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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Pétion de Villeneuve - Petit Journal

mit der Befugnis, seinen Nachfolger zu ernennen. P. gab der Republik 1816 eine freisinnige Verfassung. Er starb 29. März 1818. - Vgl. St. Remy, P. et Haiti (Par. 1858).

Pétion de Villeneuve (spr. petióng de wilnöhw), Jerôme, franz. Revolutionsmann, geb. 1753 zu Chartres, war Advokat daselbst, als die Generalstände berufen wurden, und kam als Deputierter des dritten Standes nach Versailles, wo er sich bald durch seine Opposition gegen Mirabeau und durch die rücksichtslosen Angriffe auf die Königin bemerkbar machte. Im Dez. 1790 wurde er zum Präsidenten der Nationalversammlung gewählt und Juni 1791 zum Präsidenten des Pariser Kriminaltribunals ernannt und mit der Rückführung der auf der Flucht ergriffenen königl. Familie beauftragt, wobei er sich durch seine Brutalität hervorthat. Am 14. Nov. 1791 ward er Maire von Paris; sein Gegenkandidat war der vom Hof unterstützte Lafayette. Immer mit den Radikalen gehend, ließ er dem Proletariat von Paris die Wege frei, auf denen es durch die Revolution vom 20. Juni und 10. Aug. 1792 das Königtum stürzte. In dem Konvent, dessen erster Präsident er 21. Sept. 1792 wurde, hielt er sich zur Gironde, stimmte im Königsprozeß für den Appell ans Volk und den Tod mit Aufschub, ward nach Dumouriez' Verrat von Robespierre als dessen Mitverschworener heftig angegriffen, 31. Mai 1793 proskribiert und 2. Juni gefangen. Es gelang ihm, in den Süden zu entkommen, wo er bis Juni 1794 blieb. Dann aber aufgespürt, irrte er mit einem Genossen umher; in der Gegend von Bordeaux, bei St. Emilion, fand man bald darauf seine von Wölfen halb gefressene Leiche. Die "OEuvres de P." erschienen 1793 zu Paris in 4 Bänden. - Vgl. Dauban, Mémoires inédits. (Par. 1866).

Pétiotisieren, ein von dem franz. Weingutsbesitzer Pétiot empfohlenes Verfahren zur Rotweinbereitung. Es besteht darin, daß die nach dem Abzüge des Mostes zurückbleibenden Trester mit einer Zuckerlösung übergossen und von neuem zur Gärung gebracht werden. Durch den sich bildenden Alkohol wird der in den Schalen verbliebene Farbstoff sowie andere Körper (Bouquet und Gerbstoff) gelöst, und es entsteht ein kleiner Nachwein, dessen Geschmack durch Zusatz einer geringen Menge von Weinsäure zu verbessern ist. Billige Bordeauxweine werden durch vier- bis fünfmalige Aufgüsse auf Trester hergestellt.

Petit (frz., spr. p'tih, "klein"), eine Buchdrucktype von 8 typogr. Punkten. Sie wird für Zeitungs- und Werkdruck sehr viel verwendet und zu den eigentlichen Brotschriften (s. d.) gezählt. (S. Schriftarten.)

Petit-Champagne (spr. p'tih schangpánnj), Wein, s. Bergerac.

Petite Louison (spr.p'tit luisóng), s. Guillotine.

Petite-Pierre (spr. p'tit pĭähr), La, franz. Name von Lützelstein (s. d.).

Petitgrainöl (spr. p'tigräng-), eine geringe Sorte von Orangenschalenöl.

