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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Prokne - Prokopius
neue Ausg. 1864; und Creuzer, 4 Bde., Franks.
1821-25). Außerdem wird ihm eine Chrestomathie
(s. d.) zugeschrieben. Seine Lehre gründet sich auf die
der ganzen neuplatonischen Schule gemeinschaftliche
Behauptung, dasAbsolute, die allem Mannigfaltigen
zu Grunde liegende, schlechthin transcendente, un-
sagbare, überbegriffliche Urciuheit lasse sich, obwohl
nicht eigentlich erkennen, doch durch ekstatische Er-
hebung (s. Plotin) erreichen. Er sucht die Notwen-
digkeit der Voraussetzung dieser Ureinheit dialek-
tisch zu begründen und die Art, wie sich das Eine
in der Mannigfaltigkeit einer veränderlichen Er-
scheinungswelt darstelle, begriffsmäßig zu bestim-
men. Der Typus dieser Entwicklung ist ihm eine
triadische Fortschreitung; das Eine bleibt bei sich,
geht aber ebenso aus sich heraus und kehrt, da es
in diesem Herausgehen doch bei sich ist, in sich zu-
rück. Aus dem Urwesen geht zunächst eine Vielheit
von Einheiten (Henaden) hervor, die dabei doch auch
wieder unter sich Eins sind. Sie sind die Gotter im
höchsten Verstande und stehen nach einer Rangord-
nung dem Urwesen teils näher, teils ferner. Aus
ihnen geht hervor die Trias des Intelligibeln, In-
telligibel-Intellektuellcn und Intellektuellen (Sein,
Leben und Denken), und so gliedert sich alles nach
Triaden weiter. Aus dem Intellektuellen stießt das
Seelische, wieder sich gliedernd in gottliche, dämo-
nische und menschliche Seelen; die unterste Stufe
bildet die Materie. Auch bei P. verträgt sich die
übersinnlichste Spekulation mit dem gewöbnlichsten
Aberglauben seines Zeitalters. - Vgl. Steinhart,
Artikel Proklus in Paulys "Realencyklopadie"
(2. Aufl., Stutta. 1862-66). ^Planetoid.
Prokne, s. Philomela. - P. heißt auch der 194.
Prokonsuln und Proprätoren, bei den Nö-
mern namentlich Bezeichnung der Statthalter der
Provinzen. Schon ehe Rom Provinzen besaß, war
in einzelnen Füllen einem Konsul oder Prätor sein
Imperium durch Senatsbeschluh verlängert (zuerst
327 v. Chr. dem Q. Publilius Pbilo)/oder selbst
einem Nichtbeamten die konsularische Gewalt durch
Senats- und Volksbeschluh übertragen worden
(zuerst 211 v. Chr. an P. Cornelius Scipio). Solche
Beamte sührten ihrAnU pro conZuie, pro praetore,
"an Stelle des Konsuls, Prätors". Daraus bildete
sich dann ein regelmäßiges prokonsularisches und
proprätorisches Imperium. Als in der spätern Zeit
der Nepublik die anfangs wegen der Provinzial-
verwaltung in größerer Anzahl erwählten Pvätoren
(s. d.) ihr Amtsjahr gleich den Konsuln (s. d.) in
Rom zubrachten, wurde es üblich, daß sie nach Be-
kleidung ihrer Magistratur als Proprätoren in die
Provinzen gingen. Dies wurde dann durch Sulla
Gesetz, so daß nunmehr regelmäßig Prätoren und
Konsuln als solche ein Jahr in Rom, das darauf-
folgende als Proprätoren und Prokonsuln in den
Provinzen amtierten; seit 53 und 52 v. Chr. aber
und, nachdem Cäsar diese Bestimmung aufgehoben
hatte, hernach wieder in der Kaiserzeit, mußte eine
Zwischenzeit von einigen Jahren zwischen Konsulat
und Prätur und Prokonsulat und Proprätur eiu-
treten. In der Kaiserzeit führten alle Statthalter
der senatorischen Provinzen den Titel ?r0con8ul68,
die der kaiserlichen den Titel I^F^ti ^uAU8ti pvo
pi-<T6t0i-6, mochten sie von gewesenen Konsuln oder
Prätoren verwaltet werden. (S. Provinz.)
