Kamm und die Wasserscheide des schmalen Gebirges von N. nach S. zieht, parallel der Küste und dem Jordanthal. Dieses Gebirge steigt im S. allmählich aus der Hochebene der Wüste et-Tih an, erreicht nördlich von Hebron (s. d.) eine Höhe von 1027 m, im Ölberg (s. d.) bei Jerusalem 818 m, im Tell Asur zwischen Jerusalem und Nabulus 1011 m, im Dschebel es-Suleimije oder Ebal (s. d.) bei Nabulus 938 m, senkt sich nach N. zur Ebene von Jesreel (s. d.) und endet nordöstlich im Dschebel Fukua, dem Gebirge Gilboa (s. d.), nordwestlich im Karmel, der bis zu 552 m ansteigt und unweit des Karmelklosters steil zum Meere abfällt. Im N. der genannten Ebene, die östlich vom Nebi-Dahi und Dschebel et-Tor (Tabor) begrenzt wird, steigt das Bergland von ↔ Galiläa (s. d.) bei Nazareth steil empor, hebt sich im Dschebel Dschermak zu 1199 m, sinkt aber dann zu der Hochebene Merdsch Ajun (646–700 m) hinab, die wie eine breite Schwelle dem Tieflande el-Bekaa zwischen Libanon und Antilibanon vorgelagert ist. Nach W. fällt das Bergland staffelartig zu einer hügeligen Ebene ab, deren nördl. Teil im Altertum Saron (s. d.) genannt wurde, während der südliche das Gebiet der Philister war. Von der Wasserscheide aus zerteilen eine große Anzahl von Flußthälern das Gebirge in westl. und östl. Richtung. Das Gebirge ist wasserarm. Perennierende Flüsse finden sich, von einigen Ausnahmen in Galiläa abgesehen, nur am Fuße des Berglandes; die Quellen sind dagegen ziemlich zahlreich, besonders in Galiläa, vermögen jedoch den Wasserbedarf der Bewohner und des Landes nicht zu decken. Von jeher hat man daher durch Cisternen, Teiche und Wasserleitungen (z. B. von Hebron und Betlehem, den sog. Salomonischen Teichen, nach Jerusalem, bei Jericho u.s.w.) auszuhelfen gesucht. Da der Kamm näher dem Jordan als dem Mittelmeer verläuft, so sind die nach O. gerichteten Thäler (Wadi) tief eingerissen und meist unwirtlich, während die nach W. verlaufenden weniger schroff sind und in ihren Anfängen sich nicht selten zu fruchtbaren Hochthälern erweitern. Die einzige natürliche Verkehrsstraße des Berglandes bot daher der Rücken der Wasserscheide. Die Ebene Jesreel, die das Bergland in zwei Teile scheidet, bietet dem Durchgang von O. nach W. einen freien Weg. Hier berühren sich die wichtigsten Straßen des Landes; hier ist daher seit den ältesten Zeiten um den Besitz P.s gekämpft worden. Besondere Wichtigkeit hat die von Damaskus herkommende, am Südostfuß des Karmel das niedrige Hügelland überschreitende und nach Ägypten führende Straße. Nördlich und südlich von der Ebene, in Nordsamaria und Südgaliläa, zeigt der Gebirgskörper eine Auflockerung in einzelne Gruppen mit eingeschalteten, zum Teil abflußlosen Ebenen. Die Grenze zwischen der mildern und schroffern Gestaltung des Berglandes läuft nördlich von dem Tell Asur zwischen Jerusalem und Nabulus.

Geologisches. Das Gestein ist, außer einigen Streifen eocänen Nummulitenkalkes, ein lichtgrauer, marmorartiger, kieseliger oder dolomitischer Kreidekalk (Turon und Senon). Das Ostjordanland hat in Moab (s. d.), namentlich aber im Hauran und Dscholan große vulkanische Gebiete; im Westjordanlande findet sich Basalt an der Ebene Jesreel und in der Nähe des Sees Genezareth.

Klima, Pflanzen- und Tierwelt. Die Regenzeit, September bis Mai, ist für P. von besonderer Wichtigkeit und bedingt die Erträge des Bodens. Die Niederschlagshöhe beträgt im Jahresdurchschnitt in Jerusalem 57 cm, in Nazareth 61 cm. Die mittlere Jahrestemperatur von Jerusalem (790 m) ist 17,2 °C., am Toten Meer (-392 m) etwa 24,1° C., an der Meeresküste 20,5° C. – Die in der Bibel gepriesene Fruchtbarkeit des Landes versteht sich einerseits gegenüber der angrenzenden Wüste, andererseits von der Ertragsfähigkeit des Bodens bei sorgfältigem Anbau. Dieser beginnt sich nach langer Verödung erst jetzt wieder etwas zu heben. Wenn die Bergabhänge gehörig terrassiert werden, gedeihen dort vorzüglicher Wein. Öl-, Feigen-, Aprikosen-, Granatbäume u. a. Obstsorten wachsen in Nabulus und Hebron, namentlich aber an der Küste (Gärten von Jaffa) ausgezeichnet.

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 817.