Petition (lat.), Bitte, insbesondere Bittgesuch an Behörden, parlamentarische Körperschaften oder den Landesherrn. In den Zeiten, als die Regenten durch ihre eigene Unnahbarkeit und durch die Politik ihrer Ratgeber nicht selten sogar den Bitten und Klagen ihrer Unterthanen entzogen wurden, erschien es schon als ein wichtiger Fortschritt, wenn das Recht jedes Einzelnen, dem Monarchen bittend zu nahen, in gewissen Formen festgestellt wurde. Daher findet sich denn auch dieses Petitionsrecht schon unter den frühesten Bewilligungen, welche z. V. engl. Könige auf Andrängen des Parlaments ihrem Volke machten. Noch wichtiger wurde das gleiche Recht, sofern es von gesetzlich konstituierten Körperschaften (Parlamenten, Ständetagen u. dgl.) ausgeübt wurde, zumal wenn, wie dies in England und auch mehrfach in Deutschland vorkam, solche P. oder Bitten mit Geldbewilligungen in Verbindung gesetzt und letztere von der Erfüllung der erstern abhängig gemacht wurden. In den modernen Verfassungen ist fast immer das Petitionsrecht ausdrücklich garantiert, oft mit dem Zusätze, daß die Regierung auf P. des Landtags wenigstens einen motivierten Bescheid geben müsse. Außerdem ist in der Regel auch den Unterthanen das Recht der P. an die Landesvertretung zugesprochen, hauptsächlich zu.dem Zwecke, um letztere von dem Stande des öffentlichen Lebens zu unterrichten. Von diesem Rechte wird der großartigste Gebrauch in England gemacht, wo in manchen Fällen P. mit Hunderttausenden, ja mehr als einer Million von Unterschriften dem Parlament überreicht worden sind. Der Brauch erheischt dort, daß jede solche P. durch ein Mitglied des Parlaments eingeführt werde. Solche von vielen unterzeichnete P. nennt man Kollektivpetitionen; sie werden den Beamten bezüglich ihrer dienstlichen Verhältnisse bisweilen verboten.

Petitioners (spr. petisch'n-), engl. Partei, s. Abhorrers.

Petition of right (engl., spr. pĕtisch'n ŏf reit, d.i. Bittschrift um Herstellung des Rechts), die Beschwerdeschrift, welche das engl. Parlament im I. 1628 dem König Karl I. überreichte. Dieselbe bezog sich auf Rechtsverletzungen durch den König und forderte eigentlich nur das, was in der Magna Charta (s. d.) und andern Statuten schon verbürgt war. Das Parlament verlangte, daß niemand mehr gezwungen werden sollte, dem König Abgaben, Darlehne oder Geschenke ohne Bewilligung des Parlaments zu geben; daß niemand willkürlich, ohne Angabe der Ursache und mit Übertretung der gesetzlichen Formen verhaftet und gerichtet werden sollte; daß niemand fortan durch Einquartierung von Soldaten oder Matrosen willkürlich erequiert und belästigt werden, daß die kriegsrechtlichen Kommissionen aufgehoben und niemals wieder in Anwendung gebracht werden sollten. Das Oberhaus suchte die Bittschrift anfangs zu hintertreiben, trat aber später bei. Der König weigerte sich lange, die Forderungen zu erfüllen, erschien jedoch, als er sah, daß sich der Unwille des Parlaments drohend gegen seinen Günstling, den Herzog von Buckingham, richtete, 7. Juni 1628 persönlich im Oberhause und gewährte sämtliche Punkte. Wiewohl der König das Versprechen wieder umging, galten doch diese klaren Bestimmungen wie eine neue Magna Charta der Nationalfreiheit und wurden später durch die Habeas-Corpus-Akte (s.d.) und die Declaration of rights (s. d.) bekräftigt und vervollständigt.

Petitionsrecht, s. Petition.

Petitĭo principĭi (lat., "Erschleichung des Grundes"), ein logischer Fehler im Beweise (s. d.), der darin besteht, daß man eine Behauptung beweisen will mit einem Satze, der selber erst aus der Richtigkeit dieser Behauptung erschlossen werden kann.

Petit Journal (spr. p'tih schurnáll), Le ("Die Kleine Zeitung"), Pariser Tageszeitung, im Besitz