Proköp, Andreas, der Große oder der Kahle
(Holy), Hussitenführer der extremsten Richtung, war
der Schwestersohn eines Prager Edelmanns, der
ihn adoptierte und studieren ließ. Mit diesem machte
er Reisen nach Frankreich, Spanien und Italien,
auch nach Jerusalem. Nach der Rückkehr zum Priester
geweiht, eilte er beim Ausbruch des Hussitenkampfes
zu Ziska und wurde Hauptmann. Nach Zistas
(1424) und des Bohuslaw von Schwamberg (1425)
Tode wurde P. von einem Hauptteil der Hussiten
(s. d.), den Taboriten, zum Führer erwählt und ver-
wüstete nun zunächst Osterreich, vernichtete in der
Schlacht bei Aussig, 16. Juni 1426, ein meißnisch-
sächs.-thüring. Heer und erstürmte und verbrannte
die Stadt. Hierauf trieb er die Österreicher aus
Mähren und verwüstete im Frühling 1427 Oster-
reich bis an die Donau. Inzwischen hatte ein an-
derer Haufe Taboriten, die sich Waisen nannten,
unter dem Priester Prokupek oder P. dem Klei-
nen die Lausitz verheert und Lauban verbrannt.
Mit ihm vereinigt, drang nun P. plündernd in
Schlesien vor. Als die Deutschen in Böbmen ein-
fielen, wurde das von ihnen belagerte Mies ohne
Kampf 2. Aug. 1427 entsetzt und das deutsche Heer auf
dem Rückzüge geschlagen; hierauf nahm P. Tachau
mit Sturm. Dann zog er (1428) verwüstend durch
Schlesien, Mähren und Ungarn bis vor Preßburg.
1429 und 1430 verwüstete P. die Lausitz, Meißen,
Sachsen, Franken, Mähren und Schlesien. Ein
Kreuzheer von Reichstruppen drang unter dem Kur-
fürsten Friedrich I. von Brandenburg 1431 in Böh-
men ein und belagerte Taus, ergriff jedoch, als P.
heranzog, die Flucht (14. Aug. 1431). Hierauf
vertrieb des P. Unteranführer, P. der Kleine, den
Herzog Albrecht von Ofterreich aus Mähren, P.
selbst aber die Sachsen aus Böhmen, worauf er in
Schlesien eindrang. Vereinigt plünderten und ver-
heerten beide P. Ungarn bis jenseit der Waag;
zurückgeschlagen zogen sie 1432 durch die Lausitz
und die Mark Brandenburg bis Frankfurt a. O..
mußten aber endlich weichen, beunruhigten jedoch
bald darauf Schlesien und Sachsen durch neue
^treifzüge. Den Prager Kompaktaten wollten sich
die beiden P. mit den Taboriten und Waisen nicht
fügen; daher entstand nun zwischen diesen und den
Calirtinern ein mörderischer Kampf. Nach mebrern
Gefechten kam es unweit Böhmisch-Vrod, bei Lipan
30. Mai 1434 zu einer entscheidenden Schlacht, in
der die Taboriten vollständig besiegt wurden und
beide P. fielen.
Prokopius, aus Cäsarea in Palästina, byzant.
Geschichtschreiber,begleitetedenVelisarseit527n.Chr.
auf dessen Feldzügen als Geheimschreiber und wurde
vom Kaiser Iustinian I. zu hoben Staatsämtern er-
hoben. Erhalten sind von ihm mehrere wertvolle
histor. Werke, diemitUnparteilichkeit und Wahrheits-
liebe verfaßt sind, nämlich die Geschichte seiner Zeil
in acht Büchern (eine Beschreibung der Kriege Iusti-
nians mit Persern, Vaudalen uüd Goten, um 555
n. Chr. vollendet); ferner "^tiäniHtH" (O6 aeäiKoüg).
eine Schrift über die vielen unter Iustinian neu er-
richteten und wiederhergestellten Bauten. In den
erst nach P.' Tode herausgegebenen "/Vn^cäota"
oder "^rcana kiLtoria" macht er seinem Groll über
die Despotie des Kaisers und der Theodora in herb-
ster Weise Luft. Die letzte Gesamtausgabe besorgte
Dindorf (3 Bde., Bonn 1833-38), eme besondere
der "^nLcäota" Orelli (Lpz. 1827) und eine gute
deutsche Übersetzung der "Geschichte seiner Zeit"
Kanngießer (4 Bde., Greifsw. 1827-31), des Van-
dalenkriegs D. Coste (in den "Geschichtschreibern der
deutschen Vorzeit", 73. Lfg., Lpz. 1885). - Vgl.